Westerwelle für Art Stiftung Warentest S&P und Co. in Schusslinie
17.01.2012, 08:16 Uhr
S&P hat auch den EFSF nicht verschont.
(Foto: dapd)
Deutschlands Außenminister Westerwelle findet in diesen Tagen sein Thema - die Eindämmung der Macht der US-Ratingagenturen. Er verlangt ein überparteiliches europäisches Institut. Dagegen sieht EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen hinter den Herabstufungen des Rettungsschirms EFSF und neun Euro-Ländern durch S&P keine politischen Motive.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat eine europäische Ratingagentur nach dem Vorbild der unabhängigen Stiftung Warentest gefordert. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erklärte der FDP-Politiker, er werde dazu Gespräche mit seinen europäischen Amtskollegen aufnehmen. Es sei "höchste Zeit", den anglo-amerikanischen Ratingagenturen mehr Wettbewerb entgegenzusetzen. Diese räumten selbst ein, dass sie auch politische Bewertungen vornähmen.
Deutschland habe sehr gute Erfahrungen mit der Stiftung Warentest gemacht, die große Glaubwürdigkeit genieße, führte Westerwelle aus. "Niemand stellt ihre Unparteilichkeit, ihr Urteilsvermögen und ihre Staatsferne in Zweifel." Deshalb sollte die Idee einer solchen Stiftung ein Beispiel sein, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu benoten.
Westerwelle geht nicht davon aus, dass auf Deutschland größere Verpflichtungen bei der Euro-Rettung zukommen, nachdem seine Top-Bonität verloren hat. Es bleibe bei der verabredeten Lastenteilung in Europa, sagte er.
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sieht hinter der Herabstufung mehrerer Euro-Länder durch Standard & Poor's (S&P) keine politischen Motive. Spekulationen, die Agentur könne auf Druck der US-Regierung gehandelt haben, gingen in Richtung einer Verschwörungstheorie, sagte Asmussen der "Bild"-Zeitung. "Im Übrigen lassen sich solche Vermutungen schon leicht durch den Hinweis entkräften, dass die USA selbst im vergangenen Jahr von einer amerikanischen Ratingagentur herabgestuft wurde", sagte Asmussen.
. Die Bonität werde nur noch mit der zweitbesten Note AA+ eingestuft, teilte die Agentur in Washington mit. Der EFSF wies unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung von S&P darauf hin, dass die beiden anderen Bonitätswächter, Moody's und Fitch, den Fonds weiterhin mit dem Spitzenrating bewerteten.
Juncker bleibt gelassen
Die Euro-Länder sehen laut Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker auch nach der Herabstufung keinen Engpass bei der Kreditvergabe an taumelnde Schuldensünder. "Die Entscheidung von S&P wird die Ausleihkapazität des EFSF von 440 Milliarden Euro nicht verringern", äußerte der Luxemburger Regierungschef. Der Rettungsfonds verfüge über ausreichend Geld, um die laufenden und geplanten Hilfsprogramme - für Portugal, Irland und Griechenland - zu stemmen.
Über die Konsequenzen der Entscheidung würden die Euro-Finanzminister beraten. Bei ihrem Treffen am 23. Januar in Brüssel werden die Minister voraussichtlich über politische Maßnahmen diskutieren. Juncker wies darauf hin, dass bereits im Sommer der EFSF-Nachfolger ESM am Start sein wird. Aufgrund seines Eigenkapitals hänge er weniger vom Rating der Euro-Staaten ab. Im März würden die Minister entscheiden, ob die geplante Ausstattung von 500 Milliarden Euro für den ESM ausreiche.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/rts