Wirtschaft

Linke will Bankbilanzen prüfen Schäuble sucht den Schuldigen

Das hat gerade doch gefehlt: Pannen in der Bad Bank erschüttern das Vertrauen.

Das hat gerade doch gefehlt: Pannen in der Bad Bank erschüttern das Vertrauen.

(Foto: dpa)

Der monströse Milliardenfehler in den Büchern der HRE-Bad-Bank schlägt hohe Wellen: Finanzminister Schäuble fahndet nach den Ursachen - und nach einem Namen, der als letztendlich verantwortlich präsentiert werden kann. Die Linke fordert eine Sonderprüfung aller Bankbilanzen der letzten Jahre. Die Bilanzregeln öffneten Bilanztricks "Tür und Tor".

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Vorstände der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) und ihrer Abwicklungsanstalt, der sogenannten "Bad Bank", zum Rapport bestellt. Grund ist die jüngst bekannt gewordene Fehlbuchung von 55,5 Mrd. Euro.

Nachrechnen lohnt sich: Die Staatsverschuldung sinkt.

Nachrechnen lohnt sich: Die Staatsverschuldung sinkt.

(Foto: dapd)

Für die kommende Woche sei ein Vorstand der HRE zu einem Termin ins Finanzministerium gebeten worden, berichtete der "Spiegel". In der darauffolgenden Woche solle ein Vorstand der Bad Bank bei Schäuble erscheinen. Die Abwicklungsanstalt der HRE firmiert unter dem Namen " ".

Der deutsche Finanzminister wolle von beiden wissen, hieß es, wie es zu den Bilanzfehlern kommen konnte. Das interessiert mittlerweile nicht nur die Opposition, sondern auch große Teile der Öffentlichkeit. Schließlich verwaltet die Abwicklungsanstalt im staatlichen Auftrag ein Volumen von ursprünglich rund 175 Mrd. Euro an Altlasten und Risikopapieren aus den Kellern der spektakulär gescheiterten Hypo Real Estate.

"Regeln öffnen Tür und Tor für Tricks"

Linken-Chef Klaus Ernst forderte, eine unabhängige Sonderprüfung aller Bankbilanzen der letzten Jahre anzuordnen. "Wo Banken zu Zockerbuden werden, sind auch die Bilanzen für Betrügereien anfällig", sagte Ernst n-tv.de. "Wenn sich eine Bank mal eben so und zunächst auch unbemerkt um einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag verrechnen kann, dann zeigt das doch, dass man zum Lesen deutscher Bankbilanzen inzwischen einen Abschluss in höherer Mathematik braucht. Komplizierte Bilanzregeln öffnen Bilanztricks Tür und Tor."

Auch dem Fiskus entgingen potenzielle Einnahmen, wenn Banken ihre Bilanzen verschleierten, so Ernst. Allerdings stelle sich die Frage, "ob es sich wirklich nur um einen Fehler oder um Chaos mit Methode handelt". Nun müsse geprüft werden, ob die Stresstests neu aufgelegt werden müssten.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, bezeichnete es als bemerkenswert, das hochqualifizierte Bilanzbuchhalter in der Abrechnung einen solchen Betrag übersehen könnten. "Das System ist im Grunde kaum noch zu kontrollieren", betonte er mit Blick auf immer komplexere, automatische Computersysteme. Die Frage stellt sich, was passiert wäre, wenn die 55,5 Mrd. Euro ein zusätzlicher Verlust gewesen wären.

Der Bürger dürfte von dem Geldsegen wenig zu spüren bekommen. Auch die geplante Neuverschuldung für dieses Jahr von knapp 30 Mrd. Euro kann damit nicht mit einem Schlag getilgt werden. Denn das Geld für die staatseigene Bank wird über einen Sonderhaushalt verwaltet. Dieser finanziert sich selbst und beschafft sich notfalls Kredite.

Das Ganze hat also nur Einfluss auf die Staatsschulden insgesamt, nicht aber auf den Bundeshaushalt. "Als Haushälter freue ich mich für die Gesamtverschuldung, das Ganze hat mit der Neuverschuldung aber nichts zu tun", betont der FDP-Politiker Otto Fricke. Möglich sei aber, dass die durch die HRE entstandene Belastung am Ende geringer ausfalle.

Union will Köpfe rollen sehen

Der milliardenschwere Buchungsfehler dürfte auch ein Nachspiel im Bundestagsfinanzausschuss haben. Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion in dem Gremium, Hans Michelbach, sagte, die Bank-Verantwortlichen sollten dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.

"Ich erwarte von der Führung der Bank im Bundestagsfinanzausschuss eine lückenlose Aufklärung dieses unfassbaren Fehlers von mehr als 55 Mrd. Euro bei der Abwicklung der Hypo Real Estate", sagte Michelbach. Bankintern müssten Konsequenzen gezogen werden. "Das schließt personelle Konsequenzen ausdrücklich ein." Der Vorgang sei geeignet, das Vertrauen in die Führung der Bank zu erschüttern.

Zugleich wies Michelbach die Kritik der SPD an Finanzminister Wolfgang Schäuble im Zusammenhang mit dem kapitalen Rechenfehler als "jüngstes Beispiel des fortgesetzten Politklamauks der Sozialdemokraten" zurück. Der Versuch, die Verantwortung dem Bundesfinanzminister zuzuschieben, sei mehr als nur unseriös.

Staatsverschuldung sinkt

Der Bilanzierungsfehler hatte zumindest einen unmittelbar positiven Effekt: Er senkt die gemessen an der Wirtschaftsleistung mit einem Schlag um 2,6 Prozentpunkte auf 81,1 Prozent. Doch abgesehen davon weckt der ungewöhnliche Vorgang berechtigte Zweifel am Umgang mit den staatlich betreuten Bank-Altlasten und der Vertrauenswürdigkeit der "FMS Wertmanagement".

Am Freitag war bekannt geworden, dass die FMS Wertmanagement ihre Verschuldung um 55,5 Mrd. Euro zu hoch ausgewiesen hatte. Die mehr als nur peinliche Korrektur soll durch einen simplen Rechenfehler entstanden sein. Bilanzexperten der "FMS Wertmanagement" hätten Kursgewinne bei den Papieren, die in die Bank ausgelagert worden waren, als Verlust verbucht, hieß es in ersten Erklärungsversuchen. Unabhängig von den Fehlbuchungen habe die Bad Bank zudem Papiere und Derivate im Wert von rund 10 Mrd. Euro verkauft, schrieb der "Spiegel".

Im Oktober 2010 hatte die tief in die Verlustzone gerutschte HRE im Zuge eines Sanierungskonzepts faule Wertpapiere und nicht notwendige Geschäftsbereiche in die staatliche "FMS Wertmanagement" ausgelagert. Die HRE war während der Finanzkrise 2009 verstaatlicht worden, um einen Zusammenbruch des Bankensystems zu verhindern. Mit Hilfe von insgesamt rund 175 Mrd. Euro an Garantien, Kapitalspritzen und sonstigen Hilfszahlungen wurde sie damals vor dem Aus bewahrt.

Neue Belastungen drohen

Bei der Aufarbeitung der Bilanzierungsfehler innerhalb der HRE-Abwicklungsanstalt erscheint Eile geboten: Mit den beim EU-Gipfel mühsam ausgehandelten Plänen für einen in Griechenland drohen neue Belastungen, die Beobachtern zufolge auch die HRE und ihre Bad Bank treffen könnten.

Die Bad Bank der HRE hält auch griechische Anleihen im Wert von 7,2 Mrd. Euro, die Hälfte davon muss womöglich bald schon abgeschrieben werden.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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