Marktberichte

"Schaukelbörse unter 10.000" Dax freundlich erwartet

Aufkommendes Fußballfieber: Der Frankfurter Handelssaal mit der Dax-Kurve zur Wochenmitte.

Aufkommendes Fußballfieber: Der Frankfurter Handelssaal mit der Dax-Kurve zur Wochenmitte.

(Foto: REUTERS)

Am deutschen Aktienmarkt stellen sich Händler auf eine Aufholbewegung zum Auftakt ein. Anleger dürften sich der "späten positiven Interpretation" zur US-Wirtschaftsleistung anschließen, heißt es. Gesondert im Fokus: Henkel und Barclays.

Die jüngsten Kursverluste halten Börsianer nur für ein Zwischenspiel: Am Donnerstag dürfte der Dax nach Einschätzung von Beobachtern fester in den Handel starten. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Irak und in der Ukraine hatten den Handel im deutschen Börsengeschehen zur Wochenmitte überschattet.

Im Spezialistengeschäft bei Lang & Schwarz wird der deutsche Leitindex zum Auftakt bei 9896 Punkten gesehen, was einem Aufschlag von 0,3 Prozent enspricht. Die Optionsprämien auf Dax-Optionen preisen für Donnerstag eine Schwankungsbreite im Dax von 73,52 Punkten oder 0,75 Prozent um den Schlusskurs vom Vortag ein. Das entspricht einer Dax-Bewegung auf bis zu 9941 Punkte nach oben und 9794 Punkte nach unten. Der VDax-New schloss am Vortag bei 14,23 Prozent.

Im späten Handel hatten sich die wichtigsten deutschen Aktienindizes nur noch kaum bewegt. Der L-Dax wurde in Frankfurt zuletzt bei 9870,56 Punkten berechnet. Zuvor hatte der Leitindex Dax im Xetra-Haupthandel 0,71 Prozent auf 9867,75 Punkte abgegeben. Der L-MDax schloss bei 16.695,26 Zählern. Der Index mittelgroßer Werte hatte im Hauptgeschäft 0,75 Prozent auf 16.710,81 Punkte verloren. Der L-TecDax schloss bei 1305,40 Punkten. Im Xetra-Handel war der Auswahlindex für Technologiewerte mit minus 1,24 Prozent auf 1305,66 Punkte aus der Börsensitzung gegangen.

An der Wall Street behielten die Käufer die Oberhand. Der Dow-Jones-Index gewann am Mittwoch trotz schwacher Daten zur US-Wirtschaftsleistung 0,3 Prozent, der kletterte um S&P 500 0,5 Prozent. Der Nasdaq-Composite legte um 0,7 Prozent zu. Viele Börsianer setzten darauf, dass die US-Wirtschaft nach dem schwachen ersten Quartal im zweiten Vierteljahr Fahrt aufnehmen wird. Bergauf ging es auch in Asien: Der Nikkei-Index in Japan notiert 0,4 Prozent fester, der Shanghai-Composite in China rückt um 0,6 Prozent vor.

Die späte positive Interpretation des schwachen US-Wachstums im ersten Quartal dürfte für Kursgewinne an Europas Börsen im frühen Handel sorgen, heißt es. "Erst wurde das schwache Wachstum als Ausdruck der Schwäche der Konjunktur gewertet, dann hat man es als Hinweis auf weiter niedrige Zinsen interpretiert", sagte ein Händler. Dies zeige, dass die Notenbanken unverändert die Richtung an den Börsen vorgeben. Der Dax dürfte zum Start einen Teil der Verluste vom Mittwoch wieder aufholen.

Ähnlich "paradox" sei die Begründung der Kursgewinne in Asien. Am Vortag habe es noch geheißen, angesichts der ersten Börsengänge in China sei Geld aus dem Markt genommen worden, was den Gesamtmarkt belastet habe. Nun aber stützten eben diese IPOs angesichts stark steigender Kurse der Börsenneulinge die Märkte Asiens. "Wie auch immer, die Schaukelbörse unter 10.000 Dax-Punkten geht weiter", erklärte ein Händler.

Bei den deutschen Einzelwerten richten sich die Blicke der Analysten unter anderem auf Henkel: Als leicht belastend werten Händler die gesenkte Jahresprognose bei H.B. Fuller. Der US-Konkurrent war daraufhin am Vorabend 3,5 Prozent tiefer aus dem Handel gegangen. Marktteilnehmer weisen jedoch darauf hin, dass es sich dabei hauptsächlich um eine Belastung des Sentiments handele. "Schaut man tiefer in die Begründung von Fuller, wird klar, dass es sich um hausgemachte Gründe und nicht um Sektorprobleme handelt", sagte ein Händler. Ursache der Prognosesenkung seien langsamere Fortschritte bei der Integration von Geschäftsprojekten in Europa.

Optisch auffällige Kurse erwarten Analysten unter anderem bei Krones, LEG Immobilien und Cancom. Die genannten Aktien werden am Berichtstag mit Dividendenabschlägen gehandelt.

Fusionsgerüchte treiben Chip-Werte

Kräftig aufwärts gehen könnte es mit den Aktien von Dialog Semiconductor und AMS, der früheren Austriamicrosystems. Beide sind nach Angaben der "Financial Times" in Fusionsgesprächen. "Damit würde die globale M&A-Welle endlich auch nach Kern-Europa überschwappen", meinte ein Händler. Da beide Unternehmen etwa gleichgroß seien, dürfte die Entwicklung wohl in Richtung "Merger of Equals" gehen. "Daher dürften beide Aktien heute davon profitieren", sagte der Händler.

Für den TecDax seien dies allerdings schlechte Nachrichten: "Die bisherigen Informationen deuten auf eine Verschmelzung von Dialog auf AMS hin. Damit würde Dialog delistet und der TecDax um ein weiteres großes Unternehmen ärmer", erklärte ein anderer Händler. Die Relevanz des Index würde dadurch immer geringer.

Grund der Gespräche zwischen beiden Chip-Herstellern sei der Wunsch nach Größenwachstum, um für den Massenstart des "Internets der Dinge" gerüstet zu sein, berichtete die "Financial Times". Die Gespräche würden schon seit Monaten laufen, seien jedoch noch in einem frühen Stadium, heißt es unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Die Aktie von Dialog Semiconductor wird vorbörslich gut 6 Prozent höher getaxt.

Schatten in der Bankenbranche

Als stark belastend für die Großbank Barclays stufen Händler Berichte ein, wonach das Haus Hochfrequenzhändler in ihre "Dark Pools" gelassen habe. "Das wiegt weit schwerer als irgendwelche politisch begründeten Themen wie Sanktionsbrüche", sagte ein Händler: "Wenn da etwas dran ist, könnte es das Urvertrauen zwischen Bank und den großen Institutionellen Anlegern zerstören".

Dies könnte langfristig für den Abzug von Anlagekapital sorgen und die Aktie innerhalb des Sektors zum "Underperformer" machen. Ein Analyst bestätigt dies in einer ersten Einschätzung: "Das ist, als würde man den Fuchs in den Hühnerstall lassen. Institutionelle gehen gerade in die Dark Pools statt an offizielle Börsen, um vor solchen Marktteilnehmern sicher zu sein". In den USA wirft der Generalstaatsanwalt von New York der Bank vor, Hochfrequenzhändlern im außerbörslichen Handel in ihrem Dark Pool systematisch Vorteile verschafft zu haben.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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