Zypern-Plan schockt Anleger Dax dunkelrot erwartet
18.03.2013, 08:52 Uhr
Das wird kein leichter Morgen.
(Foto: dpa)
An der Börse leuchten alle Warnsignale: Mit bangen Gesichtern blicken Händler dem Wochenauftakt am deutschen Aktienmarkt entgegen. Die Beteiligung zypriotischer Kleinsparer an der Zypern-Rettung dürfte heftige Reaktionen auslösen - nicht nur bei den Banken.
Nach dem Beschluss über das europäische Rettungspaket für Zypern dürfte der Dax nach Einschätzung von Marktbeobachtern deutlich geschwächt in die neue Woche starten. Bei Lang & Schwarz wurde der deutsche Leitindex am Morgen bei 7922 Punkten gesehen, was einem Abschlag von 1,5 Prozent entspricht.
Händler werteten vor allem die geplante Zwangsabgabe aller Bankkunden in Zypern als gefährlichen Präzedenzfall, der zu einer Kapitalflucht auch aus anderen Problemländern führen könnte. Das Parlament soll im Laufe des Tages über das Hilfspaket für das Land abstimmen. In Asien führte das Maßnahmenbündel, auf das sich die Euro-Finanzminister am Samstagmorgen geeinigt hatten, bereits zu kräftigen Kursverlusten.
"Wir werden heute einen Risk-off-Tag sehen", meinte ein Händler. Vor allem die Aktien der europäischen Banken dürften kräftig unter die Räder kommen. Auch die Ratingagenturen sind skeptisch, was den geplanten Weg der Politiker zur Rettung Zyperns betrifft. Der Schritt, die Sparer zu beteiligen, könnte eine negative Auswirkung auf das Rating der europäischen Banken haben, hieß es in einer ersten Einschätzung aus dem Hause der Ratingagentur Moody's.
Mit der Beteiligung der Sparer am zyprischen Schuldenschnitt kehre die Eurokrise zurück, meinte ein Beobachter. Eine Flucht in Sicherheit sei zu erwarten. Die Furcht vor einer Kapitalflucht aus der Eurozone drücke auf Aktien und Euro, der deutsche Anleihenmarkt als so genannter sicherer Hafen und Gold dürfte von der Rückkehr der Krise profitieren.
Unter Druck geraten dürften vor allem die Anleihen- und Aktienmärkte der übrigen Krisenländer wie Italien und Spanien. IG Markets indizierte den Londoner FTSE-100 zur Eröffnung mit einem Abschlag von 121 Punkten, den spanischen Ibex 218 Punkte niedriger.
Das Ausmaß der Verunsicherung unter Anlegern ist am Morgen bereits an den Renditen der Staatsanleihen aus der Euro-Peripherie abzulesen: Im frühen Handel springen die Renditen der zehnjährigen spanischen Staatsanleihen um 11 Basispunkte auf 5,01 Prozent. Die italienischen Pendants rentieren mit einem Plus von 14 Basispunkten bei 4,73 Prozent. "Damit sind sie noch weit von den Niveaus aus der Eurokrise entfernt", so ein Anleihehändler. Im Hoch rentierte die italienische Benchmark im November 2011 bei 7,25 Prozent. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen aus Griechenland schnellten um 41 Basispunkte in die Höhe.
Erschüttertes Vertrauen
Mit Blick auf die europäischen Börsen insgesamt stellten sich Händler zur Eröffnung auf massiven Abgabedruck ein. "Einen Schuldenschnitt der privaten Sparer hatte niemand auf dem Radarschirm", sagt ein Händler. Die Entscheidung sei ein schwerer Schlag für das Vertrauen in die Eurozone. Bei dem Schuldenschnitt in Griechenland mussten sich Anleiheninhaber beteiligen. Die Ersparnisse der Bürger blieben indes unangetastet. Mit dem Plan zur Zypern-Rettung steht diese 'rote Linie' nun bei künftigen Rettungsaktionen in Frage.
"Eine Kapitalflucht ist nicht auszuschließen", meinte Analystin Annalisa Piazza. Spannend dürften in diesem Zusammenhang die im Wochenverlauf anstehenden Neuemission aus der Europeripherie werden. Am Dienstag wollen Spanien und Griechenland den Kapitalmarkt mit Kurzläufern in Anspruch nehmen. Am Donnerstag will Spanien Anleihen mit mittleren und längeren Laufzeiten platzieren.
Der Euro geriet im asiatischen Handel unter erheblichen Abgabedruck. Stark nachgefragt werden US-Staatsanleihen; auch Gold steigt - und das trotz eines steigenden Dollar. Experten von Newedge sprachen von einer "extremen Maßnahme", die panikartige Reaktionen in der Peripherie auslösen kann. "Eine Kapitalflucht ist nicht auszuschließen", sagte eine Analystin. Die Angst, dass ähnliche Maßnahmen auch in anderen Ländern Europas ergriffen werden könnte, dürfte für Verunsicherung sorgen.
Vor dem Wochenende hatten sich die europäischen Aktienmärkte eine Verschnaufpause gegönnt. Sowohl der Index für das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan als auch der Konjunkturindex der Fed-Filiale in New York verfehlten die Erwartungen. Von den schwachen US-Daten profitierte der Goldpreis, der sich der Marke von 1600 Dollar je Feinunze näherte. Die US-Notenbank werde keine Änderung des geldpolitischen Kurses signalisieren, hieß es. Der Euro stieg mit den US-Daten vorübergehend auf 1,31 Dollar, fiel dann aber wieder auf Stände um 1,3050 Dollar zurück. Denn auch in der Eurozone war die Verunsicherung wegen der Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs groß.
Die Renditen italienischer und spanischer Benchmarkstaatsanleihen legten zu, die vermeintlich sicheren Pendats aus Deutschland gaben dagegen nach. Mit dem Abstieg aus dem Eurostoxx50 fielen Nokia-Titel um 3,7 Prozent. Sie werden von den Aktien von EADS ersetzt. Diese gaben mit Gewinnmitnahmen 0,8 Prozent ab.
Der Nikkei-Index in Tokio gab am Montag 2,7 Prozent nach. In China verlor der Shanghai-Composite 1,4 Prozent. Die Wall Street war vor dem Wochenende unter dem Eindruck der jüngsten Rekordjagd mit leichten Verlusten aus dem Handel gegangen. Der Dow Jones und der S&P 500 büßten jeweils 0,2 Prozent ein, an der Nasdaq gab der Composite-Index 0,3 Prozent nach.
In Frankfurt hatte der Dax den letzten Handelstag der Vorwoche mit einem leichten Abschlag von 0,2 Prozent auf 8042,85 Zählern beschlossen.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts