Die Bazooka im Anschlag Avanti, Draghi!
02.08.2012, 16:39 Uhr
Mario Draghi.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Eurozone kämpft ums Überleben. EZB-Präsident Draghi zögert allerdings, zum langersehnten Befreiungsschlag auszuholen. Denn vor allem in Deutschland gibt es zähen Widerstand. Hoffentlich setzt sich Draghi darüber hinweg und feuert notfalls mit aller Kraft.
EZB-Präsident Mario Draghi hat die Bazooka geschultert - er zögert aber, sie auch abzufeuern. Damit die Zinslast von Ländern wie Spanien und Italien endlich deutlich sinkt, wird die Notenbank eingreifen und Anleihen der taumelden Staaten kaufen. Allerdings nur dann, wenn die Euro-Rettungsschirme am Bondmarkt aktiv werden.
Das bringt natürlich nur dann nennenswerten Erfolg, wenn die EZB notfalls massiv am Markt interveniert. Denn wenn Investoren die Glaubwürdigkeit der Zentralbank testen, muss sie mit aller Kraft ihre Entschlossenheit unter Beweis stellen – mit überwältigender Feuerkraft.
Ob das wirklich passiert, ist leider keine ausgemachte Sache. Denn der Widerstand ist groß, vor allem in Deutschland. Die größte Sorge hierzulande: Sollte die EZB tatsächlich massiv Geld in die Hand nehmen, wäre eine hohe Inflation nur eine Frage der Zeit. Dabei ist eine solche Entwicklung überhaupt nicht zwangsläufig. Die Zentralbank hat Instrumente, die Geldmenge zu begrenzen und Inflation zu bekämpfen. Wie ernst sie diese Aufgabe nimmt, hat sie in der Vergangenheit eindrucksvoll demonstriert: Seit der Einführung des Euro liegt die Preissteigerung in der Eurozone bei etwa zwei Prozent – und damit nur knapp über dem Niveau, bei dem die EZB die Preisstabilität gewahrt sieht.
Die Zeit drängt
Die Eurozone hat derzeit wirklich ganz andere Probleme als eine drohende Inflation. Und die müssen schnellstens gelöst werden - mit allen Mitteln. Inflation sollte die EZB erst bekämpfen, wenn sie tatsächlich da ist. Und selbst wenn die Preise irgendwann einmal stärker steigen sollten als bisher: Eine moderate Inflation ist keine Katastrophe. Ein Zusammenbruch der Eurozone dagegen schon.
Ein anderes Argument, das in Deutschland gerne gegen Draghi vorgebracht wird: Der Aufkauf der Staatsanleihen würde Reformdruck und Sparwillen beenden. Woher kommt eigentlich diese Gewissheit? In Italien sank das Haushaltsdefizit vor der Krise, während sich Rom billig Geld leihen konnte, kontinuierlich. Spanien erwirtschaftete sogar Überschüsse – im Gegensatz zu Deutschland. Finanzminister Wolfgang Schäuble gelingt es nicht einmal jetzt, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren – obwohl sich Deutschland Geld quasi zum Nulltarif leihen kann.
Klar ist: Die Strategie der Eurozone, um die Renditen spanischer und italienischer Anleihen zu drücken, ist gescheitert. Spanien spart strikt, doch die Zinsen steigen. Zugleich verschärft sich die Rezession, die Arbeitslosigkeit erreicht Rekordstände. Die finanzielle Lage verschlimmert sich, anstatt sich zu verbessern. Das muss sich schnellstens ändern.
Bedenken gegen massive Anleihekäufte gibt es viele, aber Bedenken führen nicht weiter. Jetzt muss gehandelt werden, nicht irgendwann. Jeder, der diesen Weg kritisiert, sollte zugleich eine gangbare Alternative präsentieren – und die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen nicht verschweigen.
Der EZB-Präsident hat versprochen, alles Erforderliche tun, um den Euro zu retten. Es wird Zeit, dass er den Worten auch Taten folgen lässt.
Quelle: ntv.de