Wirtschaft

"All rennen, wenn einer zur Tür rennt" Dibelius gewährt Einblicke in Arcandor-Deals

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Im Prozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal. Oppenheim tritt ein prominenter Zeuge auf. Der deutsche Goldman-Sachs-Chef Dibelius schilderte, wie Milliarden-Deals zustande kommen - oder auch nicht.

Der deutsche Goldman-Sachs-Chef Alexander Dibelius hat im Sal.-Oppenheim-Prozess als Zeuge seine Verhandlungen mit dem früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff geschildert. Das desaströse Arcandor-Engagement hatte die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim 2009 fast in den Ruin getrieben. Bereits im zweiten Halbjahr 2005 sei es zu einem ersten geschäftlichen Kontakt zwischen Goldman und dem Konzern gekommen. Denn schon damals sei die Liquiditätslage vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft aus betriebswirtschaftlicher Sicht "sehr angespannt" gewesen, sagte Dibelius vor dem Landgericht Köln. Goldman konnte helfen, organisierte eine nachrangige Finanzierung und lieferte damit eine erste "Überlebenssicherung".

In den beiden Folgejahren habe sich dann mit Middelhoff eine Debatte über einen "Befreiungsschlag" entwickelt. Middelhoff wollte unter anderem das Warenhausgeschäft aufwerten, doch dazu brauchte er Geld - 51 Prozent der Immobilien gingen an den Goldman-Sachs-Fonds Whitehall. Auch die übrigen Warenhäuser wurden dann veräußert.

Hektische Telefonate

In hektischen Telefonaten habe sich Middelhoff im Herbst 2008 um neue Finanzspritzen für den angeschlagenen Handelskonzern bemüht, berichtete Dibelius. "Herr Middelhoff hat wirklich darum gekämpft, hier Geld für das Unternehmen zu bekommen." Hintergrund war, dass die britische RBS im Zuge der Finanzkrise Arcandor nicht weiter finanzieren wollte. Doch RBS war Teil eines Bankenkonsortiums - und "wenn einer zur Tür rennt, dann wollen alle anderen auch zur Tür rennen", berichtete Dibelius.

Die Investmentbank Goldman Sachs war Hauptvermieter der Filialen von Karstadt, die zum Handelskonzern Arcandor gehörten. Damit sei Goldman Sachs bereits ein Risiko eingegangen, sagte Dibelius. Er habe dies durch einen Kredit nicht weiter erhöhen wollen und Middelhoff auch recht früh zu verstehen gegeben, dass von Goldman Sachs kein Geld mehr zu erwarten sei. Stattdessen verstärkte Sal. Oppenheim sein Engagement für Arcandor immer weiter. Zuletzt war die Kölner Privatbank größter Aktionär des Konzerns. Durch den Zusammenbruch von Arcandor 2009 verlor Sal. Oppenheim Milliarden und musste kurz darauf von der Deutschen Bank übernommen werden.

Dibelius sieht Chancen für Warenhaus-Allianz

Bereits damals gab es laut Dibelius immer wieder Planspiele über einen Zusammenschluss der beiden Warenhausriesen Karstadt und Kaufhof. So habe auch der damalige Chef der Kaufhof-Mutter Metro, Eckhard Cordes, seiner Erinnerung nach 2008 über einen Verkauf an die spanische Corte-Ingles-Gruppe verhandelt. Die Gespräche über einen Warenhausallianz seien zudem "relativ konkret" gewesen. Letztlich sei es aber nicht zu einer Transaktion gekommen.

Allerdings sieht Dibelius in Deutschland noch immer Möglichkeiten für eine Warenhaus-Allianz. Es gebe "Platz für einen integrierten Warenhauskonzern in Deutschland", sagte er. Zuletzt hatte der Einstieg des österreichischen Investors Rene Benko bei Karstadt entsprechende Spekulationen erneut aufkommen lassen. Benko hatte in der Vergangenheit bereits erfolglos versucht, Kaufhof zu übernehmen. Metro-Chef Olaf Koch hatte indes erst vor einer Woche gesagt, es gebe keine Gespräche über einen Verkauf der Warenhauskette.

Teilerfolg für Schickedanz

Die vier ehemaligen Topbanker von Sal. Oppenheim und der Immobilienmanager Josef Esch müssen sich seit einem Jahr teils wegen Untreue in besonders schwerem Fall, teils wegen Beihilfe dazu vor Gericht verantworten.

In dem Prozess geht es unter anderem darum, ob Esch in der Bank die Rolle einer "Grauen Eminenz" spielte. In diesem Zusammenhang wurde Dibelius gefragt, ob er bei den Verhandlungen über Arcandor die Vorstellung gehabt habe, dass Esch zu Sal. Oppenheim gehöre. Dibelius erwiderte darauf: "Ich hätte zumindest nicht gesagt 'Ja, lieber Herr Esch, was machen Sie denn hier?'"

Unterdessen hat die einstige Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz einen Erfolg verbucht: In ihrem Zivilverfahren gegen Sal. Oppenheim habe die Kammer einen Beweisbeschluss erlassen, sagte Gerichtssprecher Christian Hoppe. Die Entscheidung bedeutet, dass nun zahlreiche Zeugen gehört werden. Zu Beginn des Verfahrens 2012 hatte das Gericht der Quelle-Erbin Schickedanz wenig Hoffnung auf Erfolg gemacht. Schickedanz klagt auf Schadensersatz in Milliardenhöhe.

Quelle: ntv.de

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