Facebook erneut auf Talfahrt New York schließt freundlich
29.05.2012, 23:00 Uhr
Konzentrierte Entscheidungen an der New York Stock Exchange: "Alles, was die Unsicherheit in Europa eindämmt, ist eine gute Nachricht."
(Foto: REUTERS)
Ermutigende Signale aus der Eurozone und die Hoffnung auf florierende Geschäfte in China schieben die großen Indizes an der Wall Street ins Plus. Voller Sorge blicken die Anleger allerdings auf die Lage in Spanien - und die neuerlichen Kursverluste bei Facebook.
Umfrageergebnisse aus Griechenland haben unter Anlegern an den US-Börsen nach dem langen Wochenende für vorsichtige Zuversicht gesorgt. Einen kräftigen Schuss Wasser in den Wein gab allerdings Facebook: Die Aktie des Börsenneulings rutschte knapp zehn Prozent ab und fiel damit deutlich unter die 30-Dollar-Marke.
Die großen Börsenbarometer des US-Aktienhandels verzeichneten dagegen deutliche Kursgewinne: Der Dow-Jones-Index gewann 1,01 Prozent auf 12.580,69 Punkte und ging auf dem höchsten Stand seit fast zwei Wochen aus dem Handel. Er knüpfte damit an seine jüngste Erholung mit einem Plus von 0,69 Prozent in der Vorwoche an. Händler verwiesen vor allem auf eine Stabilisierung am Häusermarkt als positiven Impuls. Der marktbreite S&P-500-Index stieg um 1,11 Prozent auf 1332,42 Punkte. An der technologielastigen Nasdaq legte der Composite Index 1,18 Prozent auf 2870,99 Punkte zu. Der Auswahlindex Nasdaq 100 kletterte um 1,26 Prozent auf 2558,97 Punkte.
Nach dem verlängerten Wochenende in den USA waren einem Börsianer zufolge "die Akkus wieder aufgeladen". Frische Daten aus der US-Wirtschaft lieferten neue Anhaltspunkte zur Konjunkturlage: Die Hauspreise waren zwar im März schwächer als erwartet gestiegen. Börsianer lobten aber dennoch die Stabilisierung am US-Immobilienmarkt. Auch der überraschende Rückgang des Verbrauchervertrauens im Mai beeindruckte kaum. Die . Das Barometer für das Verbrauchervertrauen sank auf 64,9 Punkte von revidiert 68,7 Zählern im April.Chefhänder Oliver Roth von CBSeydler verwies auch auf die wieder verstärkten Hoffnungen auf weitere geldpolitische Lockerungen durch die internationalen Notenbanken.
Positiv wirkten auch Spekulationen über konjunkturfördernde Maßnahmen in China sowie Umfrageergebnisse zur politischen Lage in Griechenland. Diese Impulse waren an der Wall Street wegen des Feiertags zum "Memorial Day" am Vortag noch nicht verarbeitet worden.
Die Anleger an der Wall Street zeigten sich vor allem erleichtert, dass griechischen Umfragen zufolge die konservativen Unterstützer der Reformauflagen vor den Neuwahlen am 17. Juni vor der radikalen Linksallianz liegen. Ein drohender Austritt des Landes aus der Eurozone hatte wegen der schwer vorhersehbaren Folgen die Märkte in den letzen Wochen belastet. "Alles, was die Unsicherheit in Europa eindämmt, ist eine gute Nachricht", sagte Jon Merriman von Merriman Holdings. "Die Wahlumfragen deuten darauf, dass Griechenland in der Spur bleibt."
Allerdings dämpfte der Euro im Verlauf die Stimmung. Die europäische Währung fiel wegen Sorgen um Spanien auf den tiefsten Stand seit Juli 2010. In Frankfurt war der Dax mit einem Plus von 1,2 Prozent bei 6396 Punkten aus dem Handel gegangen.
Auch neue Hoffnungen, dass ein allzu kräftiger Wirtschaftsabschwung in China vermieden werden könnte, sorgten für Zuversicht. Die größten Banken der Volksrepublik haben zum Monatsende offenbar damit begonnen, wieder mehr Kredite zu vergeben, wie "Shanghai Securities News" unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen berichtete. Zugleich wolle die Regierung Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte beschleunigen.
Bei den Einzelwerten stand einmal mehr die Aktie von Facebook im Fokus, die abermals abrutschte. Der Facebook-Kurs fiel um 9,6 Prozent auf 28,84 Dollar und lag damit mehr als neun Dollar unter den Ausgabepreis bei ihrem Börsengang. Das Online-Netzwerk wird als möglicher Käufer von Opera ins Spiel gebracht. Die Titel des norwegischen Softwarehauses - bekannt für seinen gleichnamigen Internet-Browser - stiegen an der Börse Oslo um bis zu 26 Prozent auf ein Rekordhoch.
Zu den größten Verlieren gehörte der Pharmahersteller Vertex. Nach enttäuschenden Ergebnissen einer klinischen Studie stürzte die Aktie 10,9 Prozent ab. Die Pharmagesellschaft revidierte zuvor gemachte positive Studienergebnisse zu einem Hoffnungsträger.
Nahezu alle Branchenindizes notierten im Plus, die Nachrichtenlage blieb aber unternehmensseitig dünn. Analysten der Bank of America senkten die Gewinnschätzungen für Citigroup, Morgan Stanley, Goldman Sachs und JP Morgan mit Verweis auf das schwache Investment-Banking. Allerdings ließen die Analysteneinschätzung Anleger weitgehend kalt. JP Morgan kletterten um 0,4 Prozent auf 33,63 Dollar, Morgan Stanley um 2,9 Prozent auf 13,64 Dollar und Citigroup um 2,1 Prozent auf 27,02 Dollar.
Chesapeake Energy zogen um 3,4 Prozent auf 16,35 Dollar an. Ein von Großinvestor Carl Icahn betriebener Investmentfonds hatte ein Paket von 7,56 Prozent am Öl- und Erdgasproduzenten erworben. Laut Icahn hat Chesapeake einige der "besten Öl- und Gas-Anlagen der Welt".
LeCroy katapultierten sich um 55,4 Prozent auf 14,20 Dollar in die Höhe: der Hersteller elektronischer Testgeräte wird von Teledyne Technologies übernommen. Die Transaktion hat einen Umfang von 291 Mio. Dollar.
Angesichts der allgemein aufkommenden Zuversicht am US-Aktienmarkt warnten Händler vor Euphorie: Die Sorgen um die spanische Bankenkrise laste weiter auf dem Sentiment, hieß es am Markt. Zwischenzeitlich machte ein Gerücht die Runde, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) bald zur Rekapitalisierung des spanischen Bankensystems äußern werde. Händler erkannten darin eine Hoffnung, die sich im Handelsverlauf nicht erfüllte, aber temporär stützte.
"Europa dominiert weiter das Geschehen. Nach einer mehrwöchigen Durststrecke kann man nicht von Ermüdungserscheinungen unter Verkäufern sprechen. Aber auf einem bestimmten Kursniveau verlassen eben einige das Lager der Bären", sagte Vermögensverwalter Adrian Day.
Die spanische Regierung hatte sich zuvor bereit erklärt, das in Schieflage geratene Kreditinstitut Bankia mit 19 Mrd. Euro zu stützen. Die Summe übertraf die schlimmsten Befürchtungen. Finanzmarktakteure rechnen mit einer baldigen Inanspruchnahme von Hilfen durch die EZB bzw des europäischen Rettungsschirms EFSF. Die spanische Regierung sah sich dagegen beim Defizitabbau trotz der Probleme im heimischen Bankensektor auf dem richtigen Weg.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 710 Mio. Aktien den Besitzer. 2370 Werte legten zu, 639 gaben nach und 82 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,64 Mrd. Aktien 1754 im Plus, 755 im Minus und 129 unverändert.
Stichwort: Spanien
Am Rentenmarkt beherrschten die Probleme im spanischen Bankensektor die Lage: Die trieb die Preise für US-Staatsanleihen in die Höhe. Anleger griffen bei den als sicher geltenden Bonds zu, nachdem bekanntwurde, dass das Euro-Land bei der Krisenabwehr immer größere Lasten schultern muss. Der Preisaufschlag wurde allerdings von einer Erholung der Aktienmärkte begrenzt.
Das zehnjährige Papier gewann 3/32 auf 100-4/32. Die Rendite lag bei 1,7345 Prozent. Die dreißigjährige Anleihe legte ebenfalls um 3/32 zu auf 103-4/32 und rentierte mit 2,8443 Prozent.
Die Zinsen für spanische Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit waren am Montag auf 6,53 Prozent gestiegen. "Das ist eine Bewährungsprobe für Spanien, die zeigt wie das Land mit seinem Banksystem umgeht", sagte Guy LeBas von Janney Montgomery Scott in Philadelphia.
Quelle: ntv.de, nne/rts/DJ