Euro mit Gold retten? Deutschland legt Veto ein
06.11.2011, 10:59 Uhr
Ein gezielter Griff in die Schatztruhen der Eurostaaten?
(Foto: REUTERS)
Die Ideen, wie der europäische Rettungsschirm für notleidende Eurostaaten noch weiter aufspannt werden könnte, werden immer abenteuerlicher. Selbst vor der Unabhängigkeit der Notenbanken machen die Euro-Retter offenbar nicht mehr Halt. Am liebsten würden sie die Gold- und Devisenreserven der Eurostaaten anzapfen. Die Bundesbank und die Bundesregierung lehnen den Vorstoß zunächst einmal rundheraus ab.
Der Druck auf Deutschland, bei der Euro-Rettung noch stärker ins Risiko zu gehen, ist auf dem in Cannes offenbar noch einmal deutlich gestiegen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge gab es beim G20-Gipfel in Cannes Versuche, den Euro-Rettungsfonds EFSF mit einem Teil der Gold- und Devisenreserven der Euro-Notenbanken aufzufüllen. Ein derartiger Vorstoß wäre nicht nur ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Bundesbank, auch die deutsche Haftungssumme beim Rettungsschirm würde so durch die Hintertür erhöht. Die Reaktionen aus Deutschland ließen so auch nicht lange auf sich warten.
Nicht nur die Bundesbank schmetterte den Vorschlag ab: "Wir kennen diesen Plan und wir lehnen ihn ab." Auch die deutsche Regierung teilte mit, sie habe den Vorschlag aus den Reihen der G20, wonach die europäischen Notenbanken ihre Währungsreserven teilweise für die Euro-Rettung verpfänden sollen, zurückgewiesen: "Die von der Bundesbank verwalteten Gold- und Devisenreserven der Bundesrepublik Deutschland standen bei dem G20-Gipfel in Cannes zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion", erklärte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert. Sonderziehungsrechte stünden den nationalen Notenbanken zu - in Deutschland der Bundesbank. Von deutscher Seite sei dieser Vorstoß abgelehnt worden.
Angriff auf den Goldschatz
Berichtet hatte über den Vorstoß der G20 zunächst die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS). Auch die "Welt am Sonntag" (WamS) meldete, es habe auf dem G20-Gipfel Versuche gegeben, die Bundesbank und andere europäische Zentralbanken für die Rettung klammer Euro-Länder anzuzapfen. Laut "WamS" soll der Vorschlag von US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Großbritanniens Premier David Cameron unterbreitet worden sein. Laut "FAS" wurde darüber geredet, dass die EZB sich des "Goldschatzes" bemächtigt. Die EZB habe sich, so die "FAS", als Helfer in diesem Plan angedient.
Die Haftung Deutschlands in der Krise solle mittels der seit Jahrzehnten aufgebauten Gold- und Devisenreserven der Bundesbank um mehr als 15 Mrd. Euro erhöht werden, berichtete das Blatt unter Berufung auf Verhandlungskreise des G20-Gipfels weiter. Insgesamt – mit dem Zutun aller Eurostaaten – solle der Wert des Rettungsschirms um 60 Mrd. Euro aufgeblasen werden. Der Bundestag solle auf diesem Wege umgangen werden. Hintergrund der ganzen Debatte ist, dass die Feuerkraft des 440 Mrd. Euro schweren Euro-Rettungsfonds (EFSF) nicht ausreichen wird, sobald größere Staaten wie Italien ins Wanken kommen.
Der Plan ist vom Tisch?
Konkret soll unter den Staats- und Regierungschefs in Cannes darüber beraten worden sein, dass die Euro-Staaten und deren Notenbanken sogenannte Sonderziehungsrechte (SZR) im Wert von 60 Mrd. Euro an eine Zweckgesellschaft des europäischen Krisenfonds einbringen. Dem EFSF-Rettungsfonds sollen sie dann als Pfand für weitere Rettungsprogramme dienen, sollten größere Staaten ins Wanken kommen. Offenbar seien bereits politische Vorschläge ausgearbeitet worden, schreibt die "FAS".

Eindeutig uneindeutig? Merkel und Weidmann hier bei einer Kabinettssitzung Hand in Hand.
(Foto: picture alliance / dpa)
Sonderziehungerechte sind eine Art Ersatzwährung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Jedes Land hat mit seinen zugeteilten SZR ein Guthaben gegenüber dem IWF, mit dem es seine Schulden gegenüber Gläubigerländern tilgen kann, da die Mitgliedsländer verpflichtet sind, Zahlungen durch SZR zu akzeptieren.Die SZR sind also bares Geld wert. Sie werden von Staaten gehalten oder von deren Notenbanken. In Deutschland liegen sie bei der Bundesbank, sie gehören wie der Goldschatz im Wert von rund 130 Mrd. Euro zu den Währungsreserven. Die Gold- und Währungsreserven der Bundesbank sind Eigentum der Bürger; sie werden von der Bundesbank nur verwaltet.
Wegen des Widerstands der Bundesbank sei das Thema in Cannes zunächst wieder vom Verhandlungstisch genommen worden, berichtete die "WamS" weiter. Schon am Montag will die Euro-Gruppe jedoch erneut darüber beraten, heißt es weiter. Regierungssprecher Seibert versuchte Spekulationen zu dämpfen, die Euro-Gruppe werde sich bereits am Montag erneut mit dem Vorstoß befassen. Zwar stehe das Thema der Optimierung des Euro-Rettungsschirms bei der Euro-Gruppe auf der Tagesordnung. "Dieses Thema steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der Frage nach Sonderziehungsrechten", stellte Seibert klar. Der Zeitung zufolge hat die Bundesbank unter den anderen Notenbanken keine Verbündeten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel verhalte sich uneindeutig.
Merkel habe, das Vorhaben zum Ärger von Obama, Sarkozy und Cameron abgelehnt, nachdem Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sein Veto eingelegt hätte, schreibt die "WamS".
Quelle: ntv.de, ddi/rts/AFP