Marktberichte

Schotten-Schock belastet Pfund Keine Euro-Erholung in Sicht

Belastungsfaktor für das britische Pfund: Die Unabhängigkeit Schottlands könnte durchaus Wirklichkeit werden.

Belastungsfaktor für das britische Pfund: Die Unabhängigkeit Schottlands könnte durchaus Wirklichkeit werden.

(Foto: REUTERS)

An den Devisenmärkten richten sich die Blicke der Währungsstrategen auf das britische Pfund. Die britische Währung wird durch neueste Umfrageergebnisse zum Schottland-Referendum schwer belastet. Im Sturm steht weiter der Euro.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat dem Euro auch charttechnisch einen herben Schlag verpasst. Nachdem die Euro-Notenbank die Leitzinsen überraschend senkte und Anleihekäufe schon im Oktober ankündigte, fiel der Euro zum US-Dollar erstmals seit mehr als einem Jahr unter die Marke von 1,30. Das dürfte aber noch nicht das untere Ende der Fahnenstange sein, prophezeien fast unisono die Analysten.

Am frühen Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,2953 Dollar. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,2947 Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7724 Euro. Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,80235 britische Pfund, 136,32 japanische Yen und 1,2069 Schweizer Franken fest.

"Der Gegenwind für den Euro dürfte wegen der expansiven geldpolitischen Maßnahmen der EZB nicht weichen", sagt Lothar Heßler von HSBC Trinkaus. "Der Euro bleibt aus technischer Sicht in der Defensive", meint auch Ralf Umlauf von der Helaba. "Wir empfehlen Euro-Verkäufe bei steigenden Kursen", rät Roelof-Jan Van den Akker von ING. Technische Unterstützungen für den Euro orten die Analysten bei 1,2850 und bei 1,2750 Dollar.

"Vorerst scheint niemand mehr an steigende Euro-Dollar-Kurse zu glauben", fasst Esther Reichelt von der Commerzbank die Stimmung zusammen. Die Analystin untermauert die Aussagen mit der Euro-skeptischen Positionierung in den USA. Dort hätten die spekulativen Marktakteure ihre Wetten auf einen fallenden Euro jüngst noch ausgeweitet. "Der Anteil der Euro/Dollar-Bullen nähert sich bereits seit einigen Monaten den Tiefstständen aus der Zeit der Schuldenkrise", sagt Reichelt.

Schotten-Votum drückt das Pfund

Derweil lastet das Referendum zur Abspaltung Schottlands von Großbritannien auf dem Pfund Sterling. Die britische Währung gab zu Wochenbeginn ein Prozent auf 1,6165 Dollar nach und war damit so billig wie zuletzt Ende November 2013. Ein "Ja" der Schotten zur Unabhängigkeit von Großbritannien dürfte den Wert des britischen Pfundes um weitere fünf Prozent verringern, glaubt Marktexperte Kit Juckes von der Societe Generale. "Das hätte verstärkte Unabhängigkeitsbestrebungen quer durch Europa zur Folge, dürfte das Momentum für Großbritannien verstärken, die EU zu verlassen und das Wachstumspotenzial Schottlands beeinträchtigen", sagt er.

Anleger hätten bislang damit gerechnet, dass die Schotten sich gegen eine Loslösung von Großbritannien aussprechen werden, sagte Jesper Bargmann, Chef-Händler der Nordea Bank in Singapur. In einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage hatte sich erstmals eine knappe Mehrheit für eine Unabhängigkeit Schottlands ausgesprochen. Die Befürworter der Unabhängigkeit sind erstmals mit 51 Prozent in Führung gegangen.

Das Votum am 18. September sei nur der Auftakt für eine Phase der Unsicherheit, warnten die Analysten der Barclays Bank. Schließlich gebe es viele ungeklärte Fragen. Hierzu gehörten die Aufteilung von Vermögenswerten, die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und die Wahl einer schottischen Währung. "Niemand kann momentan behaupten, er hätte wirklich ein Szenario in der Schublade, was mit den Konsequenzen eines Austritts Schottlands aus Großbritannien umgehen kann", sagt ein anderer Händler.

Hoffnung auf Panik-Zugeständnisse

Auch Stan Shamu von IG warnt: "Der Markt muss das Chaos erst noch einpreisen, das ein 'Ja' zur Unabhängigkeit bei der Wahl am 18. September auslösen würde". Für welche Währung sich die Schotten entschieden und wie seine Anleihen behandelt würden, seien vollkommen offene Fragen. Wie überrascht die Welt ist, zeigt die aktuelle Schwäche im britischen Pfund, dass mittlerweile auf einem Neun-Monats-Tief zum Dollar notiert. Die Analysten von Geconomics sehen darin ein mögliches "Black Swan Event" für den Markt, also einen noch nicht eingepreisten Extremfall für die Börsen.

Die einzige Hoffnung liegt in "Panik-Zugeständnissen der britischen Regierung", so ein anderer Händler: "Wenn sie diese Woche noch schnelle Konzessionen machen an das was die Schotten beispielsweise bei Öl-Förderungen verlangen, könnte die Abstimmung noch gut gehen".

Im fernöstlich geprägten Devisenhandel notierte die US-Währung zur Landeswährung Japans mit 105,06 Yen. Der Euro lag über weite Strecken kaum verändert bei 1,2949 Dollar. Der Schweizer Franken notierte zum Euro mit 1,2065 und zum Dollar mit 0,9317.

Quelle: ntv.de, mmo/jwu/dpa/rts/DJ

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