Die "Bernanke-Welle" ist durch Euro verliert Schwung
27.03.2012, 17:00 Uhr
Wenn nichts Schlimmes passiert, könnte die Schuldenkrise tatsächlich ihre Schärfe verlieren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die europäische Gemeinschaftswährung profitiert von der zögerlichen Konjunktureinschätzung der US-Notenbank: Die Aussichten auf neue Geldspritzen halten den Euro in der Höhe. Der Druck der Schuldenkrise lässt nach. Italien und Spanien bekommen ohne Probleme neue Kredite.
Der Euro hat sein Monatshoch gegenüber dem US-Dollar nicht verteidigen können. Die "Bernanke-Welle" vom Vortag ebbe ab, sagten Händler. Trotzdem kostete die europäische Gemeinschaftswährung am späten Nachmittag mit 1,3328 Dollar nur etwas weniger als am Morgen. Bevor US-Notenbankchef Ben Bernanke den Dollar zum Wochenauftakt mit seinen Äußerungen unter Druck gebracht hatte, notierte der Euro noch etwa 1,5 Cent niedriger. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs gegen Mittag auf 1,3333 (Montag: 1,3276) Dollar fest.
"Der Risiko-Rally, die am Vortag zu kräftigen Dollar-Verlusten führte, geht die Luft aus", sagte Alan Ruskin, Devisen-Experte von der Deutschen Bank. Zum Wochenauftakt hatte Bernanke für einen Paukenschlag am Währungsmarkt gesorgt. Der Chef der Notenbank Fed hatte betont, dass der Job-Aufschwung in den USA auf wackligen Beinen steht. Das wurde von etlichen Anlegern als Hinweis auf eine mögliche dritte Runde der quantitativen Lockerung interpretiert - also als Zeichen für ein neues Wertpapierkaufprogramm, um die Konjunktur anzukurbeln.
Während die Aktienmärkte Signale für neue Mittel aus der Druckerpresse der Fed in der Regel feiern, schreckt Dollar-Investoren die Frischgeldzufuhr tendenziell ab. Obwohl heute kaum marktbewegende Konjunkturdaten anstanden, konnte sich die US-Devise etwas von ihrem Tief erholen. Die sich abzeichnende Einigung der Euro-Retter auf eine vorübergehende Kombi-Lösung der Krisenfonds EFSF und ESM konnte dem Euro am Vormittag nur zwischenzeitlich Auftrieb verleihen.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,83590 (0,83520) britische Pfund, 110,57 (109,82) japanische Yen und 1,2056 (1,2054) Schweizer Franken fest. In London wurde der Preis für die Feinunze Gold am Nachmittag mit 1.692,00 (Vortag: 1.680,25) Dollar fixiert. Ein Kilogramm Gold kostete 40.080,00 (39.670,00) Euro.
Die Blicke wandern Richtung USA
In Reaktion auf Aussagen von US-Notenbankchef Ben Bernanke, wonach die hohe Arbeitslosigkeit nur durch ein deutlich stärkeres Wirtschaftswachstum als bisher eingedämmt werden könne, hatten Spekulationen auf eine Neuauflage des sogenannten Quantitative Easing (QE3) den Greenback belastet und dem Euro auf ein Monatshoch von 1,3367 Dollar verholfen.
Neue Anleihen-Auktionen am Kapitalmarkt erschienen geeignet, den Eindruck einer langsam abklingenden Schuldenkrise in Europa zu bestätigen: Die Euro-Schuldenländer Spanien und Italien haben sich am Kapitalmarkt erneut erfolgreich mit frischem Geld eingedeckt. Das unter Ministerpräsident Mario Monti auf Reformkurs eingeschwenkte Italien besorgte sich bei mehreren Auktionen am Berichtstag insgesamt 3,8 Mrd. Euro. Die Nachfrage lag damit am oberen Ende der angestrebten Zielspanne. Eine bis 2014 laufende Anleihe rentierte dabei mit 2,35 Prozent und damit niedriger als Ende Februar mit 3,01 Prozent.
Auch Spanien sammelte am Geldmarkt 2,6 Mrd. Euro ein. Dabei war das Interesse aber nicht mehr ganz so groß wie zuletzt: Die Auktion von Papieren mit dreimonatiger Laufzeit war 3,5-fach überzeichnet und damit etwas niedriger als zuletzt, als die Nachfrage das Angebot um das 4-Fache überstieg. Die Emission sechsmonatiger Schuldtitel war 5,6-fach überzeichnet, das Interesse damit jedoch nur noch rund halb so groß wie zuletzt.
Aufatmen am Kapitalmarkt
Bei den Durchschnittsrenditen ergab sich ein gemischtes Bild: Der Zins für die sechsmonatigen Papiere Spaniens war mit 0,836 Prozent etwas höher als im Februar, die dreimonatigen Schuldtitel mit 0,381 Prozent hingegen etwas niedriger als zuletzt. Die EZB hat seit Dezember das Finanzsystem mit mehr als einer Billion Euro geflutet und damit für eine Entspannung an den Anleihemärkten gesorgt. Insbesondere Schuldenländer wie Italien und Spanien profitieren davon, dass sich die Nachfrage nach ihren Papieren spürbar belebt hat.
Zuletzt hatte Spanien jedoch bei der EU ein kurzfristig weniger ehrgeiziges Defizit-Ziel durchgesetzt und damit Irritationen ausgelöst. Italiens Regierungschef Monti hatte seinem spanischen Kollegen Mariano Rajoy vorgeworfen, auf dem Weg zur Etatsanierung zurückgefallen zu sein. Wie Monti nun am Rande des Gipfels über atomare Sicherheit in Seoul mitteilte, haben sich beide Regierungschefs mittlerweile ausgesprochen. Bei der Gelegenheit sei man dem Eindruck entgegengetreten, dass beide Länder nicht mehr an einem Strang zögen. Er habe bei dem Treffen betont, dass er "volles Vertrauen" in die Anstrengungen der spanischen Wirtschafts- und Haushaltspolitik setze, einen Rückfall in Finanzturbulenzen abzuwenden, erklärte der italienische Regierungschef.
Auch die Skepsis der Investoren gegenüber der scheint allmählich etwas nachzulassen. Am Dienstag fiel die von Anlegern geforderte Risikoprämie zur vergleichbaren Bundesanleihe zum ersten Mal seit Anfang September unter 1000 Basispunkte. Die Rendite der zehnjährigen Papiere fiel bis auf 11,84 Prozent; im späten Vortagesgeschäft waren es noch 12,37 Prozent.
"Man muss schon sehen, dass die portugiesischen Renditen im Vergleich zu Italien oder Spanien immer noch auf einem extrem hohen Niveau sind", sagte Helaba-Analystin Viola Storck. "Etwas Vertrauen scheint aber allmählich zurückzukehren, schließlich gibt die Troika Portugal ja auch ständig gute Noten, und Beobachter sagen, sie hätten sich ein sehr strenges Sparprogramm auferlegt."
Zur Stimmungsaufhellung am Markt trug Händlern zufolge auch bei, dass nach dem Einlenken der Bundesregierung eine aus ESM und EFSM bis Mitte 2013 wahrscheinlicher wird.
Spanische Zehnjährige rentierten mit 5,35 (spätes Vortagesgeschäft: 5,37) Prozent, italienische mit 5,08 (5,04) Prozent. Sollten sich die Risikoaufschläge für portugiesische Anleihen unter 1000 Basispunkten halten, könnte das durchaus der Beginn einer Trendwende sein, sagte Storck.
Quelle: ntv.de, rts/dpa