Wirtschaft

Planspiele für Produktionsverlagerung? Opel streitet mit Betriebsrat

Opel- Betriebsratschef Rainer Einenkel fürchtet weitere Produktionsverlagerungen und ein Aus für das Bochumer Werk.

Opel- Betriebsratschef Rainer Einenkel fürchtet weitere Produktionsverlagerungen und ein Aus für das Bochumer Werk.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach der Verlagerung der Astra-Produktion nach Polen und Großbritannien fürchten die Opel-Betriebsräte um die deutschen Werke: Angeblich soll es Planspiele für weitere Produktionsverlagerungen beim Modell Corsa in Eisenach und beim Zafira in Bochum geben – dem Ruhrgebietswerk droht damit möglicherweise das Aus. Die Betriebsräte wollen Widerstand leisten.

Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke droht bei seinem Besuch der Belegschaftsversammlung im Bochumer Werk ein heißer Empfang: Der Betriebsrat will den Vorstand zur Rede stellen und fordert eine Zusage, dass das Familienauto "Zafira" für die gesamte Laufzeit des Modells im Bochumer Werk bleibt. Hintergrund der Forderung sind immer größer werdende Sorgen um Produktionsverlagerungen in der Belegschaft. Weil der "Astra", das mit Abstand wichtigste Opel-Modell, von 2015 an nur noch in Polen und Großbritannien gefertigt werden soll, werden weitere Verlagerungen befürchtet. "Wir haben nun zusätzliche Beweise gesammelt, die Vorkehrungen für eine Zafira-Produktion in Rüsselsheim belegen", sagte Bochums Betriebsratschef Rainer Einenkel der "Wirtschaftswoche". Die Belege sollten am Montag vorgelegt werden. Sollte Bochum die Produktion des "Zafira" an das Stammwerk in Rüsselsheim verlieren, könnte dies nach Einenkels Befürchtungen das Aus für das Ruhrgebiets-Werk bedeuten.

Opel betonte bereits im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Belegschaftsversammlung, dass man zu allen bisherigen Zusagen wie dem Standortsicherungs-Vertrag stehe. Demnach sind bis Ende 2014 keine Werksschließungen und keine betriebsbedingten Kündigungen möglich. Allerdings gibt es offenbar noch keine Entscheidung darüber, wie die Zukunft des Werks in Bochum nach 2014 aussehen wird. In dem Werk arbeiten 3200 Frauen und Männer. An der Versammlung wollen nach früheren Angaben auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (beide SPD) teilnehmen.

Opel bekommt beim Sparkurs Gegenwind

Einenkel sorgt sich vor allem um das Bochumer Werk: Ähnlich wie bei der Verlagerung der "Astra"-Produktion soll Opel auch beim "Zafira" eine Produktionsverlagerung in ein kostengünstigeres Werk ausgelotet haben. "Auslöser unserer Sorgen war der Vorstand selbst, der in Rüsselsheim die Bochumer Produktion angeboten hat", sagte der Bochumer Betriebsratschef. Opel dementierte dies umgehend: "Das war nicht ein einziges Mal Gegenstand der Verhandlungen in Rüsselsheim", ließ Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke über einen Sprecher mitteilen.

Vom Vorstand fordert Einenkel, "Planspiele" über eine Produktionsverlagerung an kostengünstige Standorte unverzüglich einzustellen. "Man hat an allen Standorten den gleichen Katalog vorgelegt wie in Ellesmere. In Rüsselsheim hat man im Januar angeboten, wenn das akzeptiert wird, könnt ihr den "Zafira" bekommen ab dem Jahr 2015", erklärte Einenkel weiter. Der Betriebsrat in Rüsselsheim habe dieses Angebot aber abgelehnt. Der Katalog sehe Verzicht auf Lohnerhöhungen und Tarifleistungen, einen verstärken Einsatz von Leiharbeitern und weitere Auslagerungen von Tätigkeiten sowie auch eine "totale Flexibilisierung" der Arbeitszeit vor. "Wir werden das nicht zulassen, dass wir gegenseitig ausgespielt werden", betonte der Bochumer Betriebsratschef. In Rüsselsheim gibt es nach früheren Angaben Gespräche über eine zukünftige Auslastung. Der "Astra"-Fünftürer wird seit dem August des vergangenen Jahres im "Insignia"-Werk Rüsselsheim gefertigt.

Und auch in Eisenach droht den Opel-Mitarbeitern möglicherweise eine Produktionsverlagerung: Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" vorab berichtete, lässt Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke intern prüfen, die Fertigung des Kleinwagens Corsa zum Modellwechsel nach dem Jahr 2014 aus Thüringen ins spanische Saragossa  zu verlegen. Der Betriebsrat des Eisenacher Werks sieht die Umbaupläne von Opel allerdings gelassener als seine Bochumer Kollegen. "Es gibt einen Vertrag, der die Produktion des Kleinwagens "Corsa" auch nach dem Modellwechsel im Thüringer Werk sichert", sagte der Eisenacher Betriebsratsvorsitzende Harald Lieske. Zum Modellwechsel in zwei Jahren würde die Produktion im spanischen Saragossa zwar aufgestockt, das Thüringer Werk werde jedoch noch 28 Prozent aller "Corsa" produzieren.

Opel-Mitarbeiter wollen Sanierungsbeitrag kürzen

Das Opel-Management steht im Streit um mögliche Verlagerungen der Produktion schwer in der Kritik. "Seit Monaten gibt es immer wieder Berichte von Mitarbeitern, dass die Konzernspitze hinter dem Rücken der Bochumer Belegschaft die Verlagerung der Zafira-Produktion vorbereitet", sagte Einenkel. Als Reaktion droht die deutsche Opel-Belegschaft damit, ihren Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu kürzen. Dies sei die logische Konsequenz aus der Bereitschaft der britischen Kollegen, das Modell Astra billiger zu produzieren, sagte Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug der "Welt am Sonntag".

"Wir haben uns darauf verständigt, dass die Beschäftigten aller europäischen Werke einen Sanierungsbeitrag von jährlich 265 Mio. Euro leisten", erklärte Schäfer-Klug. "Wenn die britischen Kollegen unter anderem durch Abstriche bei den Löhnen mehr dazu aufbringen als vereinbart, dann bedeutet das, dass wir hier in Deutschland weniger zahlen müssen. Und das werden wir."

Die Opel-Mutter General Motors hatte am Donnerstag entschieden, den Golf-Konkurrenten Astra aus Kostengründen ab 2015 nicht mehr in Rüsselsheim, sondern in Großbritannien und in Polen zu bauen. Das Unternehmen leidet ähnlich wie Renault, Peugeot Citroen oder Fiat unter der Absatzkrise in Südeuropa.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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