20 Prozent Plus seit Jahresstart Dax im Gipfelglück
14.03.2012, 17:45 Uhr
Eine große Hürde ist bereits genommen - doch bis zum Gipfel ist noch Luft.
(Foto: REUTERS)
Der deutsche Aktienmarkt macht sich auf zu neuen Jahreshöchstständen. Nach dem Sprung des Dax über die Marke von 7000 Punkten wollen Anleger keine Kursgewinne verpassen und springen auf den Zug auf. Trotz eines Milliardenverlustes verbuchen die Aktien des Energieriesen Eon die größten Kursgewinne.
Die Aktienrally am deutschen Aktienmarkt hat sich am Mittwoch mit voller Kraft fortgesetzt. Der Konjunktur-Optimismus der US-Notenbank und ihr vorzeitig veröffentlichter Bankenstresstest beflügelten die Kurse. Nachdem der Leitindex Dax am Vorabend erstmals seit Sommer 2011 die Marke von 7000 Punkten zurückerobert hatte, nehmen Anleger nun bereits die nächste Marke ins Visier.
Der Dax beendete den Handel mit einem Plus von 1,2 Prozent bei 7079,42 Punkten. Zwischenzeitlich klettert er sogar bis auf 7099 Zähler. Der MDax schloss hingegen quasi unverändert bei 10.665,70 Punkten. Die Technologiewerte trieben den TecDax um 0,5 Prozent auf 778,75 Zähler.
Es bewahrheitet sich jedoch einmal mehr die alte Börsenweisheit, dass es mit den Kursen im Fahrstuhl abwärts geht, nach oben aber die Treppe genommen werden muss. Während der Dax für einen Kurseinbruch von 2000 Punkten im Sommer vergangenen Jahres lediglich sechs Wochen benötigte, dauerte die anschließende Erholung sechs Monate.
Ein vorsichtig optimistischer Ausblick der US-Notenbank auf die Konjunktur spielt den Aktien und dem Dollar in die Hände. "Die Bedingungen am Arbeitsmarkt haben sich verbessert, und die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen Monaten spürbar gesunken, bleibt aber erhöht", heißt t es in der Erklärung der Federal Reserve vom Vorabend.
Denn die Fed hatte schon vor einiger Zeit niedrige Zinsen bis Ende 2014 in Aussicht gestellt. "Und was konnte besser sein für Aktien als klares wirtschaftliches Wachstum bei niedrigen Zinsen", sagt Stan Schamu von IG Index. Die Wahrscheinlichkeit einer dritten Runde von Wertpapierkäufen im großen Stil durch die Notenbank sei allerdings gesunken angesichts ihrer verhalten optimistischen Konjunkturprognose.
Wie so oft in möglicherweise entscheidenden Marktphasen scheiden sich nun die Börsengeister: "Der Ausbruch über die alten Höchststände ist jetzt geglückt. Wir gehen davon aus, das dies für viele Akteure ein Signal ist, ihre doch zu vorsichtige Haltung in Sachen Aktien langsam über Bord zu schmeißen und die Schatulle aufzumachen", sagt ein Broker und meint damit Aktienkäufe.
Eon trotz Verlusten stark
Bei den Einzeltiteln standen Aktien von Eon besonders stark im Fokus. Trotz eines Nettoverlusts 2011 kletterten die Aktien des größten deutschen Energieversorgers an der Gewinnerspitze im Dax um 7 Prozent. In ihrem Fahrwasser legten die Papiere von RWE 1,1 Prozent zu. "Die Zahlen hören sich zwar schlimm an, waren aber keine große Überraschung. Der Fehlbetrag war wegen des Atomausstiegs bereits erwartet worden", sagte ein Händler. Ein zweiter Börsianer verwies darauf, dass der Nettoverlust nicht so hoch ausgefallen sei wie vom Markt erwartet. Im Geschäftsjahr 2011 fiel ein Fehlbetrag von 2,2 Mrd. Euro an. DZ-Bank-Analyst Hasim Sengül äußerte sich ebenfalls positiv: Auch wenn Eon unter anderem wegen der Atomwende in schwierigem Fahrwasser sei, habe das Unternehmen doch eine gute Basis für eine positive Entwicklung. Er bekräftigte seine Kaufempfehlung für die Aktien.
Kräftige Zuwächse verbuchten darüber hinaus auch Aktien konjunkturabhängiger Unternehmen wie etwa den Autobauern. Papiere von BMW legten 3,8 Prozent zu, Volkswagen erholten sich mit 3,1 Prozent Plus von Verlusten der vergangenen beiden Handelstage, Daimler kletterten um 1,1 Prozent.
Auch die Lufthansa gehörte zu den stärksten Aktien des Handelstages und schloss 3,4 Prozent im Plus. Händlern zufolge setzten einige Marktakteure darauf, dass sich die Lufthansa von der Verlust bringenden Tochter Austrian Airlines trennen könnte.
Finanzwerte setzen ihren Kletterkurs weiter fort. Aktien der Deutschen Bank stiegen um 3,4 Prozent, für die Commerzbank ging es um 2,6 Prozent aufwärts. Neben der deutlich steigenden Risikobereitschaft am Aktienmarkt wegen der vorläufigen Entspannung beim Dauerthema Griechenland halfen auch positive Branchensignale aus den USA: Die US-Notenbank Fed hatte vorzeitig die Ergebnisse ihres jüngsten Bankenstresstests veröffentlicht. Die meisten Geldhäuser kamen bei dem Test gut weg. Damit ist für die größten Banken des Landes der Weg für Aktienrückkäufe und höhere Dividenden frei. Bei US-Finanzaktien hatte dies am Dienstagabend bereits zu deutlichen Kurssprüngen geführt, was nun auch auf den europäischen Bankensektor überschwappt.
Nach der Ankündigung einer 500 Mio. Euro schweren Wandelanleihe gehörten die Papiere von Adidas zu den Verlierern. Die Papiere verloren 0,3 Prozent. Der Kurs litt damit unter der Sorge, dass bei einer Umwandlung der Anleihe in Aktien der Anteil der bisherigen Aktionäre verwässert werden könnte, was die Dividende schmälert. Adidas hatte sich jedoch die Option offengelassen, die Wandelanleihe ganz oder teilweise aus bestehenden Aktien zu bedienen.
Der Pharmakonzern Bayer gab 0,7 Prozent ab. Der Konzern will den Umsatz im Gesundheitsgeschäft bis 2014 auf rund 20 Mrd. Euro steigern, während in der Sparte Agrarchemie mehr als 8 Mrd. Euro umgesetzt werden sollen. Im vergangenen Jahr erzielten die beiden Teilkonzerne 17,2 bzw. 7,3 Mrd. Euro. Tagesverlierer war K+S mit 0,8 Prozent Abschlag.
Bewegung in der zweiten Reihe
Angesichts eines vorsichtigen Ausblicks für 2012 ließen Anleger die Finger von Wacker Chemie. Die Aktien des Spezialchemiekonzerns waren mit einem Abschlag von 3,8 Prozent einer der größten MDax -Verlierer. Nach einem Gewinnrückgang im vergangenen Jahr erwartet Firmenchef Rudolf Staudigl auch für 2012 trotz leicht steigender Umsätze einen Ergebnisknick. Die Dividende für 2011 wurde auf 2,20 Euro je Aktie gestutzt. Das sei nicht besonders ermutigend, sagte ein Händler. Auch Harald Gruber, Analyst bei Silvia Quandt Research, äußerte sich skeptisch: Derzeit sei es für Investoren nicht besonders attraktiv, Wacker-Aktien zu kaufen, schrieb er in einem Kommentar.
Bei Hannover Rück lag der operative Gewinn 2011 leicht über der Konsensprognose von Analysten. Die Dividende lag mit 2,10 Euro je Aktie dagegen leicht unter der Markterwartung von 2,13 Euro. Die Aktie stieg um 1,7 Prozent.
Papiere des Duft- und Geschmackstoffproduzenten Symrise brachen um 5,7 Prozent ein. Die Analysten von Equinet waren enttäuscht von der in Aussicht gestellten Dividende von 0,62 Euro je Aktie und hatten die Aktie daher abgestuft.
Ein Zeitungsbericht über eine mögliche Übernahme von Repower durch den französischen Mischkonzern Alstom gaben den Aktien der Windenergiebranche Auftrieb. "Diese Nachrichten nähren Fusionsspekulationen auch bei anderen Turbinen-Herstellern", sagte ein Börsianer. Die Aktien des deutschen Repower-Konkurrenten Nordex notierten 0,7 Prozent im Plus.
Quelle: ntv.de, nne/rts