Per Saldo – Die Wirtschaftskolumne Die CSU waigelt weiter
07.10.2011, 15:22 UhrEuropa und der Euro stehen im Mittelpunkt des Parteitags der CSU. Sie bekennt sich dabei zwar zur gemeinsamen Währung, trägt aber zur Lösung der Krise nichts bei. Im Gegenteil: Mit ihren Positionen machen es die Bayern Bundesregierung und Eurozone noch schwerer, die immensen Probleme zu lösen.
Die Eurozone kämpft ums Überleben. Die Währungsunion funktioniert nicht. Der so genannte Wachstums- und Stabilitätspakt hat sich als ein ungeeignetes Instrument erwiesen, eine existenzielle Krise zu vermeiden. Und daran trägt die CSU eine gehörige Portion Mitschuld - in Person des ehemaligen Finanzministers Theo Waigel, der diesen Pakt maßgeblich geprägt hat.
Die CSU geht diesen Weg weiter und damit völlig in die Irre, indem der Parteitag dem Leitantrag "Die Europäische Einigung und dem Euro" zustimmt. Sie lehnt damit eine Verlagerung weiterer Souveränität nach Brüssel ab, obwohl nur eine Fiskalunion den Euro dauerhaft zum Funktionieren bringen kann. Sie will sogar den Rauswurf von Staaten aus der Eurozone ermöglichen, obwohl das unabsehbare Folgen hätte.
Da helfen auch Bekenntnisse zum Euro und zu Europa wenig: Die CSU gefährdet mit diesen Positionen das, was sie angeblich bewahren will. Und warum das alles? Um mit eurokritischem Kurs Wahlen wieder "haushoch" zu gewinnen, wie es Peter Gauweiler ausdrückt? Oder aus Prinzip? Wie dem auch sei, Parteichef Horst Seehofer hat eine weitere rote Linie gezogen: Eine Ausweitung des Rettungsschirms wird es mit der CSU nicht geben. Und Euro-Skeptiker Gauweiler wird möglicherweise Partei-Vize.
Kritik statt Alternativen
Wer den Euro abschaffen will, der sollte es auch sagen. Und wer den Euro behalten will, der muss sagen, wie er die Währung zu retten gedenkt. Es reicht nicht aus, jede Maßnahme zu verdammen, ob sie nun EFSF, Eurobond oder wie auch immer heißen. Es wäre hilfreich, bessere Alternativen anzubieten.
Das einzige, was aus Richtung München kommt, ist wenig zielführend: Griechenland müsse sparen, dann werde es schon wieder. Dann käme das Vertrauen der Investoren zurück. Das ist – gelinde gesagt – eine steile These. Griechenland spart derzeit gewaltig, doch die Folgen sind für die Investoren nicht gerade vertrauensfördernd. Wie sollte es auch anders sein?
In diesem Jahr wird das Haushaltsdefizit Athens auf 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung geschätzt, vor einem Jahr lag es bei 10,5 Prozent und 2009 noch bei 15,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Die Griechen sparen also kräftig – und das inmitten einer Rezession: Die Wirtschaftsleistung wird in diesem Jahr Athen zufolge um 5,5 Prozent sinken. Im vergangenen Jahr ging sie bereits um 4,5 Prozent zurück. Unterdessen liegt die Arbeitslosigkeit in Griechenland bei 16 Prozent, Tendenz steigend. Dass Investoren vor diesem Hintergrund einen Bogen um Griechenland machen, ist nachvollziehbar. Wer will sein Geld in einem Land investieren, dessen Wirtschaft schrumpft? In einem Land, in dem zahlreichen Unternehmen die Pleite droht und die sozialen Spannungen wachsen?
Griechenland wird auf Jahre hinaus auf Hilfe der Eurozone angewiesen sein. Während trotz Sparkurs sowohl Athens als auch Europas Probleme nicht geringer werden, stemmt sich die CSU gegen die wohl einzige Möglichkeit, ähnliche existenzielle Krisen der Eurozone in Zukunft zu verhindern: eine gemeinsame europäische Fiskalpolitik. Weitere Souveränität dürfe nicht nach Brüssel gehen, so lautet das bayerische Mantra.
Das Widerstreben ist durchaus nachvollziehbar, doch bleibt Nationalstaaten in der Eurozone eine andere Wahl? Wie soll eine gemeinsame Währung ohne eine engere Verzahnung der Haushalts- und Steuerpolitik funktionieren? Es wäre wünschenswert, dass die CSU als Regierungspartei Antworten auf diese Fragen gibt und hilft, die Fehler ihres ehemaligen Vorsitzenden Waigel zu korrigieren.
Quelle: ntv.de