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Innere Abscheu Kannibalen verschonen meist Verwandte

Zu den untersuchten Tätern  gehörte auch der US-Amerikaner Jeffrey Dahmer.

Zu den untersuchten Tätern gehörte auch der US-Amerikaner Jeffrey Dahmer.

(Foto: AP)

Kannibalistische Morde, bei denen ein Mensch getötet und Körperteile gegessen werden, sind extreme Mord-Varianten. Allerdings bringen es selbst Kannibalen nicht fertig, ihre eigenen Verwandten zu verspeisen. Deutsche und US-Forscher können das belegen und entwickeln eine Theorie, warum das so ist.

Kannibalen verschonen meist ihre Verwandten. Das fanden Wissenschaftler der Humboldt-Universität Berlin und der US-amerikanischen Princeton University heraus. Ihre im Fachblatt Frontiers of Psychology veröffentlichte Untersuchung zeigt, dass eine "innere Abscheu" dem Verspeisen von Verwandten entgegenwirkt.

Marlies Oostland von der Princeton University und Michael Brecht von der Berliner Humboldt-Universität untersuchten prominente Kannibalen wie Karl Denke, Jeffrey Dahmer, Andrei Chikatilo und Issei Sagawa, aber auch unbekanntere Fälle. Denke hatte im 19. Jahrhundert mindestens 42 Menschen getötet und teilweise gegessen, Dahmer in den 1970er- bis 1990er-Jahren mindestens 17 Menschen. Chikatilo erlangte als Bestie von Rostow grausamen Ruhm, nachdem die Ermordung von mindestens 53 Menschen bekannt wurde. Der Japaner Sagawa tötete und aß 1981 eine 25-Jährige. In modernen Gesellschaften sind kannibalische Morde extrem selten. Trotzdem konnten die Forscher für die Zeit nach 1900 eine Vielzahl solcher Fälle über Publikationen, Internetrecherchen und Expertenbefragungen dokumentieren. Den Datensatz von insgesamt 121 Kannibalen und 631 ihrer Opfer verglichen die Forscher mit Informationen über "gewöhnliche" Morde aus FBI-Datenbanken.

Die Forscher zogen ihre Erkenntnis unter anderem daraus, dass sich Kannibalen oft erbrechen. Brecht sagt dazu: "Kannibalistische Mörder verhalten sich sehr merkwürdig. Sie töten, um Ihre Opfer zu essen, müssen sich dann aber erbrechen." Seiner Auffassung nach erinnert dieses Verhaltensmuster stark an das kannibalistischer Tiere und könnte Hunderte Millionen Jahre alt sein.

Ältere Männer töten jüngere Frauen

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Den Wissenschaftlern zufolge stellen kannibalische Morde eine eigene Verbrechenskategorie dar und weisen charakteristische Eigenheiten auf. Kannibalen töten demnach oft mit physischer Gewalt, etwa durch Erstechen, Strangulieren oder Erschlagen, und seltener mit Schusswaffen. Von Kannibalen ausgeführte Morde haben zudem oft einen sexuellen Bezug, Täter sind meist ältere Männer, die jüngere Frauen töten. Bei den Opfern handelt es sich häufig um Fremde und nur selten Vertraute.

Bei vielen Kannibalen werden psychische Erkrankungen festgestellt. Oostland ist jedoch überrascht, "dass auch bei diesen Schwerverbrechern biologische Mechanismen greifen, die enge Verwandte schützen". Die Studie ergab zudem, dass kannibalistische Täter, die ihre Blutsverwandten töteten, schwerwiegendere psychische Probleme hatten als Kannibalen, die enge Verwandte verschonten.

Quelle: ntv.de, sba

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