Wirtschaft

Moody's zwingt zu schnellem Handeln Gipfeltreffen zur Schuldenkrise?

Muss die "große Politik" wieder ran? Zur Euro-Schuldenkrise ist ein Sondergipfel im Gespräch.

Muss die "große Politik" wieder ran? Zur Euro-Schuldenkrise ist ein Sondergipfel im Gespräch.

(Foto: REUTERS)

Der nächste Tiefschlag in der EU-Schuldenkrise: Die Ratingagentur Moody's bezweifelt die Kreditwürdigkeit Irlands. Skeptische Töne kommen von Bundesbankpräsident Weidmann auch zu den Euro-Rettungsplänen. Kann ein Gipfel für Ruhe sorgen? Die Bundesregierung ist skeptisch.

Neue Hiobsbotschaft in der europäischen Schuldenkrise. Nach Griechenland und Portugal hat die mächtige Ratingagentur Moody's nun auch Irland auf "Ramschniveau" herabgestuft und die Politik erneut aufgescheucht. Ein Sondergipfel steht zur Diskussion.

Mit der Herabstufung zweifelt Moody's die Kreditwürdigkeit Irlands an - und warnt Investoren vor den Gefahren eines Investments. Für das hoch verschuldete Irland wird es damit erheblich schwieriger und teurer, an frisches Geld zu gelangen. Die Nachricht versetzte den ohnehin verunsicherten Finanzmärkten einen erneuten Schlag. Anders als zunächst befürchtet blieben negative Kursreaktionen jedoch auf irische Anleihen beschränkt. Die zehnjährigen Papiere aus Dublin rentierten auf dem Rekordniveau von 14,29 Prozent. Den Euro bremste die Wiedereröffnung dieser Baustelle im europäischen Schuldenland kaum.

Sondergipfel am Freitag?

Die EU-Kommission zeigte sich aufgeschlossen für einen baldigen Sondergipfel. "Das gehört zu den Dingen, die wir diskutieren", sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Es gehe dabei um die Frage, "den richtigen Zeitpunkt für Treffen auf der richtigen Ebene" zu finden". Barroso sei darüber mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Kontakt. Van Rompuy hatte bereits bestätigt, er erwäge einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 17 Euroländer für diesen Freitag. Bisher lud er dazu aber offiziell noch nicht ein.

Diplomaten berichteten, in Deutschland und in den Niederlanden sei Van Rompuys Vorstoß für das Krisentreffen zurückhaltend aufgenommen worden. Da sich die griechische Schuldenkrise auf große Euro-Länder wie Italien oder Spanien auszuweiten droht, steht die politische Führung des gemeinsamen Währungsgebiets unter großem Druck.

Finanzministeriums-Sprecher Martin Kotthaus sagte, die Euro-Finanzminister hätten am Vortag die nötigen Maßnahmen für ein neues Griechenlandpaket auf den Weg gebracht. Allerdings sei es aus "psychologischen Gründen" manchmal nötig, dies nochmals durch einen Gipfel der Staats- und Regierungschefs bestätigen zu lassen. Entsprechend hatte sich zuvor Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geäußert. Die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach sagte, letztendlich liege die Entscheidung über einen Sondergipfel beim Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy.

Bundesbank bleibt skeptisch

In der Diskussion um Auswege kommen kritische Töne von Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Die von der Bundesregierung betriebene Beteiligung von Banken und Versicherungen an den Kosten der Rettung klammer Staaten wie Griechenland hält er für problematisch.

"Es birgt im gegenwärtigen Umfeld mehr Risiken als Chancen, die Gewährung weiterer Hilfen der Staatengemeinschaft an den Zwang zur Beteiligung des Privatsektors zu knüpfen", sagte Weidmann der "Zeit". Die Bundesbank sei zwar nicht grundsätzlich gegen eine Beteiligung privater Gläubiger, sagte Weidmann. Nur so könne gewährleistet werden, dass die Finanzmärkte die Haushaltspolitik disziplinierten. Angesichts der von "Ansteckungseffekten und den daraus resultierenden Belastungen für die Steuerzahler" sei von einem solchen Weg derzeit aber abzuraten.

Weidmann sprach sich auch dagegen aus, die Zinsen auf die Rettungskredite zu senken oder den europäischen Rettungsfonds zu erlauben, Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen wie es Brüssel plant. "Das hätte hohe Kosten, einen geringen Nutzen und gefährliche Nebenwirkungen zur Folge."

Klare Worte aus den Niederlanden

Die Zurückhaltung gegenüber einer Beteiligung privater Gläubiger gerade auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgt bei den Nachbarn für lauten Unmut. "Es wäre gut, wenn Deutschland mehr Führung übernähme", sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager dem Wochenmagazin "Vrij Nederland". Stattdessen versuche Kanzlerin Angela Merkel aber immer wieder, eine Achse mit Frankreich zu bilden. Danach stehe ihm, De Jager, aber überhaupt nicht der Sinn. Seine Aufgabe sei es, Deutschland für die klare Haltung der niederländischen Regierung zu gewinnen. Die Niederlande zählen zu den Euro-Staaten, die mit Deutschland auf eine Beteiligung des Privatsektors an neuen Griechenland-Hilfen drängen.

De Jager hat die Märkte vor einigen Tagen mit der Forderung geschockt, dass die Banken im Zweifel dazu gezwungen werden müssten, sich an neuen Griechenland-Hilfen zu beteiligen. Er nahm für sich in Anspruch, die Deutschen erst dazu gebracht zu haben, den IWF in die Griechenland-Rettung miteinzubeziehen. Deutschland habe, wie auch EZB und die Europäische Kommission anfangs versucht, den IWF herauszuhalten.

Bundesregierung "vertraut" Irland

Irland reagierte mit Unverständnis auf die Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kritisierte die Entscheidung als "unverständlich". Die irische Regierung habe entschlossen gehandelt, die mit den internationalen Partnern vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen umzusetzen. "Jetzt ist Irland auf dem richtigen Weg."  Auch die Bundesregierung habe "großes Vertrauen" in das Reformprogramm der irischen Regierung, sagte Heimbach. Dessen Umsetzung mache gute Fortschritte.

Zur Kritik am Vorgehen der Ratingagenturen sagte der Ministeriumssprecher, diese seien "Marktrealität". Aber ihre Ratings dürften auch kritisch hinterfragt werden, etwa ob die zugrundeliegenden Annahmen korrekt seien. Denn in der Vergangenheit habe es offensichtliche Fehleinschätzungen gegeben. Ob eine andere Struktur der Ratingagenturen erforderlich sei, werde derzeit diskutiert. Bisher bestimmen drei US-Agenturen die Ratings.

Das von den Folgen einer schweren Bankenkrise erschütterte Irland hängt - wie Griechenland und Portugal - am Finanztropf der Euro-Partner und des IWF. Es bekam im vergangenen Jahr ein Hilfsprogramm von 85 Mrd. Euro.

Quelle: ntv.de, bad/nne/DJ/dpa/rts

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