Marktberichte

Trump verdirbt die Stimmung Miese Börsen-Woche erwartet

An den Börsen geht es abwärts.

An den Börsen geht es abwärts.

(Foto: REUTERS)

Die schlechte Stimmung am deutschen Aktienmarkt wird sich kommende Woche wohl nicht so schnell aufhellen. Nach der Ankündigung neuer Strafzölle gegen China durch US-Präsident Trump erreicht der Handelskrieg zwischen den beiden Großmächten eine neue Eskalationsstufe.

Nach der Serie von Notenbanksitzungen rücken die politischen Risiken für Anleger wieder in den Vordergrund. Nach der überraschenden Ankündigung weiterer US-Strafzölle auf chinesische Waren bereiten ihnen vor allem die weltweiten Handelskonflikte Bauchschmerzen. "Da China bereits Gegenmaßnahmen angekündigt hat, und sich Japan und Südkorea ebenfalls in Handelsfragen zerstritten haben, entwickeln sich die Dinge derzeit zum Schlechteren", sagt Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.

Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners verweist darauf, dass der schwelende Zollstreit zwischen den USA und der EU ebenfalls noch ungelöst sei. Der Dax rutschte am Freitag unter die Marke von 12.000 Zählern und schloss 3,1 Prozent tiefer bei 11.872 Punkten. Damit bewegt sich der deutsche Leitindex wieder auf dem Niveau von Anfang Juni. Der Wochenverlust von 4,4 Prozent ist der größte seit Oktober 2018.

Mit der Eskalation des Zollstreits mit China ziele US-Präsident Donald Trump indirekt auf die US-Notenbank, sagt Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. "Das Timing ist wohl nicht zufällig und Teil seiner Strategie, die Fed zu weiteren Zinssenkungen zu drängen." Schließlich sehe diese den Handelsstreit als größten Risikofaktor für die Weltwirtschaft.

Die US-Notenbank hatte den Leitzins am Mittwoch erstmals seit der Finanzkrise von 2008 um einen viertel Prozentpunkt gesenkt. Trump kritisierte dies deutlich, er will eine aggressivere Lockerung der Geldpolitik. "Statt den Konflikt zu lösen, setzt Trump noch einen drauf", sagt Marktanalyst Salah Bouhmidi vom Broker DailyFX. "Die Marktteilnehmer sehen das negativ und drücken die Märkte nach unten. Der Handelskonflikt könnte nun in einer neuen Runde zu einer stärkeren Belastung für die Börsen und die Realwirtschaft werden."

"Den Rubikon überschritten"

Angesichts der Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den USA und China hatte der Markt zwar auf zähe Verhandlungen, danach aber auf eine gütliche Einigung gesetzt. "Trump befindet sich auf einem Amoklauf gegen die Weltwirtschaft", sagt ein Aktienhändler: "Der Markt muss nun mit allem rechnen."

Analysten stufen Trumps Maßnahmen als bedrohlich ein. So warnt Aditya Bhave, Global Economist von Bank of America-Merrill Lynch (BoA-ML), mit der Einführung der neuen Strafzölle von zehn Prozent auf chinesische Importe habe Trump "den Rubikon überschritten"; sie seien "ein Game Changer" und eine große Eskalation. Denn anders als früher seien nun auch Konsumgüter davon betroffen. Von den 300 Milliarden Dollar an betroffenen China-Importen zählten rund 120 Milliarden Dollar zu dieser Kategorie.

"Angesichts der Bereitschaft der US-Administration, selbst Konsumgüter mit einzubeziehen, denken wir, dass nun sämtliche Optionen offen sind zu einer weiteren Eskalation des Handelskrieges", fürchtet Bhave. Selbst Strafzölle von 25 Prozent auf sämtliche chinesischen Importe, Zölle auf Autos und auf Waren aus anderen Ländern wie Vietnam, die einen hohen Handelsüberschuss gegenüber den USA haben, schließt der Merrill-Stratege nun nicht mehr aus.

Dadurch könnte eine Spirale mit unbeabsichtigten Konsequenzen in Gang kommen. So könnte die Eskalation den globalen monetären Lockerungszyklus verlängern und den US-Dollar stark bleiben lassen, obwohl die US-Notenbank weitere Zinssenkungen vornimmt. Dies wiederum könnte weitere Zollschritte oder sogar Währungsinterventionen durch die USA auslösen.

Ob der Dax die gerissene 12.000er-Marke in den kommenden Tagen nachhaltig zurückerobern kann, ist daher mehr als fraglich. Die geldpolitischen Lockerungen der Notenbanken scheinen am Aktienmarkt keine positiven Wirkungen mehr zu entfalten. "Das süße Gift des billigen Geldes wirkt nicht mehr", konstatiert die LBBW in ihrem Wochenausblick. Der US-Notenbank Fed sei es mit ihrer jüngsten Leitzinssenkung nicht gelungen, neue Kursfantasie am Aktienmarkt zu entfachen.

Auf der Insel nichts Neues

Beim zweiten Dauerbrenner-Thema, dem Brexit, zeichne sich derweil keine Bewegung in den verhärteten Fronten zwischen dem neuen Premierminister Boris Johnson und der EU ab, sagt Stefan Bielmeier, Chef-Volkswirt der DZ Bank. "Johnson wird sicherlich versuchen, mit neuen Angeboten und allerlei Drohungen die Gegenseite zum Nachgeben zu zwingen. Allein, die Erfolgsaussichten sind mager." Damit steige das Risiko eines ungeordneten EU-Ausstiegs Großbritanniens zum 31. Oktober.

Unterdessen strebt die Bilanzsaison einem weiteren Höhepunkt entgegen. In der neuen Woche legen allein aus dem Dax ein knappes halbes Dutzend Firmen Geschäftszahlen vor, darunter die Deutsche Telekom, der Zahlungsabwickler Wirecard und der Versorger Eon. Zur Halbzeit der Dax-Bilanzsaison mit zahlreichen Gewinnwarnungen sei das Fazit bislang enttäuschend, so die LBBW.

Im Ausland öffnen unter anderem die HVB-Mutter Unicredit und der Unterhaltungskonzern Walt Disney ihre Bücher. Zwar hätten die bisher vorgelegten Geschäftszahlen meist positiv überrascht - allerdings nur dank der niedrigen Erwartungen, sagt Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank.

Konjunkturdaten stehen in der neuen Woche nur wenige auf dem Terminplan. Den Auftakt bildet das Barometer für die Stimmung der deutschen Einkaufsmanager am Montag. Gespannt warten Anleger zudem auf die Auftragseingänge der Industrie am Dienstag. Am Tag darauf folgen die Zahlen zur Industrieproduktion. "Die bis zuletzt schlechte Stimmung macht wenig Hoffnung, dass die anstehenden Daten eine Wende zum Besseren signalisieren werden", sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ

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