Drastischer als bei Finanzkrise Zahlungsmoral bricht so stark ein wie nie
31.03.2020, 20:07 Uhr
Die Barreserven viele Betriebe dürften bald aufgebraucht werden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Covid-19 führt zu einem schlimmeren Wirtschaftseinbruch als die Weltwirtschaftskrise 2008/2009. Darauf deutet neben der Rekordzahl an Kurzarbeitern beispielsweise auch ein drastischer Anstieg beim Zahlungsverzug deutscher Firmen hin.
Die Zahlungsmoral deutscher Firmen ist mit Beginn der Coronakrise massiv eingebrochen. Laut Zahlen des Bonitätsdienstleisters Creditreform ist der durchschnittliche Zahlungsverzug von Unternehmen auf aktuell 11,6 Tage nach der Fälligkeit einer Rechnung gestiegen. Im Januar lag diese Zahl noch bei 10,4 Tagen. "Tatsächlich handelt es sich bei dem Anstieg um den höchsten gemessenen Wert in so einem kurzen Zeitraum", sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Pressesprecher und Leiter der Wirtschaftsforschung bei Credireform ntv.de.
Damit deutet sich an, dass die Auswirkungen der Coronakrise auf die Gesamtwirtschaft weit drastischer ausfallen könnten als die der Finanzkrise von 2008/2009. "Die Coronakrise trifft die Wirtschaft als Ganzes, die Breitenwirkung ist wesentlich größer. Dementsprechend werden auch deutlich mehr Zahlungserfahrungen von betroffenen Unternehmen ausgewertet", sagte Hantzsch. ZurEinordnung: Der durchschnittliche Zahlungsverzug ist ein relativ stabiler Wert, der sich seit Jahren nicht um einen vollen Tag oder mehr verändert hat.
Der Verband der Vereine Creditreform wertet für seine Analysen sein tagesaktuelles Debitorenregister mit rund sieben Millionen Zahlungsinformationen zu 940.000 Unternehmen pro Monat aus. In die Berechnung des durchschnittlichen Zahlungsverzugs fließen überfällige, aber ausgeglichene Zahlungen ein. Da das Zahlungsziel der Unternehmen im Durchschnitt 31 Tage beträgt, schlagen sich die Folgen der Geschäftsschließungen und der Ausgehbeschränkungen in der aktuellen Auswertung noch gar nicht voll nieder.
Längere Zahlungsverzögerungen oder -ausfälle können bereits zu Zeiten gut laufender Konjunktur kleinere Betriebe mit geringen Liquiditätsreserven in Schwierigkeiten bringen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise könnte ein Einbruch der Zahlungsmoral die befürchtete Pleitewelle beschleunigen. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags sieht sich bereits fast jeder fünfte Betrieb akut von der Insolvenz bedroht. Vor diesem Hintergrund sorgte die Ankündigung zahlreicher großer Handelsketten, ihre Ladenmieten nicht nur teilweise zu bezahlen, für große Empörung.
Quelle: ntv.de, mbo