Wirtschaft

Politiker feilen an Schuldenerlass Griechenland zerrt an den Nerven

In Brüssel wird wieder um eine Lösung gerungen.

In Brüssel wird wieder um eine Lösung gerungen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Innen hart verhandeln und nach außen Zuversicht verbreiten: Die Verhandlungen zu Griechenland verlangen der Politik einiges ab. Beim EU-Finanzministertreffen geben sich Deutschland und Frankreich zuversichtlich, dass bald eine Lösung für einen Schuldenschnitt gefunden wird. Die Zuversicht ist nötig, denn der Erfolgsdruck ist groß.

Die schleppenden Verhandlungen Griechenlands mit seinen privaten Gläubigern über einen Schuldenerlass zerren an den Nerven von Politikern und Finanzprofis. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie rechne mit einem Abschluss, es sei aber noch Zeit bis zum März. Die Frage eines Überbrückungskredits für das Land stelle sich nicht. Frankreichs Finanzminister Francois Baroin sagte, der freiwillige Schuldenschnitt nehme Form an. IWF-Chefin Christine Lagarde appellierte an die Euro-Länder, ihre Anstrengungen zur Lösung der Schuldenkrise zu vergrößern. Dazu zählt sie auch eine Vergrößerung des Euro-Rettungsschirms ESM. Für Merkel kommt diese Debatte allerdings zur Unzeit.  

Eine Verbesserung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands ist eine der zentralen Voraussetzungen zur Lösung der Krise. Seit fast zwei Jahren erschüttern immer neue Hiobsbotschaften aus Athen das Vertrauen der Finanzmärkte in die Euro-Zone. Ziel der Euro-Länder ist es, den Schuldenberg auf 120 Prozent des BIP von derzeit über 160 Prozent zu verkleinern. Dazu sollen private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Hedgefonds auf die Hälfte ihrer Ansprüche gegen das Land verzichten - das wären 100 Mrd. Euro. Erst danach wollen der IWF und die Euro-Zone ein zweites Rettungspaket über 130 Mrd. Euro auflegen.

Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager dämpfte die Erwartungen an das Treffen. "Wir werden heute keine endgültigen Entscheidungen fällen. Erst muss es eine Abmachung in Griechenland geben."

Einigung muss gelingen

Am Wochenende waren die Gespräche mit den Gläubigerbanken in Athen unterbrochen worden. Der Internationale Bankenverband (IIF) zeigte sich aber weiter zuversichtlich, dass eine Einigung gelingen wird. Am Nachmittag sollten die Euro-Finanzminister in Brüssel zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Baroin sagte nach einem Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble in Paris, es gebe Anzeichen für eine Stabilisierung der Euro-Zone.

Schäuble appellierte an die griechische Regierung, sich an frühere Reform-Zusagen zu halten. Griechenland müsse seine Verpflichtungen erfüllen. "Da gibt es erhebliche Verzögerungen", so Schäuble. Es führe aber "kein Weg daran vorbei". Die obersten Kassenhüter wollen von ihrem griechischen Amtskollegen Evangelos Venizelos die neusten Informationen hören."Wir haben eine sehr konstruktive Zusammenarbeit mit dem Privatsektor. Wir sind bereit, das Verfahren termingerecht abzuschließen", sagte Venizelos vor dem Treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte bei den Gläubigergesprächen zur Geduld. Im März droht Griechenland eine ungeordnete Pleite, wenn Staatsanleihen über 14,5 Mrd. Euro fällig werden. Sie rechne mit einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche, sagte Merkel. Die Frage eines Übergangskredits stelle sich nicht.

Nervöse Märkte

An den Finanzmärkten setzte wegen der Nervenprobe eine neue Achterbahnfahrt ein. Der deutsche Leitindex Dax fiel zeitweise um 0,6 Prozent auf 6365 Zähler. "Die Sorge um die griechischen Schulden drückt den Markt", sagte Aktienstratege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co. Am Nachmittag drehte der Dax jedoch um ein halbes Prozent ins Plus. Börsianer machten unter anderem die erneute Diskussion über eine Aufstockung des Rettungsschirms ESM dafür verantwortlich. Der Unions-Chefhaushälter Norbert Barthle hatte die Idee wieder ins Spiel gebracht, den jetzigen provisorischen Rettungsschirm EFSF und seinen dauerhaften Nachfolger ESM zeitweise parallel laufen zu lassen. In Koalitionskreisen hieß es, die Diskussion über einen Parallelbetrieb laufe im Regierungsbündnis auf allen Ebenen. Eine Festlegung auf Barthles Position gebe es aber noch nicht.        

Lagarde sprach sich dafür aus, die verbleibenden Mittel des EFSF - rund 200 Mrd. Euro - auf den ESM zu übertragen. Der ESM soll Euro-Ländern mit bis zu 500 Mrd.  Euro beispringen können. Das gilt an den Märkten als viel zu wenig, um bei Bedarf auch Italien oder Spanien unter die Arme greifen zu können. Forderungen nach einer Verdoppelung der ESM-Mittel schloss sich Lagarde nicht an. Die Euro-Länder müssten die Schutzwälle gegen die Krise allerdings vergrößern, forderte sie. Auch die umstrittenen Eurobonds seien eine Möglichkeit. Zudem forderte sie die EZB auf, die Zinsen in der Euro-Zone weiter zu senken.        

In der Debatte über eine ESM-Aufstockung trat Merkel auf die Bremse. Priorität habe die schnellere Einführung des ESM zum 1. Juli und die schnellere Einzahlung in den ESM-Kapitalstock. Der soll 80 Mrd. Euro betragen und die ESM-Kredite absichern. "Kaum, dass wir eine Neuigkeit gemacht haben, schon die nächste zu machen, halte ich nicht für richtig", sagte Merkel. Sie schloss aber nicht aus, dass Deutschland bei der Überprüfung des ESM-Ansatzes im März eine Erhöhung mittragen könnte. Sie habe immer betont, dass Deutschland notfalls alles tun werde, um den Euro zu retten, versicherte die Bundeskanzlerin.

Quelle: ntv.de, sla/rts/dpa

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