Aktionäre verlangen Milliarden Neue Gewitter ziehen über VW auf
16.09.2016, 19:28 Uhr
Die Aktionäre verlangen Schadenersatz für den Kursverlust ihrer Papiere.
(Foto: dpa)
Volkswagen kommt nicht zur Ruhe. 1000 Kleinaktionäre und mehr als 700 Investoren verlangen im Zuge der Abgaskrise Geld von den Wolfsburgern. Dem Konzern kommen zudem Klagen von Autokäufern zu.
In der Abgasaffäre kommt auf Volkswagen offenbar neues Ungemach zu. Laut "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR fordern Tausende Aktionäre mehr als acht Milliarden Euro Schadenersatz von dem Autokonzern. Bei den Klägern soll es sich um mehr als 5500 Kleinaktionäre und mehr als 1100 größere Investoren handeln.
Derzeit gingen beim Landgericht Braunschweig zahlreiche neue Schriftsätze mehrerer Kanzleien ein. Anfang kommender Woche will dem Bericht zufolge der Tübinger Anleger-Anwalt Andreas Tilp Klagen im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro einreichen. Dadurch soll das Verjähren von Ansprüchen vermieden werden.
Laut den berichten werfen die in Braunschweig klagenden Aktionäre Europas größtem Autobauer vor, die Anleger viel zu spät über die Manipulationen informiert zu haben. Nun wollen sie Schadenersatz für den Kursverlust ihrer Papiere. Tilp hatte bereits vor einem halben Jahr ersten Klagen über 3,25 Milliarden Euro eingereicht. VW weist die Vorwürfe zurück.
Weitere neue, umfangreiche Klagen kommen dem Bericht zufolge zudem von der Kanzlei Nieding und Barth. Diese summierten sich auf 2,8 Milliarden Euro. Dahinter stünden mehr als 4500 Kleinaktionäre und mehr als 400 große Investoren, darunter Pensionsfonds aus den USA, Versicherungen und Investmentgesellschaften aus den arabischen Emiraten.
"Konzern darf nicht ausbluten"
Die Klagen der Diesel-Pkw-Käufer will der US-Anwalt Michael Hausfeld international Schadensersatzklagen koordinieren. Mitte Oktober will der Jurist Kollegen aus Europa, Australien und Neuseeland seine Pläne vorstellen. Hausfeld und andere Anwälte haben in den USA bereits Schadenersatzzahlungen durchgesetzt. Allerdings ging es dort lediglich um 500.000 VW-Kunden. In Europa besitzen um 8,5 Millionen Käufer Volkswagen mit Schummel-Software.
Dagegen strebt dem Bericht zufolge Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Konzern an. Seine Kanzlei kooperiere mit der gemeinnützigen niederländischen Stiftung Car Claim (Auto-Klage), bei der sich bereits 100.000 VW-Kunden aus Europa registrieren ließen, hieß es. "Wir müssen zu einer vernünftigen Einigung mit VW kommen", sagte er. Man müsse im Auge haben, "dass der Konzern nicht ausblutet".
Ministerium löschte "Tretminen"
Unterdessen berichtet der "Spiegel", dass Beamte des Bundesumweltministeriums frühe Hinweise auf Abgas-Manipulationen bei Dieselfahrzeugen gelöscht hätten. So strichen Ministerialbedienstete 2008 Passagen aus einem Konzept für ein neues Überwachungssystem von Fahrzeugen, das Mitarbeiter des Umweltbundesamt erstellt hatten. Darin wurde den Angaben zufolge erläutert, wie Einrichtungen funktionieren, mit denen die Motorsteuerung im Testzyklus auf dem Rollenprüfstand die Abgasreinigung hochfährt, damit die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide nicht überschritten werden. Ein Beamter notierte an diesen Stellen des Dokuments demnach handschriftlich "Tretminen". Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums wollte den Bericht am Freitag nicht kommentieren. Er wies darauf hin, dass das Ministerium in den vergangenen Jahren viel unternommen habe, um "Änderungen im Abgasbereich herbeizuführen".
Der Abgas-Skandal bei VW war vor einem Jahr bekanntgeworden. Inzwischen steht fest, dass Volkswagen weltweit elf Millionen Dieselautos manipuliert hat. In der Folge wurde auch die Abgasreinigungen anderer Hersteller untersucht. Das Papier aus dem Umweltbundesamt stammt aus einer Zeit, als die Verkehrsabteilung von Axel Friedrich geleitet wurde, der später auch an der Aufdeckung des VW-Skandals beteiligt war. Bundesumweltminister war damals Sigmar Gabriel, Staatssekretär war Matthias Machnig.
Quelle: ntv.de, wne/dpa