"Als wäre ich nicht weg gewesen" Gerst fühlt sich "fantastisch" auf ISS
12.06.2018, 19:09 UhrSeit Freitag ist Alexander Gerst auf der Internationalen Raumstation. Vieles dort ist ihm vertraut, erzählt er auf seiner ersten Pressekonferenz aus dem All. Vieles aber ist neu, denn er hat diesmal mehr Verantwortung. Auch die WM schafft es bis zu ihm ins All.
Vier Tage nach seiner Ankunft auf der Internationalen Raumstation ISS geht es dem deutschen Astronauten Alexander Gerst dort "fantastisch". Die Ankunft am Freitag habe sich "wirklich so angefühlt, als ob ich hier nicht mal weg gewesen wäre", sagte Astro-Alex bei seiner ersten Pressekonferenz aus dem All. "Selbst das Schweben klappt - mir ist nicht schlecht geworden, keine Weltraumkrankheit."
"Die Stimmung ist super in der Crew", schwärmte Gerst. "Man muss sich das hier vorstellen wie einen Campingurlaub: Man hat viel Spaß, aber nicht ganz so viel Komfort." Auch erste Experimente habe er schon gemacht. Unter Jetlag oder auch nur postirdischer Depression scheint "Astro-Alex" nicht zu leiden: Er wirkte bei der Übertragung äußerst gut gelaunt und fit.
"Die Reise hier hoch war eine andere als beim letzten Mal", sagte Gerst. "Ich hatte mehr Zeit, mehr Verantwortung." Als Co-Pilot habe er in der Sojus-Kapsel sehr viel arbeiten müssen und kaum nach draußen schauen können. Dies habe dazu geführt, "dass die Romantik so ein bisschen gefehlt hat bei diesem Flug", sagte Gerst. "Die kommt vielleicht später, wenn ich ein bisschen mehr Zeit habe, mal aus dem Fenster zu schauen - ganz wegbleiben tut sie natürlich nicht." Er habe aber auch nicht richtig Zeit gehabt, den Moment zu genießen, da er mit einem kleinen technischen Problem - einem defekten Sensor - zu kämpfen hatte. Immerhin habe er von oben seine Kölner Heimat erkennen können, und das sei schön gewesen.
"Gucken WM beim Abendessen"
Gerst muss im Weltraum nicht komplett auf die Fußball-Weltmeisterschaft verzichten. "Wir schauen beim Abendessen, wenn wir Zeit haben, mal ein bisschen rein", sagte er in einer Live-Übertragung von der Internationalen Raumstation zum Europäischen Astronautenzentrum in Köln. Dabei ließ er einen WM-Ball durchs Bild schweben. Er erzählte auch von einer Wette: Wenn Russland die WM gewinnt, lässt er sich eine russische Flagge auf die Stirn malen. Bei einem deutschen Sieg lässt sich der russische Kosmonaut Sergej Prokopjew eine Gerst-Glatze schneiden. Er wollte allerdings nicht darüber spekulieren, wer die WM gewinnt: Schließlich sei er Wissenschaftler und kein Wahrsager.
Dennoch gibt es eine Sache, die er vermisst: Man kann sich abends nach getaner Arbeit nicht aufs Bett fallen lassen - man bewegt sich ja in der Schwerelosigkeit. Dadurch fehle einem das Gefühl richtiger Entspannung. In ein paar Wochen werde er sicher auch Salat und Pizza vermissen, sagte er. Aber im Moment sei das noch nicht so - da freue er sich einfach darüber, wieder da zu sein.
Gerst war zwei Tage nach dem Start in Baikonur am Freitag zu seinem zweiten Langzeitaufenthalt auf der ISS eingetroffen. Der als Astro-Alex bekannt gewordene 42-Jährige wird bis Dezember auf der ISS bleiben und im Oktober als erster Deutscher das Kommando der Raumstation übernehmen. Seine Mission stellte er unter das Motto "Horizons". Laut Deutschem Raumfahrtzentrum DLR stammen von den zahlreichen Experimenten während der Mission 67 aus Europa, davon 41 aus Deutschland.
Quelle: ntv.de, cam/AFP/dpa