Fitch straft Großbanken ab Deutsche Bank am Pranger
14.10.2011, 17:03 Uhr
Damit kann Josef Ackermann nicht zufrieden sein: Fitch droht mit Bonitätsabstufung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Banken stehen vor einer neuen Krise. Damit diesmal nicht gesagt werden kann, die Ratingagenturen hätten darauf nicht früh genug hingewiesen, macht Fitch jetzt ernst. Sie droht den Größen der Branche mit einer Bonitätsherabstufung. Auch die Deutsche Bank muss zittern.
Die meisten weltumspannenden Banken sind nach Auffassung der Ratingagentur Fitch nicht genügend krisenresistent. Die Nummer drei unter den Bonitätswächtern droht daher sieben der größten Investmentbanken - darunter auch die Deutsche Bank - mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Die Agentur moniert, dass die Institute wegen ihrer großen Abhängigkeit vom Kapitalmarktgeschäft zu sehr in Mitleidenschaft gezogen würden von den Schwankungen an den Märkten, wie sie etwa durch die europäische Schuldenkrise ausgelöst würden.
"Zudem ist es wegen der Komplexität ihrer Geschäftsmodelle und der Anfälligkeit für Klumpenrisiken schwer zu durchschauen, wie hoch ihre Verluste wären, die sich bei unerwarteten Ereignissen schnell anhäufen könnten", rügte Fitch.
Noch "AA-" für Deutsche Bank
Am Frankfurter Aktienmarkt nahmen Anleger die drohende Herabstufung zum Anlass, sich von Deutsche-Bank-Aktien zu trennen. Mit einem Abschlag von rund 2 Prozent zählte sie zu den größten Verlierern im Leitindex Dax. Was der Deutschen Bank droht, ist für die UBS bereits Realität. Die größte Schweizer Bank wurde auf "A" von "A+" herabgestuft - aber aus einem anderen Grund. Sie könnte anders als während der Finanzkrise nicht mehr damit rechnen, eher vom Staat gerettet zu werden als ihr Erzrivale Credit Suisse , argumentierte Fitch. UBS-Aktien verloren bis zu drei Prozent.
Die Deutsche Bank steht mit "AA-" noch zwei Stufen höher als UBS. Sie muss eine Herabstufung ihrer Bonität um einen Schritt auf "A+" fürchten, die Entscheidung sei in Kürze zu erwarten. Dadurch könnte sich die Refinanzierung für Deutschlands größtes Geldhaus verteuern. Den Fitch-Experten ist ein Dorn im Auge, dass sie den Löwenanteil der Gewinne immer noch im Investmentbanking erwirtschaftet. Künftig müsse mehr aus dem Filialgeschäft kommen. Vorstandschef Josef Ackermann hat das Ziel ausgegeben, in den weniger schwankenden Sparten die Hälfte des Konzerngewinns zu verdienen. Das Ziel könnte er schneller erreichen, seit im Investmentbanking viele Blütenträume in der Krise geplatzt sind - womöglich aber auf niedrigerem Niveau.
Dreistellige Milliardensumme
Zugutehalten die Fitch-Experten der Deutschen Bank immerhin, dass sie mit der Übernahme der Postbank und ihrer mehr als zehn Millionen Kunden weniger als andere abhängig ist von der Finanzierung über den Kapitalmarkt. Doch die Kapitalausstattung der Deutschen Bank lässt die Agentur die Stirn runzeln: Sie sei im Branchenvergleich relativ niedrig. Der Branchenprimus wolle die Quote vor allem durch den Abbau der Risiken in der Bilanz um 90 Mrd. Euro bis Ende nächsten Jahres verbessern. Ackermann wehrt sich massiv gegen eine Zwangskapitalisierung der Bank durch den Staat, wie sie die EU vorantreibt.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, man werde die notwendigen Maßnahmen ergreifen, wo Bedarf zur Rekapitalisierung bestehe. Das Finanzministerium will zunächst abwarten, zu welchen Ergebnissen die europäische Bankenaufsicht EBA kommt. Sie will Kreisen zufolge, dass die wichtigsten Banken des Kontinents auf eine Kernkapitalquote von neun Prozent kommen.
Die Analysten von Goldman Sachs haben ausgerechnet, dass mindestens 50 von 91 europäischen Großbanken den "Blitz-Stresstest" der EBA nicht bestehen dürften und - je nach der Höhe der Kapitalanforderung - 139 bis 298 Mrd. Euro mehr Kapital bräuchten.
Fitch verschont zwei US-Riesen
Fitch überprüft auch die Ratings der französischen Banken BNP Paribas und Societe Generale sowie der britischen Barclays sowie von Credit Suisse. Aus den USA sind die Investment-Riesen Goldman Sachs und Morgan Stanley dabei. "Sie sind besonders betroffen, weil sie weniger breit aufgestellt sind als ihre Rivalen unter den großen Universalbanken", sagte Fitch-Geschäftsführer Joo-Yung Lee. Citigroup , Wells Fargo oder JPMorgan Chase profitieren dagegen von ihrer breiten Kundenbasis - ihre Ratings lässt Fitch auch unangetastet.
Unabhängig von den großen Investmentbanken stufte Fitch die langfristigen Ratings der Landesbank Berlin (LBB) und ihrer Tochter BerlinHyp auf "A+" von "AA-" herab. Grund dafür ist, dass die LBB nicht mehr dem Land Berlin, sondern den Sparkassen gehört.
Die konkurrierende Ratingagentur Moody's hat unterdessen die NordLB im Visier. Sie senkte die Bewertung der eigenständigen Finanzkraft der Landesbank aus Hannover auf "D+" von "C-", weil sie von der zyklischen Schiffsfinanzierung und dem Gewerbeimmobilienmarkt in Mitleidenschaft gezogen wird. Der Landesbank droht aber ohnehin ein Downgrade ihrer Langfrist-Ratings, weil Moody's nicht mehr an einen so starken Rückhalt für die Landesbanken durch den Staat glaubt wie früher.
Quelle: ntv.de, rts