Rekordzinsen Italien leiht sich teures Geld
14.11.2011, 12:27 Uhr
Die Schulden aus der Ära Berlusconi werden Italien noch auf Jahrzehnte belasten.
(Foto: REUTERS)
Das schwer bedrängte Italien muss sich zu Wochenbeginn erneut an den Kapitalmarkt wagen. Bei einer viel beachteten Auktion erklären sich ausreichend Geldgeber bereit, dem Land frische Kredite zu gewähren - allerdings nur zu sehr ungünstigen Konditionen. Experten sind sich sicher: Auf Dauer ist das untragbar.
Nach dem sieht sich Italien mit anhaltenden Schwierigkeiten bei der Refinanzierung der gewaltigen Staatsschulden konfrontiert: Für fünfjährige Staatsanleihen musste Rom erneut Rekordzinsen zahlen.
Bei der ersten Auktion nach dem erzwungenen Rücktritt Berlusconis platzierte das Land Anleihen im Volumen von 3,0 Mrd. Euro und lag damit am oberen Ende der angestrebten Zielspanne. Für die Papiere mit einer Laufzeit bis Mitte September 2016 wurde allerdings eine Rekord-Rendite von 6,29 Prozent fällig. Noch nie seit der Einführung des Euro musste Italien derart hohe Zinsen für Papiere dieser Laufzeitklasse zahlen. Es ist der höchste Wert seit 1997 - und ein rasanter Anstieg binnen weniger Wochen. Zum Vergleich: Mitte Oktober wurden bei einer vergleichbaren Auktion lediglich 5,32 Prozent fällig.
Wegen wachsender Zweifel an der Reformpolitik war Italien verstärkt ins Visier der Finanzmärkte geraten. Das Land will unter dem neuen Ministerpräsidenten und früheren EU-Kommissar einen politischen Neuanfang nach der Ära des langjährigen Regierungschefs Berlusconi wagen. Im Zuge der Schuldenkrise war Berlusconi zuletzt auch international untragbar geworden.
Die hoch verschuldete, drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone muss nach Einschätzung von Experten rasch das Vertrauen der Märkte zurückgewinnen und Reformen auf den Weg bringen. Die jüngste Zuspitzung der Schuldenkrise hatte die Renditen für lang laufende italienische Staatsanleihen in der vergangenen Woche auf ein Rekordhoch am sogenannten Sekundärmarkt getrieben. Dort werden bereits ausgegebene Anleihen gehandelt.
Die Rendite für die richtungsweisende 10-jährige Staatsanleihe hatte erstmals seit der Einführung des Euro ein Niveau über der Marke von 7,0 Prozent erreicht; dieser Schwellenwert gilt als kritisch. Mit der Bildung einer neuen Regierung in Rom habe sich der Handel mit italienischen Staatsanleihen aber wieder etwas entspannt, hieß es am Markt. Die Rendite für zehnjährige Papiere stand am Montag bei 6,35 Prozent.
Bundesbankchef Jens Weidmann hält die hohen Refinanzierungskosten Italiens zumindest kurzfristig nicht für ein größeres Problem. Das sei kein größeres Thema, sagte Weidmann in einem Interview mit der "Financial Times". Es gebe aber eine akute Vertrauenskrise, die nur die Regierung lösen könne, indem sie die angekündigten Reformen auch umsetze.
Italien stärker als Griechenland
In vielfacher Sicht unterscheide sich Italien dabei von Griechenland, ergänzte der Notenbanker und zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Regierung in Rom die Zusagen auch einhalten werde. Unter dem Druck der immensen Verschuldung und der schwindenden Unterstützung im eigenen Lager war Berlusconi am Wochenende zurückgetreten. Der international anerkannte Wirtschaftsexperte Mario Monti wurde mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Deren wichtigste Aufgabe ist es, Vertrauen am Markt zurückzugewinnen und die zuletzt stark gestiegenen Zinsen für Staatsanleihen auf ein verträgliches Niveau zu bringen. Allein bis Jahresende muss Italien Anleihen im Wert von knapp 60 Mrd. Euro bei Investoren unterbringen. Die neuen Anleihen finanzieren dabei die Rückzahlung älterer Kredite, deren Laufzeit in den kommenden Wochen endet. Jeder Prozentpunkt mehr, geht voll zu Lasten des italienischen Staatshaushaltes.
Schwere Altlasten für Italien
Hohe Kreditlasten schränken dabei die Handlungsfähigkeit jeder kommenden Regierung stark ein. Vor ähnlichen Problemen stehen auch andere Staaten mit hohen Schuldenbergen. Auch im deutschen Bundeshaushalt nimmt die Bedienung von Kreditzinsen nach wie vor einen nicht unerheblichen Anteil der Steuereinnahmen in Anspruch.
Weidmann bekräftigte, die Schuldenkrise gefährde nicht die Eurozone als solche. Vielmehr handele es sich um Schuldenprobleme der Einzelstaaten, die .
Quelle: ntv.de, rts