Nach Corona-Infektion Junge Frauen leiden öfter an chronischer Erschöpfung
21.09.2022, 20:02 Uhr
Chronische Erschöpfung trifft insbesondere jüngere Frauen zwischen 18 und 24 Jahren.
(Foto: IMAGO/Westend61)
Häufige Müdigkeit, fehlende Energie - immer mehr Menschen kämpfen gegen chronische Erschöpfung. Nach einer Corona-Infektion seien Patienten im Vergleich zur Restbevölkerung doppelt so häufig betroffen. Der Leidensdruck werde häufig unterschätzt.
Einer aktuellen Studie zufolge leiden nach einer Corona-Infektion deutlich mehr Menschen an einem chronischen Erschöpfungssyndrom als Menschen, die nicht mit dem Virus in Kontakt waren. Von dem Erschöpfungssyndrom sind zudem überwiegend junge Frauen betroffen, wie die Berliner Charité und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein gemeinsam mitteilten. Das Forschungsteam wertete Daten von rund tausend Patientinnen und Patienten aus, deren Corona-Infektion mindestens sechs Monate zurücklag.
Eine Vergleichsgruppe wurde aus rund 1000 Menschen ohne vorangegangene Infektion gebildet. Rund 19 Prozent der zuvor Corona-Infizierten wiesen demnach relevante Symptome für ein chronisches Erschöpfungssyndrom auf. In der Vergleichsgruppe waren es im Gegensatz nur acht Prozent. Chronische Erschöpfung kommt den Forschenden zufolge damit auch Monate nach einer Infektion mit dem Coronavirus mehr als doppelt so häufig vor wie in der gesunden Allgemeinbevölkerung. Insbesondere trifft sie jüngere Frauen zwischen 18 und 24 Jahren.
"Wir hatten im direkten Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung keine so hohen Zahlen und keinen so deutlichen Unterschied erwartet", erklärte einer der Mitautoren der Studie, der Charité-Neurologe Carsten Finke. Das postinfektiöse chronische Erschöpfungssyndrom, auch bekannt als Fatiguesyndrom, zeigt sich den Angaben zufolge durch eine langfristige und stark ausgeprägte körperliche Schwäche.
Großer persönlicher Leidensdruck
Die Erkrankung ist laut Finke mit großem persönlichen Leidensdruck verbunden, führt zudem zu Ausfällen am Arbeitsplatz und stellt eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem dar. Geeignete Therapieoptionen fehlen demnach. Zudem gab es bislang keine zuverlässigen Zahlen für die Häufigkeit von Spät- und Langzeitfolgen wie dieser nach einer Corona-Infektion.
Eine weitere häufige Folge nach einer Corona-Infektion sind der Studie zufolge kognitive Einschränkungen wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen. Sie zeigten sich bei 27 Prozent der Untersuchten. Die Symptome wurden eher bei Männern ab 55 Jahren beobachtet. Nur wenige von ihnen beklagten der Untersuchung zufolge gleichzeitig auch Symptome einer chronischen Erschöpfung. Bei Menschen zwischen 25 und 54 Jahren litt im Gegensatz etwa die Hälfte an Fatigue und kognitiven Einschränkungen.
Das Forschungsteam schloss daraus, dass voneinander unabhängige Faktoren zum Auftreten der beiden Folgen führen. Es sei nun interessant, ob die kognitiven Defizite dauerhaft bestehen blieben, oder ob sie sich zurückbildeten, erklärte Studienmitautor Walter Maetzler vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. "Die aktuellen Daten geben erste Hinweise darauf, dass das chronische Erschöpfungssyndrom weniger stark ausgeprägt ist, je länger die Erkrankung zurückliegt."
Quelle: ntv.de, can/AFP