Kampfjet-Schlappe in Südkorea? EADS glaubt an den Eurofighter
19.08.2013, 11:14 Uhr
Hier geht es um umgerechnet rund 5,6 Milliarden Euro und mehrere tausend gut bezahlte Arbeitsplätze: Die Vertreter der beteiligten Kampfjet-Hersteller lauschen zu Beginn des "F-X"-Programms den Ausführungen Defense Acquisition Program and Administartion (DAPA) in Seoul.
(Foto: picture alliance / dpa)
Dem militärischen Flugzeugbau in Europa droht eine bittere Niederlage: Im Bieterwettstreit um die Lieferung von Kampfflugzeugen an Südkorea ist das Eurofighter-Konsortium angeblich bereits ausgeschieden. EADS dementiert. Lockheed Martin gibt sich kämpferisch. Boeing schweigt.

Als Favorit im Rennen: Die F-15SE "Silent Eagle" könnte Eurogfighter und F-35 ausstechen.
(Foto: Boeing Photo)
Offiziell ist noch nichts entschieden: Im Bieterverfahren rund um einen Großauftrag zur Aufrüstung der südkoreanischen Luftstreitkräfte sorgt das Verteidigungsministerium in Seoul für Verärgerung in Europa und den USA. Medienberichten zufolge rechnen Experten dem Eurofighter-Konsortium nur noch geringe Chancen aus, den begehrten Lieferauftrag aus Südkorea zu erhalten. Auch der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin dürfte Branchengerüchten zufolge wohl das Nachsehen haben.
Bei der Ausschreibung geht es um das neue Kampfjet-Modell der südkoreanischen Luftwaffe. Seoul will insgesamt 60 Maschinen beziehen. Verbunden mit der Lieferung sind lukrative Wartungsverträge und die Aussicht auf eine langfristige vertragliche Bindung zur Versorgung mit Ersatzteilen und technischen Upgrades. Das Auswahlverfahren läuft seit Jahren.
Sollte sich Seoul im Rahmen des Beschaffungsprogramms "F-X" für ein bestimmtes Modell entscheiden, dürfte das die Geschäfte der beteiligten Unternehmen deutlich ankurbeln. Branchenbeobachter sprechen von einem nicht unerheblichen Prestigegewinn, der künftige Exporterfolge im asiatischen Raum beflügeln dürfte. Ein Zuschlag aus Seoul dürfte auch dem Verkauf des "Eurofighter" an weitere Abnehmerstaaten erheblich nutzen.
Neue Fighter für 8 Billionen Won
Das Eurofighter-Konsortium - an dem neben der EADS-Sparte Cassidian unter anderem auch der britische Rüstungskonzern BAE Systems und der italienische Flugzeugbauer Alenia Aermacchi beteiligt sind - sei aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen worden, hieß es nun. Es seien Anforderungen für das Angebot von der Gruppe nicht erfüllt worden, berichteten verschiedene südkoreanische Medien unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungsbeamte in Seoul. Damit bleibe Boeing mit der F-15 "Silent Eagle" als einziger Bewerber um den Auftrag im Wert von 8,3 Billionen Won (rund 7,2 Mrd. Dollar oder 5,6 Mrd. Euro) übrig.
EADS zeigte sich überrascht. "Das sind Mediengerüchte, die wir nicht bestätigen", sagte ein Sprecher der Rüstungssparte Cassidian. Das Unternehmen habe ein unkonventionelles, aber ausschreibungskonformes und hochattraktives Angebot vorgelegt. Es stelle eine haushoch überlegene Lösung für Südkorea dar, von der auch die Steuerzahler des Landes profitierten.
Die koreanische Behörde für Rüstungsbeschaffung (DAPA) erklärte hingegen, ein Bewerber sei aufgrund von "Fehlern in den Angebotsdokumenten" disqualifiziert worden. Details nannte die Behörde jedoch nicht. Die nationale Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, das Konsortium habe die Zahl der teureren Doppelsitzer, die die Ausschreibung vorgesehen habe, von 15 auf sechs reduziert. Damit sollte die Preisvorgabe eingehalten werden. Kampfjets für den Einsatzzweck als Luftüberlegenheitsjäger sind in der Regel einsitzig. Zweisitzige Sonderversionen werden vor allem für die Ausbildung oder für die Verwendung als elektronische Aufklärer benötigt.
Die F-35 "Lightning II" von Lockheed Martin war den Berichten zufolge bereits vorher ausgeschieden, weil das Angebot des Herstellers, der ursprünglich mitgeboten hatte, über der Preisvorgabe gelegen hatte. Der US-Konzern will sich allerdings ebenfalls noch nicht geschlagen geben. Lockheed Martin halte seine Offerte für seinen F-35-Flieger gemeinsam mit der US-Regierung weiter aufrecht, teilt der US-Konzern mit. Es reagierte damit auf einen Bericht der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, wonach neben dem Eurofighter des Konsortiums um EADS auch Lockheeds F-35 mittlerweile nicht mehr infrage kämen. Als einziger Anbieter sei demnach nur noch der US-Konzern Boeing mit seinem F-15SE "Silent Eagle" im Spiel.
Branchenbeobachter gehen davon aus, dass bei der Kampfjet-Bestellung Südkoreas nicht nur der Preis eine entscheidende Rolle spielt, sondern auch die Einsatzmöglichkeiten der Maschinen. Diese sollten in den nächsten 30 Tagen abschließend geprüft werden, erklärte ein Insider.
Die "Silent Eagle" ist eine zweistrahlige Maschine, die sich aufgrund ihrer Leistung und Kapazitäten ohne größere Anpassungen in der Rolle als Mehrzweckkampfflugzeug einsetzen lässt. Sie basiert auf der F-15-Reihe, die bei der US Air Force seit Mitte der 1970er Jahre im Einsatz ist. Die südkoreanische Luftwaffe fliegt derzeit unter anderem mit F-15K, die speziell für den militärischen Partner auf der koreanischen Insel entwickelt wurde. In der Version F-15SE bietet Boeing nun erstmals auch besondere Stealth-Eigenschaften an, die unter anderem durch eine besondere Oberflächenbeschichtung erreicht wird.
Auslaufmodell Eurofighter?
Der Eurofighter verfügt weder über eine geringe Radarsignatur noch über eine besondere Eignung als "Multi Role Fighter". Seine Stärken liegen vielmehr in seiner Steigfähigkeit, seiner hohen Geschwindigkeit und der besonderen Agilität im Luftkampf. Ausgelegt ist der "Luftüberlegenheitsjäger" auf den Kampf Flugzeug gegen Flugzeug. Mit der "Lightning II" versucht Hersteller Lockheed dagegen, ein breiteres Spektrum abzudecken. In der Version F-35B kommt der Jet auch mit kurzen Startbahnen aus und kann zur Not auch nach kurzem Schwebeflug senkrecht landen. Die C-Version eignet sich für den Einsatz auf Flugzeugträgern.
Welche Rolle konventionelle Kampfjets in den strategischen Plänen der Militärs künftig spielen, halten Experten mittlerweile allerdings für schwer absehbar. Der Siegeszug der Drohnen stellt die bemannte Militärluftfahrt zunehmend in Frage. Unbemannte Kampfflugzeuge sind nicht nur flexibler einsetzbar, sondern auch in der Regel billiger und im Fall eines Abschusses leichter zu ersetzen. Erst vor wenigen Wochen hatte die US-Navy bei Tests auf einem Flugzeugträger bewiesen, dass Drohnen prinzipiell auch für den trägergestützten Einsatz geeignet sind.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts