Millionen Todesfälle ausgewertet Kälte ist gefährlicher als Hitze
21.05.2015, 03:52 Uhr
Dick eingepackt: Zu warm oder zu kalt?
(Foto: picture alliance / dpa)
Kann das Wetter der Gesundheit schaden? Eine aktuelle Studie belegt Zusammenhänge zwischen Temperatur und Todesfällen. Dass der Winter mehr Risiko birgt als der Sommer, überrascht kaum. Andere Erkenntnisse dagegen schon.
Für die Gesundheit kann kaltes Wetter viel schädlicher sein als warmes. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie. Darin heißt es, Kälte sei für etwa 20 Mal mehr Todesfälle verantwortlich als Wärme. Für die Studie haben Forscher vom Hygiene- und Tropeninstitut in London 74 Millionen Todesfälle zwischen 1985 und 2012 in 13 Staaten quer über den Erdball ausgewertet.
Die Forscher sprachen von der bisher größten Studie zu diesem Thema. Für jedes Land wurde eine Idealtemperatur ausgerechnet. Daten aus Deutschland wurden dabei allerdings nicht ausgewertet. Europa war mit Italien, Spanien, Schweden und Großbritannien vertreten.
Ist es zu kalt, kommen laut Studie Probleme mit den Atemwegen als weiteres Risiko hinzu, außerdem ist dann die Immunabwehr schwächer. Kälte war der Studie zufolge für 7,29 Prozent aller Todesfälle verantwortlich, Wärme nur für 0,42 Prozent. Ist es zu warm, belastet das vor allem Herz und Kreislauf.
Überraschendes Ergebnis
Extreme Temperaturen - egal, ob eisige Kälte oder große Hitze - waren nur für relativ wenige Todesfälle verantwortlich. Die meisten wetterbedingten Todesfälle ereigneten sich an mäßig heißen und vor allem an etwas zu kalten Tagen. In Madrid zum Beispiel starben die meisten Menschen bei 8 Grad. Den zweithöchsten Ausschlag hatte die Kurve bei 25 Grad. Bei extremeren Temperaturen um die Null und über 30 Grad flachte die Kurve stark ab.
Die für die Gesundheit ideale Temperatur läge den Daten zufolge für Spanien um die 22 Grad. Egal ob heiße, feuchte oder kalte, trockene Länder: Die Grafik, die Todesfälle und Temperatur zueinander in Beziehung setzt, ergibt in fast allen Klimazonen eine Art M.
Risiko unterschätzt?
Das Team veröffentlichte die Studie in der Medizin-Zeitschrift "The Lancet". Die Forscher sind der Ansicht, die Studie sollte die öffentlichen Gesundheitssysteme zum Nachdenken bringen. Sie dürften nicht nur extreme Wetterereignisse als Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung im Visier haben. Klimaforscher warnen vor einer Zunahme von Wetterextremen. 2003 waren bei einer Hitzewelle europaweit Zehntausende Menschen gestorben.
Andere Forscher warnten jedoch in einem Kommentar davor, die Ergebnisse überzuinterpretieren. Zwei Forscher von der Duke Kunshan Universität (China) bezweifelten die Aussagekraft der Studie in einem Kommentar, der ebenfalls in "The Lancet" veröffentlicht wurde. Wichtige Faktoren für die Analyse von Todesursachen wie Alter, Gesundheitszustand, Armut oder Reichtum oder Luftverschmutzung seien nicht berücksichtigt worden, schrieben Keith Dear und Zhang Wang.
Quelle: ntv.de, hul/dpa