Kriterien über Ungleichgewichte G20 einigen sich
19.02.2011, 16:45 Uhr
Gruppenbild mit Dame: Die Teilnehmer des G20-Gipfels versammeln sich um die Gastgeberin und französische Finanzministerin Christine Lagarde.
(Foto: AP)
Durchbruch auf dem G20-Gipfel: Die Finanzminister einigen sich nach stundenlangen Beratungen auf Kriterien, mit denen Ungleichgewichte zwischen Wirtschaftsnationen gemessen werden sollen. "Das ist ein großer Erfolg", hieß es aus deutschen Verhandlungskreisen. Für das Ergebnis kam man allerdings China ein Stück entgegen.
Die G20-Finanzminister haben sich auf Kriterien geeinigt, mit denen künftig die Ungleichgewichte zwischen den Wirtschaftsnationen gemessen werden sollen. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis", sagte die französische Finanzministerin Christine Lagarde. Die Indikatoren umfassen demnach nun Schuldenstand plus Haushaltsdefizit eines Landes, die jeweilige private Sparquote, sowie die realen Wechselkurse. Die Währungsreserven, gegen die sich vor allem China wehrte, sollen zunächst kein eigenes Kriterium mehr sein.

Der chinesische Zentralbankgouverneur Zhou Xiaochuan im Gespräch mit Frankreichs Finanzministerin Lagarde.
(Foto: REUTERS)
In der Debatte über Ungleichgewichte stehen vor allem Exportnationen wie China und Deutschland mit ihren Exportüberschüssen am Pranger. Immer wieder gab es Vorstöße aus dem G20-Kreis, Exporte solcher Länder zu begrenzen. China steht auch in der Kritik, weil seine Währung gemessen an der Wirtschaftskraft des Landes zu niedrig bewertet ist. So können die Chinesen ihre Waren besonders billig in andere Länder exportieren.
Die G20 will durch die Messung der Indikatoren die großen Wirtschaftsungleichgewichte in der Welt - wie große Handelsüberschüsse und -defizite, hohe Fehlbeträge in den Staatshaushalten - abbauen und damit den Boden für ein ausgewogeneres nachhaltiges Wachstum in der Welt legen.
China zunächst verschlossen
Zuvor drohten die Gespräche noch an der Blockade Chinas zu scheitern. Deutschland und Frankreich seien mit China im Gespräch, um Konfliktpunkte auszuräumen, hieß es am frühen Nachmittag aus Verhandlungskreisen. Schon am Vortag hatte China Hoffnungen auf ein klares Ergebnis gedämpft. Man sei dagegen, Wechselkurse und Währungsreserven als Maßstab anzulegen, hieß es.
Dennoch äußerte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Vormittag zuversichtlich: Es gebe eine gute Chance, dass sich die Minister auf eine Reihe von Kriterien einigten. Dies sei das beste Mittel, um Fehlentwicklungen zu verhindern, sagte der CDU-Politiker. Deutschland sei daran gelegen, die Ungleichgewichte nicht durch einzelne Kennziffern wie etwa die Leistungsbilanz zu beschreiben, sondern zu einer Gesamtbetrachtung zu kommen. Konkrete Zielvorgaben und Quoten zum Abbau von Ungleichgewichten lehnt Deutschland strikt ab.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte in seiner Eröffnungsrede die Teilnehmer ermahnt, sich nicht in endlose Debatten über die Indikatoren zu verstricken, die vom Wesentlichen ablenken würden. Finanzministerin Christine Lagarde hatte die Erwartungen heruntergeschraubt. Es sei kein Drama, wenn es in Paris noch keine Einigung gebe, sagte sie.
Keine Selbstläufer
Auch die anderen Schwerpunktthemen der französischen G20-Präsidentschaft sind kein Selbstläufer: das Projekt einer Reform des Weltwährungssystems und die Bekämpfung von Preisexplosionen und Spekulantentum bei Rohstoffen und Nahrungsmitteln. "Wenn wir es schaffen, dass wir unter der französischen Präsidentschaft Verfahren verabreden, mehr Transparenz herzustellen und damit den Einfluss der Spekulation zu bekämpfen, dann wäre das ein wichtiger Schritt", sagte Schäuble zum Thema Rohstoffpreise. Beim Thema Währungsreform verwies er selbst auf ein noch sehr vielschichtiges Meinungsbild innerhalb der G20-Mitgliedschaft.
In Frankreich erregt vor allem die Teilnahme von Dominique Strauss-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Aufsehen. Dieser gilt als gefährlichster Gegenkandidat Sarkozys bei der Wahl 2012, falls er sich zu einem vorzeitigen Abschied vom IWF entscheidet. Sarkozy betonte, dass die Rolle des IWF gestärkt werden müsse - nach Ansicht französischer Kommentatoren war dies auch Ausdruck seines Wunsches, dass Strauss-Kahn in Washington bleiben möge.
Quelle: ntv.de, sla/rts/dpa