Eurobonds "nicht ausschließen" Oettinger attackiert die Kanzlerin
03.12.2011, 11:28 Uhr
"Eurobonds kann es nicht geben."
(Foto: REUTERS)
Mit der Ablehnung gemeinsamer Staatsanleihen starker und schwacher Euro-Staaten steuert die Bundesregierung zunehmend in die Isolation. Selbst in den Reihen der CDU wachsen die Zweifel. Von seinem Arbeitsplatz in Brüssel aus übt Energiekommissar Oettinger scharfe Kritik am Kurs der Kanzlerin.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bleibt beim Thema Eurobonds bei einem strikten Nein. Eine Vergemeinschaftung der Haftung sei nach den europäischen Verträgen ausgeschlossen, sagte Schäuble im Interview mit der "Passauer Neuen Presse".
Allen Forderungen nach einem Kurswechsel der Bundesregierung in dieser Frage erteilte er eine klare Absage. "Eurobonds kann es nicht geben. Die deutsche Volkswirtschaft wäre überfordert, wenn wir für die Schulden aller Staaten garantieren sollten."
In Europa müssten die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts durchgesetzt werden. Insbesondere dürfe die Verschuldung nicht dauerhaft über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. "Die Defizitregel von 3 Prozent muss gewahrt werden. Eine europäische Institution muss dafür sorgen, dass Haushalte der Mitgliedsstaaten dementsprechend angepasst werden, wenn sie den bestehenden Regeln nicht entsprechen. Wir benötigen für diese Punkte schnelle Vertragsänderungen."
Umbau unter Zeitdruck und Beobachtung
Schäuble mahnt die Durchsetzung einer "Stabilitätsunion" mit Instrumenten zur Umsetzung der Regeln an. "Wir müssen zeigen, dass eine gemeinsame Währung von 17 Staaten funktionieren kann. Wenn wir eine echte, stabile und nachhaltige Fiskalunion in Europa erreicht haben, hätten wir eine völlig neue und andere Situation."
Darüber hinaus forderte Schäuble einen in jedem einzelnen Land der Eurozone. "Jedes dieser Länder sollte den Teil seiner Schulden, der 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet, in einem speziellen Fonds ausweisen und mit eigenen Steuereinnahmen unterlegen. Im Zeitraum von 20 Jahren müssen die Schulden auf 60 Prozent zurückgeführt werden." Deutschland erfülle derzeit die Anforderungen der Schuldenbremse voll. Daher wäre es falsch, noch im Haushalt vorzunehmen.
Oettinger kritisiert die Bundesregierung
Mit ihrer harten Haltung zum Thema Eurobonds sehen sich Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel zunehmend isoliert. Auch aus den eigenen Reihen werden zunehmend Stimmen laut, den stärker verschuldeten Euro-Staaten in dieser Frage entgegenzukommen. Offene Kritik an der ablehnenden Haltung der Bundesregierung zu gemeinsamen europäischen Staatsanleihen äußerte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger. "Eurobonds kann man nicht kategorisch ausschließen. Es kann sein, dass sie notwendig werden", sagte der CDU-Politiker der "Welt".

Niemand legt schon zum Auftakt einer Verhandlungsrunde alle Karten auf den Tisch: Günther Oettinger (Archivbild).
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Eurobonds könnten "einen Schlussbaustein bilden nach und neben den Konsolidierungsmaßnahmen und den Veränderungen im Vertrag von Lissabon", erklärte Oettinger. Der Energiekommissar äußerte die Hoffnung, dass Kanzlerin Merkel ihre Position noch ändern wird. Niemand lege schon zum Auftakt einer Verhandlungsrunde alle Karten auf den Tisch.
Die EZB nicht zur Fed machen
Oettinger forderte begrenze Vertragsänderungen mit dem Ziel, Schuldensünder automatisch mit Sanktionen zu belegen. "Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, den Europäischen Gerichtshof anzurufen", sagte er. Spätestens im April müsse klar sein, welche Änderungen vorgenommen werden.
Zugleich warnte der Energiekommissar davor, die Europäische Zentralbank nach dem Vorbild der amerikanischen Notenbank umzugestalten. "Der Aufkauf von Staatsanleihen sollte eng begrenzt, gedeckelt und auf Zeit erfolgen. Die EZB darf sich nicht in eine europäische Federal Reserve verwandeln", sagte er.
Quelle: ntv.de, rts