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Wie alt ist das Elfenbein? Kernwaffen-Effekt gegen Elefanten-Wilderei

Von Wilderern getöteter Elefant in Kenia.

Von Wilderern getöteter Elefant in Kenia.

(Foto: dpa)

In Afrika töten Wilderer täglich etwa 100 Elefanten, um das Elfenbein vorwiegend nach Asien zu schmuggeln. Ein Analyse-Verfahren enthüllt nun, wann die Tiere wo getötet wurden. Wie sollen sich damit Wilderei und Schmuggel besser bekämpfen lassen?

Beim Schmuggel von Elfenbein stammt der weitaus größte Teil von kürzlich gewilderten Elefanten. Der Anteil von älterem Elfenbein, das aus Lagerbeständen sein könnte, ist einer Studie zufolge verschwindend gering. Bei 231 beschlagnahmten Stoßzähnen ermittelten die Forscher um Thure Cerling von der University of Utah in Salt Lake City nicht nur, wann die Tiere starben, sondern auch, wo sie herkamen. Mit dem Verfahren könne man künftig illegale Netzwerke des Elfenbein-Handels bekämpfen und sowohl Elefanten als auch andere bedrohte Tiere und Pflanzen besser schützen, schreibt das Team in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Parkranger untersuchen im Tsavo-Nationalpark in Kenia einen Tatort, an dem Elefanten von Wilderern wegen ihrer Stoßzähne abgeschlachtet wurden. (Archivbild)

Parkranger untersuchen im Tsavo-Nationalpark in Kenia einen Tatort, an dem Elefanten von Wilderern wegen ihrer Stoßzähne abgeschlachtet wurden. (Archivbild)

(Foto: dpa)

In den vergangenen Jahren hat Wilderei die Elefanten-Populationen in Afrika drastisch dezimiert - nach Schätzungen werden täglich 96 Tiere getötet. Studien zufolge sinken die Bestände um bis zu acht Prozent pro Jahr - allerdings mit regionalen Schwerpunkten: Demnach schwand die Population der Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana) im Wildreservat Selous in Tansania von 2009 bis 2013 um zwei Drittel. Die Zahl des kleineren Waldelefanten (Loxodonta cyclotis), der sich nur langsam vermehrt, schrumpfte von 2002 bis 2011 ähnlich stark um 62 Prozent. Das gewilderte Elfenbein wird überwiegend nach Ostasien geschmuggelt, in China wird ein Pfund für etwa 1000 Dollar (rund 900 Euro) gehandelt.

Bestimmung mithilfe des Kernwaffen-Effekts

Das Team um Cerling untersuchte nun 231 Stoßzähne aus 14 großen Lieferungen, die von 2002 bis 2014 in Afrika und vor allem in Asien beschlagnahmt wurden. Das Todesjahr der jeweiligen Tiere bestimmten die Forscher mit Hilfe des Kernwaffen-Effekts: Der beruht darauf, dass die überirdischen Atomwaffenversuche der 1950er- und frühen 1960er-Jahre die Konzentration des radioaktiven Kohlenstoff-Isotops 14 in der Atmosphäre etwa verdoppelten, seitdem sinken die Werte wieder.

Das C14-Isotop lagert sich in Pflanzen ein und gelangt so auch in den Organismus von Elefanten. Die Konzentration des jüngst gebildeten Elfenbeins im Innern der Stoßzähne verriet den Forschern das Todesjahr der Tiere.

Ergebnis: Elfenbein meist nicht aus alten Beständen

Resultat der Studie: Mehr als 90 Prozent der Elefanten, von denen die Stoßzähne stammten, waren höchstens drei Jahre vor der Beschlagnahme getötet worden. Nur ein einziger der 231 Stoßzähne war älter als sechs Jahre - in diesem Fall 19 Jahre. "Das zeigt, dass sich Elfenbein schnell durch das System bewegt", sagt Ko-Autor Kevin Uno von der Columbia University in New York. "Manche Elefanten wurden unmittelbar, bevor ihre Stoßzähne in den Schiffscontainer geworfen wurden, getötet."

Das Resultat entkräftet auch die Annahme, dass Elfenbein aus älteren Beständen stamme - aus einer Zeit, als die Tiere noch legal gejagt werden durften. "Diese Arbeit zeigt, dass wenig oder gar kein altes Elfenbein wie das aus Lagerbeständen von Regierungen auf dem Schwarzmarkt auftaucht", sagt Ko-Autorin Lesley Chesson. Elizabeth Bennett von der Wildlife Conservation Society, die nicht an der Studie beteiligt war, ergänzt: "Lange Zeit hat man weithin angenommen, dass viel Material aus Lagerbeständen stamme. Die Studie zeigt, dass das nicht wahr ist."

DNA-Abgleiche zeigen Abstammung

DNA-Abgleiche enthüllten außerdem, woher die Elefanten stammten. Diese Analyse zeigte, dass der Elfenbein-Schmuggel von Ostafrika aus besonders effektiv ist - möglicherweise weil die Tiere in der dortigen Savanne leicht zu jagen sind, so dass Wilderer und Hehler schneller größere Mengen sammeln und dann verschiffen können.

Deutlich langsamer läuft demnach der Schmuggel aus der Region Kamerun-Gabun-Kongo. Bei 35 Prozent der Stoßzähne aus Ostafrika waren die Elefanten weniger als ein Jahr vorher getötet worden. Bei Elfenbein aus dem Raum Kamerun-Gabun-Kongo lag der Anteil nur bei 7 Prozent.

Auch auf andere Tierarten anwendbar

"Diese Arbeit liefert erstmals brauchbare Informationen dazu, wie lange Elfenbein braucht, um auf die Märkte zu gelangen", sagt Ko-Autorin Chesson. "Die Antwort: gar nicht lange, was darauf hindeutet, dass es sehr gut entwickelte und große Netzwerke gibt, die Elfenbein durch Afrika und von dem Kontinent weg transportieren."

Das Verfahren lasse sich aber nicht nur auf Elefanten anwenden, sondern auch auf andere Tiere wie Nashörner und Walrösser, Schuppentiere oder auch auf geschützte Tropenhölzer, betont das Team.

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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