Wirtschaft

Brichtas Selbstversuch geht weiter Gefühlte Wahrheit im Bargeldstreit

Raimund Brichta moderiert bei n-tv die Telebörse.

Raimund Brichta moderiert bei n-tv die Telebörse.

n-tv Börsenprofi Raimund Brichta gibt sich nicht geschlagen: Er will seine Steuern bar bezahlen. Doch die Sache gestaltet sich schwierig - trotz einer kleinen Erfolgsmeldung.

Immer wenn das Modewort des Jahres "postfaktisch" fällt, werden auch die üblichen Verdächtigen genannt: Donald Trump, Wladimir Putin, Brexit- oder Pegida-Anhänger gelten als typische Quellen postfaktischer Ergüsse. Das Phänomen ist aber weiter verbreitet, als man denkt. Auch Finanzbeamte, Sparkässler und Richter scheinen gefühlte Wahrheiten wichtiger zu nehmen als Tatsachen, wie die neue Episode meines Bargeldstreits mit dem Finanzamt zeigt.

Zuerst eine Erfolgsmeldung: Meine Hartnäckigkeit hat das Finanzamt immerhin dazu gebracht, der örtlichen Sparkasse einen Dreizeiler zu schreiben. Damit soll die Sparkasse "ermächtigt" werden, Bareinzahlungen für das Finanzamt von Leuten wie mir anzunehmen - so wie es die Abgabenordnung vorsieht. Das Schreiben ging im Juni dieses Jahres raus. Dumm ist nur, dass mir die Finanzbeamten schon im vergangenen Jahr mitgeteilt hatten, eine solche Ermächtigung sei längst erteilt. Dies kann also nur eine gefühlte Wahrheit gewesen sein.

Dumm ist auch, dass selbst die Ermächtigung nur eine gefühlte ist. Die Sparkässler ignorieren sie nämlich. Als ich neulich mit einem Bündel Geldscheinen auftauchte, beschied mir der Filialleiter, die Ermächtigung sei bloß eine "einseitige Willenserklärung" des Finanzamts, an die man sich nicht gebunden fühle. "Wir haben unsere eigene Arbeitsanweisung und die sieht eben vor, dass Bareinzahlungen über tausend Euro auf andere Konten als das eigene nicht möglich sind." Basta!"

Diese "Arbeitsanweisung" kannte ich schon aus früheren Anläufen. Deshalb brach ich auch diesen Bargeldversuch resigniert ab. Und stelle jetzt die zentrale Frage: Was ist eine Ermächtigung wert, die vom Ermächtigten ignoriert wird? Nichts.

Ich könnte noch auf die Weisheit deutscher Richter setzen und hoffen, dass in meiner laufenden Klage gegen das Finanzamt endlich ein Machtwort zu meinen Gunsten gesprochen wird. So naiv bin ich aber nicht, weil Richter an einem anderen Gericht längst entschieden haben, dass eine gefühlte Ermächtigung vollkommen ausreicht. Im Beschluss dieser Richter heißt es sinngemäß, wenn das Finanzamt ein solches Schreiben verschickt, hat es seine Schuldigkeit getan. Es muss nicht dafür sorgen, dass die Ermächtigung auch umgesetzt wird.

So werde ich das Gefühl nicht los, postfaktisch an der Nase herumgeführt zu werden,

resümiert Ihr

Raimund Brichta

Wie geht es Ihnen? Schreiben Sie mir hier.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen