Interview mit Frank Thelen "Vermögende sollen höhere Steuern zahlen"
09.01.2018, 10:34 Uhr
Frank Thelen.
(Foto: picture alliance / Caroline Seid)
Frank Thelen ist Investor und Juror bei der "Höhle der Löwen" sowie Visionär für neue Technologien. Mit n-tv.de spricht er darüber, warum Gründer so wichtig sind, wie er mit fliegenden Elektro-Taxis die Welt verändern will und wieso Reiche in Deutschland mehr Steuern zahlen sollten.
n-tv.de: Sie investieren mit ihrem Risikokapital-Fonds "Freigeist Capital" in frische Ideen und fördern Unternehmensgründer. Was muss sich hierzulande ändern, damit Deutschland sich weiter zu einem Land der Ideengeber und Unternehmensgründer entwickelt?
Frank Thelen: Wir sind jetzt in einer sehr dramatischen Zeit, weil neue digitale Technologie alles was bisher da war neu verteilen wird. Durch künstliche Intelligenz oder Blockchain-Technologie - auf der beispielsweise Bitcoin basiert - wird sich alles ändern. Da werden viele Märkte neu verteilt. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie Förderprogramme Anreize schaffen können. Die Politik muss die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir vorankommen.
Manche Unternehmen klagen immer wieder über die Steuerlast in Deutschland.
Ich bin für eine höhere Besteuerung von vermögenden Leuten in Deutschland. Wir brauchen dieses Geld für Kindergärten und Schulen. Ich halte es aber für sinnvoll, dass die Mehrwertsteuer für Wagniskapital wegfällt. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir ein noch größeres Problem. Das Silicon Valley ist vor Jahren gestartet. Die haben 50 Milliarden pro Jahr für Investitionen zur Verfügung. In China gilt das gleiche. Das heißt, wir müssen jetzt hierzulande Gas geben.
US-Präsident Donald Trump hat eine radikale Steuerreform auf den Weg gebracht, die vor allem Unternehmen begünstigt. Was halten Sie von der Steuerpolitik in den USA?
Was Trump mit der Steuerreform umgesetzt hat, macht den Standort USA sicherlich attraktiver für Unternehmen. Damit erhöht er weltweit den Druck - auch auf Deutschland - nachzuziehen. Unser Steuerniveau ist schon relativ hoch, aber noch zu ertragen. Wir müssen hier auch die Unternehmenssteuer reduzieren, um ein attraktives Land zu werden. Wir planen wegen der Steuerreform allerdings nicht, nun in den USA umzuziehen. Abgesehen davon kann ich zu Trump nur sagen, dass ich ihn für einen Riesenidioten halte und mich komplett von ihm distanziere.
Sie sind Juror und Investor in der TV-Sendung "Die Höhle der Löwen", die bei Vox und n-tv zu sehen ist. Was erleben Sie, wenn Sie mit den Kandidaten über ihre Startup-Ideen sprechen?
Es gibt für mich zwei Welten. Die eine ist die Prime-Time-Show "Die Höhle der Löwen", wo Gründer, die super sind, ihre Ideen vorstellen. Und die andere Welt ist "Deep Tech"…
Darunter versteht man eine Denkschule, der große Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Volkswirtschaften zugetraut wird. Kern ist dabei die Digitalisierung aller Lebensbereiche durch Vernetzung.
Richtig. "Die Höhle der Löwen" weckt hervorragend den Gründergeist in Deutschland. Auf einmal setzen sich damit Menschen intensiv auseinander, die sonst "Germany's next Topmodell" gucken. Das gefällt mir. Ich bin gerne bei "Die Höhle der Löwen", weil ich dort vor allem Startups im Lebensmittelbereich nach vorne bringe. Und als Deep-Tech-Investor kümmere ich mich jetzt intensiv um Lilium Avation. Das ist eine Firma, die senkrecht startende und landende Elektrojets für jedermann auf den Markt bringen will. Oder ich investiere mit "Neufund" in Ideen im Bereich Blockchain, wo wir eine Börsenplattform 2.0 schaffen wollen. Hier wollen wir auch viele Arbeitsplätze schaffen.
Manche Finanziers von Startups sind der Meinung, dass Gründer zwar gut eine Firma ins Leben rufen können. Aber wenn sie dann schnell größer wird, müssen sie von einem erfahrenen Management abgelöst werden. Was ist ihre Philosophie?
Das sehe ich anders. Ich bin immer für die Gründer. Wenn der Gründer drin bleibt, dann funktioniert das gut. Nehmen sie den Online-Giganten Amazon mit Jeff Bezos oder damals Apple mit Steve Jobs. Ich glaube an von Gründern geführte Unternehmen. Es mag auch Beispiele geben, wo exzellente Leute die Gründer ersetzen. Unser Ansatz ist aber: Wir investieren in einer sehr frühen Phase und bleiben lange dabei. Wir leben und sterben mit den Existenzgründern. Wir investieren in Gründer. Und wenn ein Founder dann sagt, er oder sie will aussteigen, dann ist das Unternehmen für mich tot.
Sie sind viel unterwegs - auch im Silicon Valley. Wie beurteilen Sie das technische Know-How und die Anziehungskraft des Standorts Deutschland?
Die Gründer meiner Beteiligung Lilium Jet kommen aus Bayern. Sie haben hier gelernt, sie haben hier studiert. Das finde ich sehr gut. Wir haben eine gute Infrastruktur in Deutschland mit vielen Flugzeugbauern und hervorragenden Zulieferern. Der Kampf um die Fachkräfte weltweit ist sehr hart. Es ist schwer, die besten Leute zu finden. Wir haben jetzt 100 Mitarbeiter bei Lilium Jet und wachsen schnell. Wer Google damals verpasst hat und gerne dabei gewesen wären, dem sage ich, jetzt ist die Zeit sich neu zu orientieren und mitzumachen. Im Silicon Valley ist der Wettbewerb um die Talente noch schlimmer als hier. Aber wir erleben auch, dass gute Leute Bock auf Deutschland haben. Das darf man nicht vergessen. Berlin und München sind hoch attraktive Städte auch für junge Fachkräfte aus China oder dem Silicon Valley.
Mit Frank Thelen sprach Hero Warrings
Quelle: ntv.de