Bilanz von JP Morgan gefällt Dax zeigt es nicht
12.10.2012, 17:32 Uhr
Schwarmintelligenz verblüfft manchmal mit blitzartigen Richtungswechseln.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Gute Zahlen von JP Morgan können die Nervosität am deutschen Aktienmarkt nicht mindern. Die Zweifel am Zustand der Weltkonjunktur bleiben. Die US-Bilanzsaison hat gerade erst begonnen. Und die Schuldenkrise in Europa gärt auch immer noch.
Schwache Vorgaben aus den USA und Asien haben den deutschen Aktienmarkt am letzten Handelstag der Woche auf der Stelle treten lassen. Eine robuste Bilanz der US-Bank JP Morgan konnte die Scharte nicht mehr auswetzen, die eine Gewinnwarnung von AMD am Vorabend gehauen hatte. "Die Zahlen von JP Morgan haben den Dax etwas nach oben gehievt, aber für frischen Schwung hat es einfach nicht gelangt", sagte ein Händler. Selbst die unerwartet gute Stimmung unter den US-Verbrauchern hielt den Leitindex nur kurz in der Pluszone.
Zum Schluss notierte der Dax 0,7 niedriger bei 7.232 Punkte. Der MDax mittelgroßer Werte sank um 0,9 Prozent auf 11.231 Punkte. Allein der TecDax schaffte ein Plus von 0,5 Prozent auf 814 Punkte.
Der Markt befinde sich derzeit in einer Art Niemandsland, sagte ein Aktienstratege. In Europa stehe nach wie vor die Schuldenkrise im Mittelpunkt, da seien einige hoffnungsvoll stimmende Maßnahmen durch Politik und EZB auf den Weg gebracht. "Jetzt wird erwartet, dass die Konjunktur nachzieht."
Am Vorabend hatte eine Gewinnwarnung an der Wall Street für kräftige Kurseinbußen gesorgt. Der US-Chiphersteller AMD hatte wegen einer weltweit schwachen Nachfrage seine Umsatzprognose fürs dritte Quartal gekappt. Überraschend sei weniger die Warnung selbst als die Höhe der Warnung gewesen, stellte ein Händler fest. Investoren seien besorgt, dass sich die schwächelnde Konjunktur in den Zahlen vieler Unternehmen niederschlagen werde, fügte ein anderer Börsianer an.
Spaßbremse Staatsschuldenkrise
Ansonsten blieb die Stimmung auch diese Woche von den Sorgen um Griechenland, Spanien und das Wachstum der Weltwirtschaft geprägt und die Nervosität entsprechend hoch. Der Entwicklung in Spanien gilt nach wie vor die besondere Aufmerksamkeit. Die Kapitalmärkte treibt weiterhin die Frage um, wann Madrid den Hilfsantrag in Brüssel stellt. Sollte dieser nicht bald erfolgen - und Spanien hat keine Andeutungen in diese Richtung gemacht - könnte sich das Sentiment an der Börse schon bald wieder eintrüben.
"Wir befinden uns momentan in einem trendlosen Markt", sagte ein Aktienhändler. Auf der einen Seite stützten die vorhandene Liquidität und die Käufe aus Furcht vor einer steigenden Inflation. Auf der anderen Seite ließen die Staatsschuldenkrise und schwächelndes Wachstum keine Euphorie aufkommen.
Auch überraschend gute Wirtschaftsdaten aus der Eurozone konnten den Dax in dieser Gemengelage nicht stützen. Dabei fielen die Zahlen zur Industrieproduktion des Euroraums unerwartet gut aus. Die Produktion nahm zum Vormonat um 0,6 Prozent zu, während Volkswirte einen Rückgang um 0,4 Prozent prognostiziert hatten. Auch im Juli war die Produktion um 0,6 Prozent gestiegen. Eine positive Überraschung hatte sich bereits nach der Veröffentlichung unerwartet guter Produktionsdaten in Deutschland, Frankreich und Italien angedeutet.
Bankwerte profitieren von JP Morgan-Zahlen
JP Morgan hat - gestützt auf das Geschäft mit Immobilienkrediten - seinen Gewinn im dritten Quartal um ein Drittel gesteigert. Auch Wells Fargo verzeichnete einen höheren Profit - für Börsianer ein Lichtblick nach enttäuschenden Zahlen des Aluminiumkonzerns Alcoa und des Chipherstellers AMD. "Der Aktienmarkt scheint mit dem Ergebnis zufrieden zu sein", sagte ein Volkswirt von Rockwell Global Capital in New York zu den Zahlen von JP Morgan. "Es ist die erste große Bank, die ihre Zahlen vorlegt, und das dürfte dem Sektor durchaus einen Schub geben."
Europäische Finanzwerte zogen denn auch spürbar an, nach wie vor zusätzlich gestützt von Gerüchten, dass sich die Einführung von "Basel III" verzögern könnte. Spekulationen, dass neue, strenge Eigenkapitalvorschriften mit einer deutlichen Verspätung kommen könnten, hatten bereits am Vorabend die Bankenaktien angetrieben. Dass Insidern zufolge eine Verschiebung kein Thema ist, beeindruckte Investoren nicht. "Auch wenn an dem Gerücht wohl nichts dran ist, es wirkt noch nach", sagte ein Händler. "Die Idee ist: Was die Banken an Eigenkapital nicht vorhalten müssen, kann den Aktionären zugute kommen." Der europäische Branchenindex lag 0,7 Prozent im Plus. Hierzulande waren die Aktien von Commerzbank mit einem Plus von 1,8 Prozent der größte Dax-Gewinner. Deutsche Bank blieben mit einem Minus von 1,5 Prozent allerdings weit abgeschlagen.
Abkehr von Technologiewerten
Unter dem Eindruck der gekappten Umsatzprognose des Chipherstellers AMD machten Anleger um Technologiewerte einen großen Bogen. Schließlich hatten zuvor bereits die PC-Hersteller Hewlett Packard und Dell, aber auch der Rivale Intel die Erwartungen gedämpft. AMD-Aktien sackten im vorbörslichen US-Handel um gut sieben Prozent ab.
Unter den europäischen Technologiewerten fiel ein zeitweise fast 20-prozentiges Kursplus des Chipherstellers STMicroelectronics auf. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte gemeldet, dass das Unternehmen eine Aufspaltung erwäge, die wiederum dazu führen könnte, die kriselnde Handychip-Sparte abzustoßen. In dem Bericht wurde Samsung Electronics als potenzieller Interessent genannt. STMicro lehnte einen Kommentar dazu ab.
Daimler verliert größten Aktionär
Bei den deutschen Einzeltiteln richteten sich die Blicke auf Daimler. Die Aktien notierten zuletzt 0,3 Prozent im Minus. Der Autobauer hat mit dem Scheichtum Abu Dhabi seinen bedeutendsten Großaktionär verloren. Der Staatsfonds Aabar besitze keine direkten Stimmrechte mehr, hieß es in einer Mitteilung an die Finanzwelt. AM Aktienmarkt wird der endgültige Ausstieg des Großaktionärs grundsätzlich positiv bewertet. "Damit ist der Aktienüberhang weg und die ständigen Platzierungs-Gerüchte hören nach dieser Vollzugsmeldung auf", sagte ein Händler.
Besonders schwach zeigten sich Lanxess-Aktien mit minus 4,4 Prozent. Am Vortag hatten sich die Spezialchemietitel nach sieben Verlusttagen noch als einer der Dax-Favoriten deutlich erholt. Barclays-Analyst Andreas Heine nahm seine Einstufung nun von "Overweight" auf "Equal-Weight" zurück und kürzte das Kursziel um zwei auf 73 Euro. Die schwache Nachfrage nach Autos und Reifen in Europa machten die Unternehmensziele für 2012 noch schwerer erreichbar, und begrenzten zudem das Gewinnpotenzial für 2013, so der Experte. Er senkte seine Gewinnschätzungen um 7 und 12 Prozent. Die Experten der Credit Suisse senkten ebenfalls ihr Votum für die Papiere.
Kaufempfehlung treibt Beiersdorf
Eine Kaufempfehlung der UBS trieb derweil Beiersdorf um 0,6 Prozent nach oben. Das Kursziel wurde um acht auf 63 Euro aufgestockt - knapp 10 Prozent über dem jüngsten Xetra-Schluss. In der Theorie müsste Beiersdorf der Analyse zufolge eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen des weltweiten Konsumgüter-Sektors sein, dank der guten Aufstellung bei Produkten und Absatzmärkten. In der Praxis hinke das Unternehmen aber noch hinterher. Dies dürfte sich aber künftig jedoch ändern, heißt es.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa(DJ