Chinesischer Börsencrash Peking schiebt Fed die Schuld in die Schuhe
26.08.2015, 07:29 UhrDie herkömmliche Erklärung geht so: Chinas Wirtschaft wächst langsamer. Investoren werden vorsichtiger. Als die Zentralbank nicht die erwarteten Maßnahmen ergreift, geraten Anleger in Panik. Chinas Zentralbank hat allerdings eine andere Version.
Chinas Notenbank macht die US-Zinspolitik für die jüngsten Turbulenzen an den weltweiten Aktienmärkten verantwortlich. Die Aussicht auf eine Zinserhöhung durch die Fed habe die jüngsten Ausschläge an den Börsen ausgelöst, sagte der Chef der Forschungsabteilung der chinesischen Zentralbank, Yao Yudong, einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge.
Die Aktienmärkte in Asien, Europa und den USA waren am Montag eingebrochen. Begonnen hatte die Talfahrt in China. Dort hatten die Börsen von Ende vergangenen Jahres bis Mitte Juni diesen Jahres zunächst nahezu ununterbrochen steigende Kurse verzeichnet. In den vergangenen Wochen waren jedoch bereits die Gewinne zum Großteil wieder zusammengeschmolzen, als sich mehr und mehr abzeichnete, dass China sein enormes Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre nicht wird halten können.
Diese Woche kam es dann zu einem heftigen Einbruch. Am Montag war der Leitindex in Shanghai um mehr als acht, am Dienstag noch einmal mehr als sieben Prozent eingebrochen. Die meisten Beobachter führten diesen Crash darauf zurück, dass die chinesische Regierung und die Zentralbank zunächst nicht in dem von den Anlegern erwarteten Ausmaß, Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur und der Finanzmärkte ergriffen. Am Dienstagabend verkündete die Zentralbank schließlich eine Zinssenkung, woraufhin sich die Kurse an den Börsen zu Handelsbeginn am heutigen Mittwoch stabisilierten.
Schwellenländer fürchten US-Zinswende
In den USA wird unterdessen seit Monaten über eine mögliche Zinserhöhung spekuliert. Seit Jahren liegt der Leitzins in der größten Volkswirtschaft der Welt nahezu bei Null. Die Notenbank Federal Reserve hat mehrfach angedeutet, dass sie die Lage der US-Wirtschaft für gut genug hält, um ihre extrem lockere Geldpolitik zu ändern und den Märkten Liquidität zu entziehen.
Eine Zinserhöhung der Fed dürfte keineswegs nur die US-Märkte beeinflussen. Vor allem die großen Schwellenländer befürchten, dass die bald zu erwartende Fed-Entscheidung zu Kapitalabflüssen an ihren Finanzmärkten derzeit ohnehin unter Druck stehenden Finanzmärkten führen wird. Die Liquiditätsschwemme in Europa und den USA hatte in den vergangenen Jahren zudem unter anderem die Rohstoffpreise extrem in die Höhe getrieben und dadurch vielen Volkswirtschaften in Asien und Lateinamerika zu schnellem Wachstum verholfen.
Auch wenn die Fed noch keinen Zeitpunkt für ihre Zinserhöhung verkündet hat, ist die Grundsatzentscheidung bereits seit Monaten bekannt. Dass die Aussicht darauf Anleger am Montag in China plötzlich in Panik versetzte, darf als unwahrscheinlich gelten.
Quelle: ntv.de, mbo/rts