Wirtschaft

"Keinen Cent für unsere Beerdigung" Opel lässt Bochum zappeln

Auf der Betriebsversammlung fordert Kraft die Mitarbeiter zur Offensive auf.

Auf der Betriebsversammlung fordert Kraft die Mitarbeiter zur Offensive auf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Bangen der Opel-Belegschaft um ihre Jobs schlägt in Wut um. Noch immer ist unklar, ob GM die Bochumer Fabrik nach 2014 schließen wird. Der Betriebsratschef geht Opel-Chef Stracke scharf an. Ein Arbeiter droht, falls es zur Schließung komme, "brennt zehn Minuten später die Ruhr". NRW-Ministerpräsidentin Kraft schlägt sich auf die Seite der Opelaner. 

Die 3300 Opel-Beschäftigten in Bochum müssen weiter um ihre Arbeitsplätze bangen. Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke gab den Arbeitnehmern auf einer Betriebsversammlung nicht die ersehnte Zusicherung, dass die Fabrik in der strukturschwachen Ruhrgebietsstadt erhalten bleibt. "Wir wollen in die Gewinnzone kommen", bekräftigte der Chef des verlustreichen Autobauers. Über die Zukunft der europäischen Werke soll der Aufsichtsrat am 28. Juni entscheiden. Bis dahin will das Opel-Management mit den Arbeitnehmern weitere Einsparungen aushandeln, um die GM-Tochter profitabel zu machen.

Stracke bestritt, dass es Pläne gebe, die Produktion des Kompakt-Vans Zafira aus Bochum ins Stammwerk nach Rüsselsheim zu verlagern. "Ich habe Rüsselsheim nicht den Zafira aus Bochum angeboten." Nach der Entscheidung, den Kompaktwagen Astra künftig nur noch in Ellesmere Port in Großbritannien und Gleiwitz in Polen bauen zu lassen, hatten Spekulationen über eine Verlagerung der Astra-Fertigung nach Rüsselsheim Auftrieb erhalten. Stracke bekräftigte, Opel werde sich an den Standortsicherungsvertrag für halten, der betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen bis Ende 2014 ausschließt.

Einenkel attackiert Stracke

Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel hatte das Management zu Beginn der Betriebsversammlung scharf kritisiert. Die Entscheidung, die Produktion des Kompaktwagens Astra ins Ausland zu verlagern, sei verhängnisvoll. "Das werden Sie bei den Verkaufszahlen in Deutschland merken", sagte er zu Stracke. Bochum habe nach den offiziellen Werkszahlen den höchsten Qualitätsstandard und derzeit auch die beste Produktivität im Verbund. Trotzdem werde der Standort schlecht geredet. "Das ist schmutzig", sagte Einenkel.

Der Betriebsratschef betonte die Kampfbereitschaft der Belegschaft. Die Arbeitnehmer seien zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit. "Wir zahlen keinen Cent für unsere Beerdigung." Der Betriebsrat verlange einen Unternehmensplan, der allen Werken eine Perspektive gebe. Falls Opel die Schließung des Standorts ankündigen sollte, "brennt zehn Minuten später die Ruhr", drohte ein Opel-Mitarbeiter. "Wir sind schließungsresistent."

Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft fordert eine Offensive für das Bochumer Werk. Opel in Bochum solle nicht in der Defensive verharren, sondern die Vorteile des Standortes deutlich machen, sagte sie bei der Belegschaftsversammlung. "Bochum verfügt über hochqualifizierte Mitarbeiter und ein dichtes Netzwerk von Zulieferern", betonte Kraft. "Wir waren und wir sind hier nicht die billigsten (...), aber die Mitarbeiter hier können Qualität bauen." Nicht zuletzt sei NRW eine der dichtesten und kaufkräftigsten Regionen in Europa. "Wer hier als Marke Fuß fassen will, muss sich auch für den Standort positionieren."

Kraft will "Flagge zeigen"

Kraft verlangte vom Opel-Management zudem klare Aussagen zur Zukunft des Werks. Sie sei sich mit den anderen Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Opel-Werken einig, sich nicht auseinander dividieren zu lassen. "Wir werden Flagge zeigen", kündigte Kraft an.

Beschäftigten verliehen ihrer Wut auf der Betriebsversammlung mit Pfeifkonzerten Ausdruck. "Ich bin stinksauer", sagte der langjährige Opel-Beschäftigte Reinhard Ostermann. "Das ist dieselbe Hängepartie wie seit zehn Jahren." Bochum werde ständig gegen andere Werke ausgespielt, ergänzte der 59-Jährige. "Die hundertste Beschwichtigung ist eine zu viel", meinte auch Gabi Gärtner, Ehefrau und Schwester von Opel-Beschäftigten.

Das Familienleben leide unter dem ständigen Bangen um den Job. "Das ist eine Atmosphäre, an der man kaputt geht." Die Bochumer Beschäftigten sollten sich an ihre eigene Kraft erinnern, meinte sie. 2004 habe das Werk schon einmal erfolgreich gestreikt.

Quelle: ntv.de, dpa, rts

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