Nächstes Kapitel in BayernLB-Saga Prozess gegen Banken-Cheflobbyist beginnt
26.01.2014, 12:02 Uhr
Den Überblick zu behalte, ist schwierig: In München beginnt ein weiterer BayernLB-Prozess.
(Foto: REUTERS)
Der Beinahe-Zusammenbruch der Bank Hypo Alpe Adria hat Bayern und Österreich Milliarden gekostet. Beinahe alle Beteiligten haben sich inzwischen mit Prozessen überzogen. Nun beginnt ein weiteres Verfahren - in Teilen gegen den Gerichtswillen.
Wegen des Verdachts der Untreue und Bestechung müssen sich ab dem morgigen Montag sieben ehemalige Vorstände der BayernLB vor dem Münchner Landgericht verantworten. Dabei geht es um den Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria. Die Staatsanwaltschaft wirft den Vorständen vor, 550 Millionen Euro zuviel gezahlt zu haben. Zudem soll die Führungsriege der BayernLB dem damaligen Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, 2,5 Millionen Euro Sponsorengelder für ein Fußballstadion zugesteckt haben, damit dieser dem Verkauf der in Kärnten ansässigen Hypo Alpe Adria zustimmt (HGAA). Haider starb 2008.
Nach dem Kauf der HGAA hätten sie dann weitere Anteile an der Bank zu überzogenen Preisen erworben, weil die neue Tochter Kapitalbedarf hatte. Das bayerische Institut zahlte knapp 1,7 Milliarden Euro für gut die Hälfte der Hypo-Anteile und legte später noch einmal 74 Millionen Euro für weitere drei Prozent der Aktien drauf.
Oberlandesgericht ordnete Prozess an
Unter den sieben Angeklagten sind auch die beiden früheren BayernLB-Chefs Werner Schmidt und Michael Kemmer. Dabei richtet sich das Interesse vor allem auf Kemmer. Denn der Manager ist Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken. Bis zum Jahresende hat die 6. Strafkammer mehr als 70 Verhandlungstage eingeplant und unzählige Zeugen geladen - darunter auch die frühere bayerische Polit-Prominenz. Mehr als 180 Journalisten, Fotografen und Kameraleute haben sich für den Prozess angemeldet.
Allerdings hatte das Landgericht einen Großteil der Anklage von vornherein als unplausibel vom Tisch gewischt und wollte diesen gar nicht erst zur Verhandlung zulassen. Doch die Staatsanwaltschaft protestierte beim Oberlandesgericht. Und auf dessen Geheiß muss sich die Strafkammer unter ihrem Vorsitzenden Joachim Eckert nun doch mit fast allen Vorwürfen befassen. Der Widerwillen des Landgerichts sei ein gutes Zeichen für die Angeklagten, sagen die einen. Andere entgegnen: Die höhere Instanz habe den rangniederen Richtern die Marschrichtung zugunsten der Anklage vorgegeben.
Etliche weitere Prozesse
Der 1,6 Milliarden Euro teure Kauf brachte die BayernLB in eine finanzielle Schieflage. Insgesamt hat die bayerische Staatsbank fast vier Milliarden Euro verloren. Gegen die sieben Banker klagt in einem schon laufenden Verfahren die Bank selbst und fordert 200 Millionen Euro wegen der Verluste in Kärnten. Drei von ihnen - darunter Kemmer - könnten aber nach Aussagen des Landgerichts München in dem laufenden Verfahren aus dem Schneider sein, weil die BayernLB sie bei ihrem Abschied pauschal von der Verantwortung für mögliche Schnitzer befreit habe
Zudem will die Bank auch von ihren früheren Chefaufsehern Schadenersatz wegen angeblicher Fahrlässigkeit. Sie verklagte den Ex-Chef des bayerischen Sparkassenverbandes und ehemaligen BayernLB-Verwaltungsratschef Siegfried Naser und dessen damaligen Stellvertreter Kurt Faltlhauser, der als bayerischer Finanzminister in dem Gremium saß. Die Hürden dürften höher sein als im Schadenersatzprozess gegen die Vorstände, weil die Verwaltungsräte nicht für das operative Geschäft zuständig waren. Die beiden Verfahren gegen Naser und Faltlhauser ruhen, da die Gerichte den Ausgang der übrigen Prozesse abwarten wollen.
Angestellte wollen Versorgungsansprüche zurück
Schließlich hat das Landgericht München einen Schmiergeldprozess
Auch von Ecclestone will die BayernLB ihr Geld zurück. Nach Medienberichten arbeitet die Bank an einer Klage auf 400 Millionen Dollar, die sie im Januar in England einreichen will. Die Bank geht davon aus, dass sie wegen der Machenschaften zwischen Ecclestone und Gribkowsky ihre aus dem Kirch-Imperium geerbten Formel-1-Anteil zu billig an den Finanzinvestor CVC verkauft hat.
Zudem steht auch eine Massenklage von Angestellten gegen die BayernLB im Raum. Nach Medienberichten wehren sich 250 Mitarbeiter dagegen, dass sie 2009 ihre beamtenähnliche Versorgung aufgeben mussten. Die Landesbank hatte die Privilegien für 2200 Mitarbeiter gestrichen. Gegen Zahlung einer Prämie wechselten die meisten in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge - andere aber klagten und bekamen vor Gericht Recht. Nun füheln sich viele Wechsler getäuscht.
Darüber hinaus klagen rund 40 Banker auf Zahlung von Boni, die in den Krisenjahren gestrichen wurden. Das Begehren löste großes Stirnrunzeln in der neuen Führung der Bank aus. Ein Sprecher der Bank sagte dem "Manager-Magazin", der Vorstand habe kein Verständnis für dieses Vorgehen, weil es sich hier auch um solche Jahre handele, "in denen sich die BayernLB in größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, Verluste auswies und vom bayerischen Steuerzahler gerettet werden musste".
Österreich vs. EU-Kommission
Schließlich streiten sich die BayernLB und die Hypo streiten um mehr als vier Milliarden Euro. Mit dem Geld hatte das deutsche Institut seine damalige Tochter gestützt. Nun geht es darum, ob die Hypo diesen Kredit normal zurückzahlen oder ihn wegen ihrer Krise vorläufig als Eigenkapitalzuschuss behalten darf. Von der Summe hat die Hypo allerdings bereits Teil nach München überwiesen - will nun aber nicht weiterzahlen und das Geld zurück. Die BayernLB klagt indes auf Zahlung des Restbetrags. Das Landgericht München erklärte sich in dem Prozess nur für einen Teil der gegenseitigen Forderungen zuständig und nannte für andere Teile Wien als Gerichtsstand.
Und auch der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg muss sich mit den Banken befassen. Beim Ausstieg aus der Hypo 2009 hatte die BayernLB ein Darlehen von 2,6 Milliarden Euro in der Bank gelassen, um deren Fortbestand zu sichern. Im Gegenzug erhielt sie vom österreichischen Staat eine Garantie. Die EU-Kommission segnete diese ab. Dadurch aber fürchtet Österreich, für den Milliardenbetrag geradestehen zu müssen. Denn mittlerweile vertritt man in Wien die Ansicht, dass die Hypo das Geld nicht an die BayernLB zurückzahlen müsse. Deshalb verklagt Österreich die EU-Kommission, um diesen Abschnitt aus dem Beihilfebeschluss zu streichen.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ