Überflutungsgefahr für Küsten Meeresspiegel steigt zu schnell - Korallen kommen nicht hinterher
17.09.2025, 17:25 Uhr Artikel anhören
Der Meeresspiegel steigt schneller als Korallenriffe wachsen.
(Foto: picture alliance / Anadolu)
Korallenriffe sind nicht nur schön anzusehen und die Heimat vieler Arten - sie schützen auch die Küsten. Doch sie schaffen es inzwischen kaum noch, mit dem steigenden Meeresspiegel mitzuhalten. In der Folge könne es verstärkt zu Überflutungen kommen, warnt ein Forschungsteam.
Die Korallenriffe in der Karibik und im Golf von Mexiko wachsen einer Studie zufolge in den kommenden Jahrzehnten langsamer in die Höhe, als der Meeresspiegel steigt. Das mindere ihren Beitrag zum Schutz der Küsten vor Überflutungen, berichtet ein Forschungsteam im Fachmagazin "Nature". Demnach werden bis 2040 mehr als 70 Prozent der Riffe im tropischen Westatlantik einen Nettoverlust aufweisen, die Erosion wird also jeweils größer sein als das Wachstum.
Vorgelagerte Korallenriffe wirken als Wellenbrecher und können die Überflutungsgefahr für Küstengebiete verringern - effektiv sind sie dabei aber nur, wenn die Riff-Oberkante nicht zu tief unter der Wasseroberfläche liegt.
"Küstenlebensräume, -gemeinden und Infrastruktur gefährdet"
Bereits 2060 werde die Wassertiefe an den Korallenriffen unter allen Emissionsszenarien durchschnittlich 0,3 bis 0,5 Meter mehr betragen, erläutern die Wissenschaftler. "Der Anstieg des Meeresspiegels wird voraussichtlich die Häufigkeit von Küstenüberschwemmungen weltweit erhöhen und damit Küstenlebensräume, Küstengemeinden und Infrastruktur gefährden", schreiben die Forschenden um Chris Perry von der University of Exeter (Großbritannien).
Aus der Analyse fossiler Riff-Ablagerungen und Modellierungen für mehr als 400 tropische Standorte im Westatlantik schlossen sie, dass aktuell kein Riff in Florida und nur fünf bis sechs Prozent der Riffe vor Mexiko und der Insel Bonaire ein Wachstum aufweisen, das höher ist als der Meeresspiegelanstieg im Zeitraum von 1993 bis 2010.
Selbst wenn der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis 2100 unter zwei Grad bleibt, werden der Modellierung zufolge nur sechs der untersuchten Riffe (eines bei Mexiko, fünf vor Bonaire) eine Wachstumsrate haben, die den Meeresspiegelanstieg ausgleichen kann. Wenn die Temperatur um mehr als zwei Grad steigt, wird bei mindestens 99 Prozent der Riffe die Erosion größer sein als das Wachstum (Nettoverlust).
Pflanzungen könnten Verlust dämpfen - vielleicht
Durch großflächige Pflanzung von Korallen und andere Schutzmaßnahmen könne der Verlust womöglich gedämpft werden, erläutern die Forschenden auch. Allerdings gebe es einen Haken: "Erfolgreiche Ansätze zur Korallenwiederherstellung in diesem Ausmaß gibt es noch nicht."
Der Klimawandel hat sich zu einer der größten Bedrohungen für Korallenriffe weltweit entwickelt. Die empfindlichen Ökosysteme reagieren besonders sensibel auf die Veränderungen in den Weltmeeren. Eine der gravierendsten Folgen ist die sogenannte Korallenbleiche: Unter Hitzestress stoßen Korallen die mit ihnen lebenden Algen ab. Auf diese Weise geschwächte Korallen wachsen langsamer - oder sterben längerfristig sogar ganz ab.
Neben der Erwärmung des Meerwassers spielen weitere Faktoren wie die Versauerung der Meere, Überdüngung und Überfischung beim Absterben von Korallen eine Rolle. Die Folgen sind nicht nur ökologischer, sondern auch wirtschaftlicher Natur, da viele Menschen weltweit auf die Riffe für Nahrung, Küstenschutz und Tourismus angewiesen sind.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa