Wirtschaft

"Wie käme ich dazu?" Schickedanz kontert Middelhoff-Aussagen

Madeleine Schickedanz hat Middelhoff die Flüge nicht genehmigt - zumindest nicht direkt.

Madeleine Schickedanz hat Middelhoff die Flüge nicht genehmigt - zumindest nicht direkt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Durfte er oder durfte er nicht? Ex-Arcandor-Chef Middelhoff hat nach eigenem Bekunden für Privatflüge einen Jet chartern dürfen. Dem widerspricht vor Gericht Großaktionärin Schickedanz. Allerdings könnte ein anderer in ihrem Namen die Flüge zugesichert haben.

Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz hat im Untreue-Prozess gegen Thomas Middelhoff dem früheren Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor wiedersprochen. Konkret bestritt sie, ihm die Bezahlung aller Privatflüge im Charterjet zugesagt zu haben. "Wie käme ich dazu?", sagte die 70-Jährige, die mit der Insolvenz des Handelskonzerns Milliarden verlor, im Essener Landgericht. "Es gab keine Vereinbarung."

Middelhoff hatte dagegen im Gericht erklärt, die Arcandor-Großaktionärin habe "aus Sicherheitsgründen" darauf bestanden, dass er bei dienstlichen und privaten Reisen ausschließlich Privatjets nutzte. Die Unternehmerin habe sich deshalb sogar bereit erklärt, die Kosten für seine Privatreisen zu tragen. Er habe deshalb gar kein Interesse daran gehabt, Arcandor Kosten für private Flüge in Rechnung zu stellen, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorwerfe, argumentierte Middelhoff.

Esch regelte offenbar mehrfach die Details

Schickedanz sagte, lediglich in einem Fall vorgeschlagen zu haben, Middelhoff solle einen Privatjet nutzen. Dabei sei sie zudem davon ausgegangen, dass es sich um einen dienstlichen Flug handele. Allerdings räumte die 70-Jährige ein, dass sie nicht ausschließen könne, dass ihr Vermögensverwalter Josef Esch in ihrem Namen derartige Absprachen getroffen habe. "Er war sehr autark", sagte sie.

Schickedanz berichtete, Esch habe Middelhoff auch für die Führung des Handelsriesen ins Spiel gebracht. Sie habe "große Hoffnungen" gehabt, dass Middelhoff den damals schon in schwerem Fahrwasser steuernden Arcandor-Vorgänger KarstadtQuelle wieder auf Kurs bringen könne. Über Middelhoffs Vertragskonditionen sei mit ihr nie geredet worden. Ihr vorrangiges Ziel sei es damals gewesen, die durch ihre Kapitalaufstockung bei dem Handelsunternehmen und die folgende Kapitalerhöhung entstandene eigene Verschuldung abzubauen und das Unternehmen zu erhalten. Einfluss auf den Konzern habe sie nie ausgeübt. "Ich war nie ehrgeizig." Zudem habe sie auch immer wieder Dokumente unterzeichnet, ohne diese gelesen zu haben.

Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft Middelhoff vor, den inzwischen pleitegegangenen Handelskonzern mit betriebsfremden Kosten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro belastet zu haben. Hauptsächlich geht es um Flüge mit Charterflugzeugen und Hubschraubern, die von Arcandor bezahlt wurden, nach Auffassung der Anklagebehörde aber ganz oder teilweise privat veranlasst waren. Middelhoff weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Pleiten folgt Justizmarathon

Der Arcandor-Konzern war 2009 in die Pleite geschlittert: Dabei verlor Schickedanz, die einst zu den reichsten Deutschen gehörte, große Teile ihres Erbes. Gegen den 60-jährigen ehemaligen Spitzenmanager Middelhoff laufen in der Folge der spektakulären Pleite neben dem Prozess in Essen auch eine Reihe von Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Bochum untersucht etwa seit Jahren, ob Middelhoff die Arcandor-Insolvenz verschleppt hat. Middelhoff weist alle Vorwürfe zurück.

Die Flüge, um die es nun in dem Strafprozess vor dem Landgericht Essen geht, waren auch schon Gegenstand eines Zivilverfahrens. Middelhoff müsse rund 3,4 Millionen Euro an den Arcandor-Insolvenzverwalter zahlen, hatten die Richter dort entschieden. Middelhoff ist dagegen in die Berufung gegangen.

Auch Schickedanz hat nach der Arcandor-Pleite Erfahrungen mit der Justiz gesammelt. Unter anderem trat sie im Sal-Oppenheim-Verfahren vor dem Landgericht Köln als Zeugin auf. Der Niedergang des Bankhauses ist eng verknüpft mit der Arcandor-Pleite. Wie schon in Köln sagt Schickedanz nun auch in Essen, sie habe fast blind ihren Beratern vertraut. Zu diesen zählte der Immobilienunternehmer Josef Esch, der ebenso wie Mitglieder der einstigen Sal.-Oppenheim-Führung in Köln auf der Anklagebank sitzt.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts

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