Wirtschaft

Reformzwang für spanische Banken Madrid ordnet "Bad Banks" an

Madrid und seine Banken, aufgenommen an einem besonders trüben Tag.

Madrid und seine Banken, aufgenommen an einem besonders trüben Tag.

(Foto: REUTERS)

Die spanische Regierung greift bei den Banken durch: Mit neuen Vorgaben will Madrid den Bankensektor stabilisieren und damit das Finanzsystem der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone vor dem Absturz bewahren.

Staatlicher Eingriff zur Stabilisierung des Immobilienmarktes: Wirtschaftsminister Luis de Guindos, Vize-Premier Soraya Saenz de Santamaria und Entwicklungsministerin Ana Pastor (v.l.).

Staatlicher Eingriff zur Stabilisierung des Immobilienmarktes: Wirtschaftsminister Luis de Guindos, Vize-Premier Soraya Saenz de Santamaria und Entwicklungsministerin Ana Pastor (v.l.).

(Foto: REUTERS)

Die spanische Regierung hat die branchenweite Einführung von "Bad Banks" beschlossen. Dabei handelt es sich um Auffanggesellschaften, denen die spanischen Kreditinstitute ihre zweifelhaften Immobilienpapiere übertragen sollen. Die in einer Kabinettssitzung von der Regierung verabschiedete Bankenreform verpflichtet alle Geldinstitute des Landes dazu, solche Gesellschaften zu gründen.

Angesichts der massiven Probleme im Bankensektor ordnete Madrid zudem eine unabhängige Überprüfung aller Immobilien-Bestände quer durch die gesamte Branche an. Die Bankenreform zur Sanierung des spanischen Bankensektors beinhalte zwar grundsätzlich nicht die Bereitstellung staatlicher Mittel, erklärte die Regierung nach einer Kabinett abgesegnete. Allerdings werde erwogen, den Banken hochverzinsliche Darlehen mit fünfjähriger Laufzeit zur Verfügung stellen.

Zudem soll der Banken-Restrukturierungsfonds (FROB) den Geldhäusern finanziell notfalls unter die Arme greifen. Wirtschaftsminister Luis de Guindos schätzt, dass der Staat weniger als 15 Mrd. Euro dafür aufwenden müsse. Dennoch bringe die Reform keine zusätzlichen Kosten für den spanischen Steuerzahler und treibe das staatliche Defizit nicht noch weiter in die Höhe, betonte die Regierung.

"Diese Reform wird Glaubwürdigkeit garantieren, Vertrauen in den Finanzsektor aufbauen, den Kreditfluss in unser Land erhöhen und für vernünftige Immobilien-Preise sorgen", sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria.

Der Internationale Währungsfonds begrüßte die Reformen. Es handle sich um eine "effektive Antwort" auf die Schwächen im Finanzsektor, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde. Die vollständige Umsetzung der Maßnahmen werde dabei helfen, Vertrauen zu stärken und eine Rückkehr zum Wirtschaftswachstum unterstützen.

Hinter jedem Haus ein Schicksal

Einzige Aufgabe der neuen Pflicht-Auffangvorrichtungen in Form von Bad Banks soll es sein, jene Immobilien auf den Markt zu bringen, die den Banken aufgrund von Kreditausfällen übertragen worden seien, teilte Wirtschaftsminister Luis de Guindos mit. Durch den Konjunktureinbruch in Spanien waren zahlreiche Hausbesitzer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Kreditnehmer, darunter auch viele Familien, konnten nach dem Verlust ihrer Erwerbsquellen die Kreditzinsen nicht mehr bedienen. Ihr noch nicht vollständig abgezahltes Haus fiel an die Banken.

In der Masse brachten diese Fälle einige der spanischen Geldhäuser durch den ungewollten Immobilienbesitz selbst in Schwierigkeiten. Die Marktpreise sind mit dem Platzen der spanischen Immobilienblase stark gefallen. Die Banken sitzen damit oft auf Objekten, deren tatsächlicher Marktpreis weit unter dem Nennwert der eigentlich zu besichernden Krediten liegt.

Wegen der gravierenden Probleme der Banken droht Euro-Mitglied Spanien insgesamt immer tiefer in den Strudel der Schuldenkrise zu geraten. Das von Rezession und Rekord-Arbeitslosigkeit geplagte Land wird nach Einschätzung der EU-Kommission sein Haushaltsdefizit in diesem und im kommenden Jahr ohne neue Einschnitte nicht wie bislang geplant unter sechs Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) drücken können.

Skeptische Reaktionen am Markt

Teil der neuen Bankreform ist daher auch eine Vorschrift, die Banken künftig dazu zwingt, auch ihre als unproblematisch geltenden Kredite mit höheren Rücklagen abzusichern als bisher. Insgesamt sollen die Banken ihre Rückstellungen auf 137 Mrd. Euro erweitern. Über eine massive Aufstockung der Rückstellungen war angesichts der Probleme im Immobiliensektor bereits im Vorfeld spekuliert worden. Die Banken sollten demnach bis zu 47 Prozent mehr Geld zur Absicherung von Hypotheken zurücklegen, hieß es in Zeitungsberichten.

An den Aktienmärkten kamen die Pläne für den angeschlagenen Finanzsektor nicht gut an: Die Börse in Madrid notierte zeitweise mehr als drei Prozent im Minus. Die Risikoaufschläge auf spanische Staatsanleihen zogen an. Dabei bereitete den Anlegern auch die Aussicht auf Neuwahlen in Griechenland Bauchschmerzen. Wie eng das Schicksal Griechenlands mit dem Spaniens verwoben ist, machte eine deutlich: Die Bonitätswächter erklärten, ein Euro-Austritt Griechenlands stelle eine große Gefahr für die Bonitätsbewertung vieler Länder dar, darunter Spanien.

Die Reaktionen an den Kapitalmärkten fielen zunächst verhalten aus: Der Bund-Future stieg mit dem Sanierungsplan für spanische Banken auf ein neues Allzeit-Hoch bei 143,07 Prozent. Das Vorhaben der Spanien schien Experten nicht zu überzeugen: "Das ist zu wenig, um den Markt zu befeuern", sagte ein Händler. Die Regierung plant unter anderem auch eine Rekapitalisierung in einer Größenordnung von rund 30 Mrd. Euro. Die Rendite spanischer Langläufer lagen nach Bekanntgabe der Reformpläne wieder knapp unter 6 Prozent.

Erst vor zwei Tagen hatte die spanische Regierung in einer Nacht- und Nebel-Aktion die übernommen. Der Finanzkonzern war vor zwei Jahren auf staatliche Anweisung hin aus der Fusion schwächelnder Sparkassen hervorgegangen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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