Washington meldet Stagnation US-Jobdaten enttäuschen
06.07.2012, 15:28 Uhr
(Foto: AP)
Der Juni bringt keine Erleichterung: Der offizielle Bericht zur Lage am US-Arbeitsmarkt weist einen etwas schwächeren Stellenzuwachs aus als erwartet. Die Arbeitslosenquote stagniert. An den Börsen in Europa kommt Unruhe auf.
Die US-Wirtschaft hat im Juni weniger neue Stellen geschaffen als erwartet. Die Zahl der Beschäftigten stieg nur um 80.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten im Schnitt mit einem zuwachs um knapp 100.000 Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 8,2 Prozent.
Die Lage am Jobmarkt hat sich zuletzt merklich abgekühlt: Von April bis Juni entstanden im Schnitt nur 75.000 neue Stellen pro Monat, nur ein Drittel der Zahl im Zeitraum Januar bis März.
Mit der Juni-Stagnation bei der Erwerbslosenquote endet in den Aufzeichnungen der Statistiker ein bemerkenswert schwaches Quartal: Nach einem Einbruch im April und unwesentlichen Verbesserungen im Mai geht der Zeitraum als das schlechteste Vierteljahr im US-Arbeitsmarkt seit 2010 in die Annalen ein.
Führende US-Wirtschaftsexperten machten die Eurokrise mit für die Situation verantwortlich. "Was den Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten ausgebremst hat, ist dasselbe wie in den Vorjahren", sagte Barclays-Analyst Michael Gapen dem Sender CNN. "Die Ereignisse in Europa sowie einige politische Probleme im Inland sorgen für Unsicherheit." Arbeitgeber verzögerten aufgrund dieser Unsicherheit Investitionen und Neueinstellungen.
Der Ökonom der Universität Chicago, Austan Goolsbee, der auch Wirtschaftsberater der Regierung ist, erklärte, die Finanz- und Immobilienblase sei überstanden. Nun gelte es, die Produktion und die Exporte anzukurbeln. Dies sei mit Blick auf die drohende Finanzkrise in Europa jedoch schwierig.
Erst am Vortag hatte die private Arbeitsagentur ADP einen unerwartet starken Stellenzuwachs in der Privatwirtschaft ausgewiesen. Die Zahl stieg im Juni um 176.000. Analysten hatten hier nur mit einem Plus um 105.000 Stellen gerechnet. Die hatten Hoffnungen auf einen Aufschwung am gesamten US-Arbeitsmarkt geweckt.
Rückschlag für Obama
Der Entwicklung am Arbeitsmarkt wird in den USA innenpolitisch eine immense Bedeutung zugeschrieben. Maßstab für die Debatten im laufenden Präsidentschaftswahlkampf ist dabei die zentrale Kennziffer der Arbeitslosenquote.
Beobachtern zufolge hängt an ihr indirekt auch die politische Zukunft des Landes: Sollte sich die Zahl der Erwerbslosen weiter erhöhen, steigen die Chancen für den Herausforderer von Präsident Barack Obama, Mitt Romney.
Der Präsident und seine Demokraten im Kongress versuchen mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen, die Wirtschaft nach der Krise wieder in Schwung zu bringen. Die Republikaner sehen hohe Staatsausgaben dagegen als Hindernis für die Privatwirtschaft und prangern die horrende Staatsverschuldung an. In Umfragen zeichnete sich zuletzt ein enges Rennen zwischen Obama und seinem republikanischen Herausforderer Romney ab.
Der Wahlgang steht im November an: Die Vorzeichen verheißen dem amtierenden Präsidenten große Schwierigkeiten. Keiner seiner Vorgänger in den letzten sechs Jahrzehnten konnte eine zweite Amtszeit erreichen, wenn die offizielle Arbeitslosenquote aus dem Bureau of Labor Statistics über 7,2 Prozent lag.
Die Mehrzahl der neuen Jobs entstanden der Statistik zufolge im Sektor der Unternehmensdienstleister. Die größten Gruppen der Erwerbslosen sind mit 14,4 Prozent nach wie vor Afroamerikaner, gefolgt vom spanisch-sprachigen Bevölkerungsanteil (11 Prozent). Beide Bevölkerungsgruppen zählen zu den entscheidenden Wählern in umkämpften Bundesstaaten bei den Präsidentschaftswahlen im November.
Bühne frei für QE3?
An den Märkten reagierten Anleger enttäuscht: In Europa sackten sowohl der Dax, als auch der Euro mit der Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten deutlich ab. Der deutsche Leitindex fiel um 0,9 Prozent auf 6477 Zähler, nachdem er zuvor 0,4 Prozent im Minus notiert hatte. Der Euro rutschte kurzzeitig bis auf 1,2349 Dollar ab, erholte sich dann aber wieder etwas. An der New Yorker Wall Street rechneten Beobachter damit, dass die Daten vom Arbeitsmarkt zumindest den Handel zum Auftakt überschatten dürften.
Der Bund-Future baute im Gegenzug seine Gewinne auf 53 Ticks bei 143,65 Zählern aus. Mit den Daten dürfte die konjunkturelle Zuversicht der Marktteilnehmer weiter nachlassen, urteilte Helaba-Analyst Ulrich Wortberg. Die Spekulationen über eine dritte Runde der geldpolitischen Lockerung (QE3) durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) blieben dem Markt damit erhalten, zumal auch die Arbeitslosenquote nicht weiter gesunken sei. Ihre laufenden Konjunkturhilfen im Rahmen der " " hatte die Fed erst Mitte Juni verlängert.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa/rts