Fakten & Mythen

Raucher haben viele Ausreden Nikotin ist eine starke Droge

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Immer mehr Frauen sterben an den Folgen des Rauchens.

(Foto: picture alliance / dpa)

Rauchen ist schädlich. Das wissen sogar die Raucher selbst. Da es jedoch schwer ist, die Sucht, die sowohl den Körper als auch die Psyche beherrscht, wieder loszuwerden, legen sich viele Raucher ein paar selbstbeschwichtigende Aussagen zurecht -  die allerdings allesamt ins Reich der Legenden, Mythen und Märchen gehören.

1. Die meisten Raucher sterben gar nicht an den Folgen des Rauchens. Falsch!

Im Zigarettenrauch befinden sich mindestens 40 Substanzen und giftige Gase, die zweifelsfrei als krebserregend eingestuft werden können. Der Rauch von Zigaretten führt zudem zur Beeinträchtigung und Zerstörung sogenannter Telomere, also den Enden der Chromosomen, die die DNA schützen. Aus diesem Grund wird das biologische Alter von Rauchern erheblich erhöht, Studien sprechen von bis zu 4,6 Jahren. Dementsprechend sinkt die Lebenserwartung einer Person um rund 22 Minuten pro Zigarette. Hinzu kommen die vielen Erkrankungen, die durch die Schadstoffaufnahme beim Rauchen entstehen. Rund 95 Prozent aller diagnostizierten Lungenkrebs-Patienten sind Raucher. Neben Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen können auch Impotenz, Diabetes mellitus Typ 2, Multiple Sklerose, Leberzirrhose oder Magen-Darm-Geschwüre ausgelöst oder begünstigt werden. Forscher können zudem nachweisen, dass Raucher in bestimmten Bereichen des Gehirns weniger Graue Substanz besitzen als Nichtraucher.

2. Die Zahl der Raucher nimmt doch sowieso jedes Jahr ab. Falsch!

Weltweit rauchen mehr als 1,3 Milliarden Menschen. Das sind mehr als je zuvor. Bleibt diese Zahl auch in Zukunft so hoch, werden rund eine Milliarde Menschen in diesem Jahrhundert aufgrund des Rauchens den Tod finden. Jährlich sterben fünf Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Allein in Deutschland sterben täglich mehr als 300 Menschen an Krankheiten, die auf Tabakkonsum zurückzuführen sind. 2012 rauchten 18,2 Millionen Menschen versteuerte Zigaretten, Zigarren und Zigarillos in Deutschland (IfD Allensbach, Personen ab 14 Jahren). Das sind im Vergleich zum Vorjahr 300.000 Menschen weniger. Auch wenn die Zahl der Raucher in Deutschland von Jahr zu Jahr sinkt und vor allem der Anteil der jugendlichen Raucher abnimmt, ist doch bedenklich, dass in den letzten Jahren immer mehr Frauen zum Glimmstängel griffen.

3. Abschreckende Bilder nutzen gar nichts. Falsch!

Einheitslook: in Australien sind inzwischen alle Zigarettenschachteln großflächig mit Warnhinweisen bedruckt.

In Australien wird bereits mit Ekelbildern auf den Schachteln gegen das Rauchen gekämpft.

(Foto: dpa)

Die Wirkung von abschreckenden Bildern ist wissenschaftlich mehrfach belegt. Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (DKFZ)von 2009 kommt zu einem klaren Ergebnis. Abschreckende Bilder, die die Folgen des Rauchens zeigen, lösen negative Emotionen aus und können so dazu beitragen, dass weniger geraucht oder ganz damit aufgehört wird. Die Bilder sind im Übrigen den derzeit in Deutschland verwendeten geschriebenen Warnhinweisen vorzuziehen, denn sie erreichen auch Menschen, die kaum oder gar nicht lesen könne und Raucher, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Kein Wunder, dass die Tabakindustrie gegen die Einführung solcher Bilder in zahlreichen Ländern klagte.

4. Rauchen führt gar nicht zu körperlicher Abhängigkeit. Rauchen ist nur eine schlechte Angewohnheit, von der man sich leicht trennen kann. Falsch!

Nikotin ist eine Droge und ein Nervengift. Es macht innerhalb kurzer Zeit so  süchtig wie viele andere als harte Drogen bezeichnete Suchtmittel. Die WHO erkennt Tabakabhängigkeit offiziell als Krankheit an. Gegen die unter Rauchern weit verbreitete Meinung, dass nur ihr Wille stark genug sein müsse, um mit dem Rauchen aufzuhören, steht der Nachweis der körperlichen Abhängigkeit gegenüber. Diese jedoch wird von vielen Rauchern nicht bewusst wahrgenommen. Körperliche Abhängigkeit kann als Hauptgrund für den Tabakkonsum angesehen werden, denn viele Raucher wollen Ex-Raucher werden und schaffen es nicht, von der Sucht loszukommen.

5. Light-Zigaretten sind wesentlich weniger schädlich. Falsch!

In sogenannten Light-Zigaretten ist weniger süchtig machendes Nikotin enthalten als in normalen fertig produzierten Zigaretten. Forscher aus den USA fanden jedoch heraus, dass die Tabakprodukte mit geringerem Nikotingehalt insgesamt mehr andere, schädliche Inhaltsstoffe aufweisen als normale Zigaretten. Aus diesem Grund ist der Rauch einer Light-Zigarette sogar gesundheitsschädlicher. Zudem konnte in einer anderen Untersuchung nachgewiesen werden, dass sich der Raucher mit seiner Inhalationstiefe und -stärke seinem individuellen Bedürfnis nach Nikotin anpasst.

6. Zigaretten ohne jegliche Zusätze sind weitaus weniger schädlich. Falsch!

Rauchen ohne Zusatzstoffe scheint im Trend zu liegen. Jede große Marke hat inzwischen eine eigene "Natur"-Linie, die als gesündere Rauchvariante daherkommt. Aber auch das ist ein Mythos, denn die abhängig machende Droge Nikotin ist natürlich auch in "Natural"-Zigaretten vorhanden. Allerdings werden einer herkömmlichen, industriell gefertigten Zigarette bis zu 30 Stoffe zugesetzt, die von Ammoniak, über Vanillin , Glyzerin, Harnstoff, Menthol bis hin zu Zucker reichen. Alle Zusatzstoffe sind darauf ausgerichtet, das Rauchen so angenehm wie möglich zu machen, die Abhängigkeit und den Nikotinkonsum aufrechtzuerhalten. Menthol, das fast jeder Zigarette, allerdings meistens unter der geschmacklich wahrnehmbaren Grenze, beigemischt wird, kann das Kratzen im Hals und den Hustenreiz verringern. Beides sind Warnsignal des Körpers, die beim Rauchen auftreten. Zigaretten, die ohne diese Zusatzstoffe auskommen, könnten also beim Raucher einen geringeren Konsum bewirken. Gesünder sind die Zigaretten aber nicht.

7. Ich rauche ja nur fünf Zigaretten am Tag, da muss ich mir keine Sorgen um meine Gesundheit machen. Falsch!

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Jede Zigarette ist ein Gesundheitsrisiko.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Raucher, die nur fünf Zigaretten am Tag konsumieren, schaden ihrem Körper natürlich weniger als Raucher von täglich 30 Zigaretten. Doch schon eine einzige Zigarette am Tag kann süchtig machen und erhöht das Risiko, eine durch Tabakkonsum entstehende Krankheit zu bekommen, erheblich. Vor allem Frauen reagieren auf Zigarettenrauch wesentlich empfindlicher als Männer. Sie haben als Raucherinnen ein wesentlich höheres Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen, als qualmende Männer. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, steigt für Raucherinnen um 30 Prozent im Vergleich zu Nichtraucherinnen. Egal, wie wenig man am Tag raucht - es besteht die große Gefahr, dass sich die Sucht in kurzer Zeit schleichend verstärkt und aus fünf dann zehn oder mehr Zigaretten pro Tag werden.

8. Nikotinpflaster, -kaugummis oder -tabletten helfen sowieso nicht beim Aufhören. Falsch!

Wer sich entschlossen hat, mit dem Rauchen aufzuhören, der muss nicht nur seinen inneren Schweinhund überwinden, sondern auch die körperlichen Entzugserscheinungen ertragen. Da diese von Person zu Person unterschiedlich stark ausfallen können, gibt es für schwer gebeutelte Abgewöhner Hilfe aus der Apotheke in Form von Kaugummis, Pflastern oder Nasensprays. Zahlreiche Studien belegen den Nutzen der nikotinhaltigen Ersatzprodukte. Von den Krankenkassen allerdings werden sie nicht bezahlt. Wahrscheinlich helfen die Nikotinersatzprodukte individuell verschieden gut. Wichtig ist, die Dosis an das frühere Rauchverhalten anzupassen. Apotheker können bei Fragen weiterhelfen. Beim Aufhören sind ein starker Wille und die richtige Motivation die wichtigsten Voraussetzungen.

9. Passivraucher sind nicht wirklich in Gefahr, da die Konzentration von giftigen Stoffen in der Luft viel zu gering ist. Falsch!

Passivrauchen ist gesundheitsschädlich. Der Raucher nimmt beim Inhalieren rund ein Viertel des schädlichen Qualms auf, der Rest wird über das Ausatmen und das Glimmen der Zigarette an die Umgebungsluft abgegeben. Der Rauch in der Umgebungsluft enthält laut einer Untersuchung eine etwa 30 Mal höhere Konzentration an krebserregenden Substanzen als der inhalierte Rauch. Das bedeutet, bei einem einstündigen Aufenthalt in einem verrauchten Raum nimmt man so viele Giftstoffe auf, als hätte man selbst eine Zigarette geraucht. Nichtraucher, die sich also regelmäßig und über einen längeren Zeitraum in Räumen mit Zigarettenrauch aufhalten, haben ähnliche Gesundheitsrisiken wie Raucher. Passivrauchen kann einer Untersuchung aus den USA zufolge sogar im Freien passieren. Vor allem in der Nähe von Raucherinseln, vor Bars oder Kneipen nehmen Nichtraucher die schädlichen Stoffe auf.

10. Wenn man aufhört zu rauchen, wird man nur dick. Falsch!

Raucher bringen im Durchschnitt 3,5 Kilogramm weniger auf die Waage als Nichtraucher (Daten DKFZ). Die Gifte, die beim Rauchen entstehen, zügeln tatsächlich den Appetit und das Verlangen nach Essen. Zigarettenrauch beschädigt auch die Geschmacksknospen auf der Zunge. Nikotin greift zudem in den Stoffwechsel ein, so dass jeder Raucher 150 bis 200 Kilokalorien täglich mehr verbraucht. Tatsächlich nehmen die meisten Raucher nach dem Aufhören durchschnittlich 4,5 Kilogramm in ein bis zwei Jahren zu. Das entspricht keiner beängstigenden Gewichtszunahme und ist im Vergleich zu den Gesundheitsrisiken, die das Rauchen mit sich bringen, das wesentlich kleinere Übel, das mit etwas Disziplin wieder verschwinden kann. Und nicht jeder, der mit dem Rauchen aufhört, muss auch zunehmen. Beginnt man als frischgebackener Ex-Raucher, sich mehr zu bewegen oder sogar mit Sport und achtet man gleichzeitig auf gesündere Ernährung (von der man sehr bald wieder mehr schmeckt), kann das Gewicht auch gehalten werden.

11. Rauchen entspannt. Falsch!

Heroinabhängige, die sich gerade einen Schuss gesetzt haben, sind entspannt, genauso wie Nikotinabhängige während einer Zigarette entspannen. Beiden wird die Droge verabreicht, die sie benötigen. Raucher, die ohne Nikotin auskommen müssen, sind alles andere als gelassen. Sie bekommen Stress auf mehreren Ebenen und erst die nächste Zigarette kann diesen abbauen. Tatsächlich hat der Nikotingenuss aber eine kurzzeitig anregende und manchmal sogar aufputschende Wirkung. Es kann nämlich die sogenannte Blut-Hirn-Schranke durchdringen und aktiviert so im Gehirn die Ausschüttung von mehreren Stoffen, unter anderem Dopamin, einem Botenstoff, der umgangssprachlich auch als Glückshormon bezeichnet werden kann. Es sind vor allem diese Ausschüttungen, die Nikotin zu einer der am schnellsten süchtig machenden Substanzen machen. Denn wenn Raucher ehrlich sind, dann waren ihre ersten Zigaretten grauenhaft und wirkten alles andere als entspannend.

Quelle: ntv.de

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