Banken-Rekapitalisierung für alle? Masterplan für Eurozone gesucht
09.10.2011, 09:51 Uhr
Merkel und Sarkozy suchen in der Frage der Bankenlinie eine gemeinsame Richtung.
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Welche Geldtöpfe macht die Politik auf, um die drohende Bankenkrise in Europa zu entschärfen? Mit Spannung wird der deutsch-französische Gipfel in Berlin erwartet. Deutsche Politiker fordern im Vorfeld klare Signale an die Banken in der Eurozone. Wichtig sei eine einheitliche Lösung. Wie die aussehen könnte, darüber gehen die Ansichten auseinander.
Deutsche Politiker drängen immer stärker auf eine Rekapitalisierung aller Banken in der Euro-Zone. "Um die Unsicherheit zu beenden, brauchen wir ein klares Signal, dass alle Banken künftig die gleiche Kapitalstärke haben", sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Meister. "Nötig ist eine Regelung für die ganze Euro-Zone, damit diese im Gleichschritt marschiert."
Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß betonte, Vorgaben zur Aufstockung des Eigenkapitals müssten für alle Banken in der Euro-Zone gelten. "Es ist höchste Eisenbahn, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in der zentralen Frage der Banken-Rekapitalisierung einigen", sagte Poß. Merkel und Sarkozy wollen über diese Frage am Sonntagabend bei einem Treffen in Berlin beraten.
Auslöser der Diskussion ist eine wachsende Verunsicherung unter den Banken, welches Institut von Abschreibungen auf Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder am stärksten getroffen wird. Der Chef der staatlichen KfW-Bankengruppe, Ulrich Schröder, warnte im "Focus"-Interview davor, dass in der mittel- und langfristigen Finanzierung die Krise mittlerweile "dramatischer" sei als nach der Pleite der US-Investment-Bank Lehman im Jahr 2008. Die Risikomanagement-Systeme seien allerdings besser als damals. In der Finanzkrise war der Interbanken-Handel wegen des wachsenden Misstrauens in die Zahlungsfähigkeit der Geschäftspartner fast zum Erliegen gekommen. Das erste Opfer der jetzigen Probleme ist die französisch-belgische Bank Dexia, über deren Zerschlagung am Sonntag entschieden werden sollte.
Entweder alle oder keiner

Der oberste Deutsch-Banker Ackermann sieht ein Eingreifen der Staaten in Bankangelegenheiten grundsätzlich kritisch.
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Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete unter Berufung auf Finanzkreise, die fünf größten französischen Banken seien bereit, eine staatliche Aufstockung ihres Kapitals in einer Größenordnung von zehn bis 15 Milliarden Euro zu akzeptieren - aber nur, wenn die Deutsche Bank ebenfalls einen solchen Schritt tue. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat jedoch wiederholt betont, dass er eine Kapitalaufstockung nicht für nötig hält und einen Einstieg des Staates ablehnt. Französische Banken fürchten eine Wettbewerbsverzerrung, wenn die Deutsche Bank nicht dieselben Vorgaben erfüllen muss. Die Deutsche Bank wollte sich am Samstag nicht weiter dazu äußern.
Wie Meister dringt auch die Bundesregierung darauf, dass im Notfall alle Banken ihr Kapital erhöhen müssen. Anders als die französische Seite will man Kreditinstituten jedoch zunächst die Möglichkeit geben, den bei einer Euro-Zonen-weiten Regelung nötigen zusätzlichen Finanzbedarf über den privaten Sektor zu decken. Bundeskanzlerin Merkel will ihrerseits eine schnelle Entscheidung der Europäer und hat angedeutet, dass sie eine Kapitalaufstockung für nötig hält, um das Vertrauen wieder herzustellen.
Irland: Kapitalbedarf deutlich über 100 Milliarden Euro

Irlands Finanzminister Noonan will selbst ins "Füllhorn" des EFSF greifen. 44 Mrd. Euro für die Rettung der Anglo Irish Bank sollen abgewälzt werden.
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Der irische Finanzminister Michael Noonan sagte, es herrsche weitgehend Einverständnis darüber, dass der Kapitalbedarf der europäischen Banken deutlich über 100 Milliarden Euro liegen dürfte. Die Institute würden verschiedene Wege beschreiten, um sich abzusichern. Er gehe davon aus, dass sich einige deutsche Banken das nötige Geld auf dem Privatmarkt besorgen, andere wollten sicherlich auf den Rettungsfonds EFSF oder staatliche Hilfen zurückgreifen, sagte er am Samstag am Rande einer Wirtschaftskonferenz in Dublin.
Bundesregierung, Meister und Poß betonen, dass eine klare Reihenfolge beachtet werden müsse: So müssten die Banken zunächst selbst versuchen, ihr Eigenkapital aufzustocken. Sollte dies nicht gelingen, müssten die jeweils zuständigen Nationalstaaten helfen. Nur falls diese dazu nicht in der Lage seien, solle der reformierte Euro-Rettungsschirm EFSF zum Einsatz kommen. EU-Kreisen will Frankreich dagegen sofort den EFSF einsetzen, was das französische Finanzministerium allerdings dementiert hat. Wirtschaftsminister Philipp Rösler bekräftigte die Linie von Bundeskanzlerin Merkel. "Der Rettungsschirm kann künftig in letzter Instanz Kredite an Staaten geben, damit diese ihre Banken rekapitalisieren können", sagte Rösler der "Welt am Sonntag".
Poß: Einheitliches Vorgehen zwingend
Der Vorsitzende des Finanzmarktgremiums des Bundestages, Florian Toncar (FDP), verlangte ebenfalls rasche Entscheidungen. Die Nervosität steige, sagte er dem "Euro am Sonntag". Der Euro-kritische FDP-Abgeordnete Frank Schäffler sprach sich gegen weitere Banken-Hilfen aus. Institute in Schieflage müssten mit einem normalen Insolvenzverfahren abgewickelt werden, sagte er "Handelsblatt Online".
Aus der SPD und der Linkspartei kamen Forderungen nach einer stärkeren staatlichen Beteiligung an Banken. "Wenn es zu staatlichen Hilfen kommt, dann muss es auch entsprechende staatliche Beteiligungen an den Banken geben", betonte der Poß. "Für eine Zustimmung der SPD ist ein einheitliches Vorgehen zwingende Voraussetzung." Linkspartei-Chef Klaus Ernst sagte der "Leipziger Volkszeitung", er sei dafür, dass der Staat Banken, die sich mit Staatsanleihen verspekuliert hätten, "zwangsweise mit Kapital versorgt und dafür auf Dauer Eigentümerrechte erwirbt".
Quelle: ntv.de, rts