Erholung nach Dax-Sturz "Griechenland spielt keine große Rolle"
29.06.2015, 12:24 Uhr
Kurz nach Handelsbeginn büßte der Dax mehr als vier Prozent ein.
(Foto: REUTERS)
Das Scheitern der Gespräche zwischen Griechenland und seinen Gläubigern belastet den Dax deutlich. Allerdings erholen sich die Kurse nach und nach wieder. Analyst Folker Hellmeyer erklärt, warum es aus seiner Sicht keinen Anlass zur Panik gibt.
n-tv.de: Nachdem sich die griechische Schuldenkrise am Wochenende weiter zugespitzt hat, geht es am Morgen mehr als vier Prozent nach unten mit dem deutschen Leitindex. Auch die asiatischen Märkte geben nach. Was sind die Gründe?
Folker Hellmeyer: Die schwache Eröffnung ist natürlich der politischen Unsicherheit in Griechenland und der Zukunft des Landes geschuldet. Aber losgelöst von der kritischen Situation Griechenlands wird sich die Weltwirtschaft völlig unbeeinträchtigt davon zeigen. Daher sind die Verluste an den europäischen Börsen noch moderat ausgefallen - hier dominiert eine eher nüchterne Betrachtungsweise.
Kurz nach den deutlichen Anfangsverlusten setzt zudem eine leichte Erholung beim Dax ein. Genau dieses Szenario hatten Börsianer bereits prophezeit - warum kam es am Anfang dennoch zu so einer Kursübertreibung?
Das ist nicht notwendigerweise rational, Märkte sind nicht immer rational, sie neigen zur Übertreibung. Das psychologische Element spielt dabei eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund ist diese Übertreibung ein klassisches Merkmal, das die Märkte begleitet, seit es Märkte gibt. Ich sehe das aktuelle Niveau des Dax vielmehr als attraktives Einstiegsniveau unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten.
Heißt das, trotz der Probleme in Griechenland halten Sie Investments am deutschen Aktienmarkt nicht für riskant?
Ich halte den Aktienmarkt als einen der Märkte, die noch investitionsfähig sind - im Gegensatz zu Anleihen, da bin ich kritischer. Was man auch wissen muss: Wir reden bei den Dax-Werten von globalen Spielern, da spielt die konjunkturelle Entwicklung von Griechenland oder ein, zwei anderen kleinen Ländern nicht die entscheidende Rolle.
Sondern?
Entscheidend ist das globale Umfeld. Und das ist absolut intakt. Wir werden dieses Jahr, wenn wir die Prognose des Internationalen Währungsfonds zugrunde legen, ein Wachstum von 3,5 Prozent in der Weltwirtschaft haben, und das wirkt sich am Ende auch in den Erträgen der global agierenden Unternehmen aus.
Auch der Euro hat eine starke Reaktion im asiatischen Handel gezeigt und ist unter 1,10 Dollar gerutscht. Zur Eröffnung der europäischen Märkte erholt sich die Gemeinschaftswährung jedoch deutlich und pendelt wieder um die Marke von 1,11 Dollar herum. Wie ist diese Reaktion zu erklären?
Der Euro ist wieder gefragt, weil die Eurozone - losgelöst von dem Problem Griechenland, mit dem wir mittlerweile gut umgehen können - sehr positiv aufgestellt ist. Wir haben den höchsten Wachstumspfad in der Eurozone seit 2010/11. Und auch die neben Griechenland anderen europäischen Reformländer machen sich gut, sie sind sogar die Wachstumstreiber in der Eurozone. Das heißt, ein Vergleich mit den Krisensituationen 2011 bis 2014 verbietet sich vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen Stabilität.
Das Interview führte Kai Stoppel
Quelle: ntv.de