Ackermann erwartet keine Pleite Kauder droht Griechenland
26.01.2012, 20:55 Uhr
Stolz der Griechen: die Göttin Athene. Allerdings wird die Lage in dem bankrotten Land immer dramatischer.
(Foto: dpa)
Unionsfraktionschef Kauder spricht im Fall Griechenland Klartext. Er droht dem bankrotten Land mit einem Zahlungsstopp. Der CDU-Politiker legt noch nach: Er bringt die Einsetzung eines Staatskommissars zur Durchsetzung der notwendigen Reformen ins Gespräch. Deutsche-Bank-Chef Ackermann verbreitet indes Zuversicht.
Der Chef der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat wegen mangelnder Reformfortschritte mit einem Zahlungsstopp gedroht. "Es muss klargemacht werden: Geld gibt es nur, wenn das Land straff geführt wird - notfalls bis hin zu einem Staatskommissar, der von der EU oder den Euro-Staaten eingesetzt wird", sagte der CDU-Politiker in einem "Spiegel"-Interview. Trotz der Hilfspakete seiner Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) habe sich in dem Land anscheinend "nur sehr wenig grundsätzlich gebessert".
"Griechenland ist ein riesengroßes Problem", sagte Kauder. Das Land unter Kuratel zu stellen, wäre hart. "Aber vielleicht würden sich die Griechen am Ende selbst damit anfreunden." Er unterstrich: "Wir können nicht immer nur Geld geben, ohne dass sich etwas ändert." Kauder zeigte sich auch offen für die Idee, deutsche Beamte als Aufbauhelfer zu schicken.
Für die Rettung Griechenlands sind nach Erkenntnissen von EU-Währungskommissar Olli Rehn weitere staatliche Hilfen zwingend. Um wie geplant die Schuldenlast des Eurostaates bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von derzeit gut 160 Prozent zu senken, werde der derzeit verhandelte Forderungsverzicht der privaten Gläubiger nicht ausreichen, sagte der Finne . Diese Lücke müssten die Eurostaaten und die EU-Institutionen füllen. Eine Einigung auf das weite Rettungspaket stehe kurz bevor.
"Wir bereiten ein Paket vor, das den Weg für eine nachhaltige Lösung freimacht", sagte Rehn weiter. "Es wird dabei wahrscheinlich einen höheren Bedarf an öffentlicher Finanzierung geben, aber nichts Dramatisches." Die Verhandlungen der privaten Gläubiger mit Griechenland über einen Schuldenschnitt befinden sich augenscheinlich in der Endphase. Der Chefunterhändler des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, wollte in Athen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Lukas Papademos zusammenkommen.
Ackermann ist optimistisch
Nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wird Griechenland nicht pleitegehen. "Ich bin zuversichtlich, wir tun alles, damit es nicht zur Insolvenz kommt", sagte der Vorsitzende des Internationalen Bankenverbands IIF dem Deutschen Anleger Fernsehen (DAF). Der Verband vertritt die privaten Gläubiger bei den Verhandlungen mit der Athener Regierung über einen Schuldenerlass.
"Ich glaube, wir haben großes Interesse, in den nächsten Tagen eine Lösung zu finden", sagte Ackermann dem US-Fernsehsender CNBC in einem weiteren Interview am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. "Wir brauchen jemanden auf staatlicher Seite, der tatsächlich eine Entscheidung treffen kann. Wir kommen dem näher, wir sind bereit zu verhandeln." Ein Schuldenerlass ist eine wichtige Voraussetzung für weitere Hilfskredite der Euro-Staaten und des IWF über 130 Milliarden Euro.
Ackermann appellierte an die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten, um einen Zahlungsausfall (Default) Griechenlands abzuwenden. "Wenn wir für Griechenland eine Lösung finden und um einen Default herumkommen, dann haben wir eine wesentlich verbesserte Situation." Wenn die Schuldenkrise gelöst werde und Investoren bereit seien, wieder Geschäfte zu machen, dann könne dies viel ändern.
Eine Umschuldung Griechenlands müsse aber eine Ausnahme bleiben, betonte Ackermann. "Griechenland muss ein Sonderfall bleiben in der Frage, ob Staatsanleihen risikofrei sind." Ansteckungseffekte auf andere hoch verschuldete Länder wie Portugal schloss er nicht aus: "Natürlich kann es Ansteckungseffekte geben, das ist auch meine Hauptsorge wegen Griechenland."
Angebliche Annäherung beim Zinssatz
Die Regierung in Athen ist nach Angaben aus dem dortigen Finanzministerium optimistisch, dass die Gespräche über den Schuldenschnitt bis zum Wochenende oder spätestens Anfang kommender Woche abgeschlossen werden können. Experten des IIF wollten Medienberichten zufolge zuvor mit Vertretern des Finanzministeriums "verschiedene juristische Details und Formulierungen" erörtern, die notwendig für die Absichtserklärung für den Schuldenschnitt sind.
Der angestrebte freiwillige Forderungsverzicht der privaten Gläubiger soll Griechenlands Schulden um rund 100 Milliarden Euro drücken. Streitpunkt sind aber nach wie vor die Zinsen für neue, langfristige Anleihen. Die Banken und andere Gläubiger wollen nicht weniger als vier Prozent im Durchschnitt. Der IWF und wichtige EU-Staaten verlangen für die neuen Anleihen dagegen einen Zinssatz von maximal 3,5 Prozent, weil sonst die Last für Griechenland immer noch zu groß sei.
Griechische Medien berichteten, die Verhandlungen stünden vor dem Abschluss. Zwei Zeitungen wollen erfahren haben, der durchschnittliche Zinssatz der neuen griechischen Anleihen werde bei 3,75 Prozent liegen. Eine andere Zeitung berichtete von 3,5 Prozent. "Wir sprechen nicht über Zahlen solange die Verhandlung läuft", sagte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums.
Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa