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Schwieriger als gedacht Neue Methode lässt Roboter Türen öffnen

Türklinke öffnen - kinderleicht? Von wegen, das ist ein komplexer Vorgang, auch für Roboter. Und jede Klinke ist anders.

Türklinke öffnen - kinderleicht? Von wegen, das ist ein komplexer Vorgang, auch für Roboter. Und jede Klinke ist anders.

(Foto: picture-alliance / Godong)

In der Industrie werden Roboter schon lange für teils komplizierte und hochpräzise Arbeiten eingesetzt. Doch im Alltag der Menschen können anscheinend simple Dinge zum echten Problem werden - zum Beispiel das Öffnen einer Tür. Mit einer neuen Methode schaffen Roboter das zu 96 Prozent.

Geschmeidig rollt der kleine Roboter auf die Tür zu. Er stoppt, streckt seinen rechten Arm aus und umschließt mit der Hand die Klinge. Dann schiebt er die Tür auf, rollt durch die Öffnung hindurch und schubst die Tür mit seinem linken Arm hinter sich zu. Was für einen Menschen ein alltäglicher Vorgang ist - das Öffnen einer Tür - ist für einen Roboter eine herausfordernde und komplexe Aufgabe.

Der türöffnende Roboter hat einen Kopf mit Kamera, zwei Arme und einen Körper, der sich auf Rädern bewegt.

Der türöffnende Roboter hat einen Kopf mit Kamera, zwei Arme und einen Körper, der sich auf Rädern bewegt.

(Foto: Hitachi, Ltd./dpa)

Um sie ihnen zu erleichtern, haben japanische Forscher eine neue Methode erprobt. Sie entwickelten mehrere Handlungsmodule, zwischen denen der Roboter auf Basis einer Wahrscheinlichkeitsberechnung umschaltet. Die Studie der Gruppe um Hiroshi Ito von der Waseda University in Tokio (Japan) ist in der Fachzeitschrift "Science Robotics" erschienen.

Der Einsatz von Robotern in der unmittelbaren Lebenswelt des Menschen verändert die Art der nötigen Handlungsanweisungen für die Maschinen. "Da Städte und Häuser komplizierter sind als eine klar definierte Fabrik, muss ein Roboter autonom auf Veränderungen in der Umgebung reagieren", schreiben die Forschenden. Schon das Öffnen einer Tür wird zu einer Herausforderung, die man als Mensch zunächst nicht erwartet. Dafür sind unterschiedliche Bewegungsabläufe nötig - je nachdem, ob es sich zum Beispiel um eine Schiebetür oder eine nach außen oder innen öffnende Tür handelt. Auch die Form der Klinke, ihre Position und Farbe sind Herausforderungen bei der Wahl der Handlungsoption.

Module für tiefes vorausschauendes Lernen

Bestimmte Handlungen können Robotern mit künstlichen neuronalen Netzwerken durch bestärkendes Lernen (reinforcement learning) beigebracht werden. Das ist allerdings mit einem großen Trainingsaufwand verbunden. Um den Aufwand zu reduzieren, entwickelten Ito und sein Team Module für sogenanntes tiefes vorausschauendes Lernen (deep predictive learning). Wie auf einem Video zu sehen ist, hat der von ihnen eingesetzte Roboter einen Kopf mit Kamera, zwei Arme und einen Körper, der sich auf Rädern bewegt. Für das Passieren einer Tür, die sich nach außen öffnet, richteten die Forscher drei Module ein: für die Annäherung an die Tür, für das Herunterdrücken der Klinke und Öffnen der Tür und für das Fahren durch den Türrahmen.

Der Roboter absolvierte zunächst einige Trainingseinheiten per Fernsteuerung und nahm dabei Kamerabilder auf, die danach in den einzelnen Modul hinterlegt sind. Bei den Testläufen vergleicht der Roboter nun jeweils das aktuelle Kamerabild mit den gespeicherten Bildern und wählt dann das Handlungsmodul, das diesem Bild am nächsten kommt. Wenn also während der Annäherung an die Tür das Kamerabild dem Anfangsbild des Türöffnungsmoduls ähnlicher wird, dann schaltet das Programm auf dieses Modul um und führt die entsprechenden motorischen Bewegungen aus.

Roboter zu 96 Prozent in der Lage, Tür zu öffnen

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Die Methode funktioniert so gut, dass der Roboter bei der Annäherung aus verschiedenen Positionen zu 96 Prozent in der Lage ist, die Tür zu öffnen. Schwierig wird es, wenn sich die Beleuchtung ändert und der Bildabgleich nicht zu guten Ergebnissen führt. Ist die Klinke etwa weiß statt wie im Training dunkelbraun, dann ist der Roboter nur erfolgreich, wenn er sich nahe der Klinke befindet. Dennoch ziehen die Forschenden ein positives Fazit: "Wir glauben, dass unser Ansatz, komplexe Aufgaben in der realen Welt mit geringem Aufwand für Design und Bewegungsübungen zu realisieren, auf andere Aufgaben als das Öffnen von Türen und auf eine Vielzahl von Bereichen angewendet werden könnte."

In derselben Ausgabe von "Science Robotics" stellen Fan Zhang und Yiannis Demiris vom Imperial College London (Großbritannien) einen Roboter vor, der in der Lage ist, einen Menschen anzukleiden - zumindest mit einem Krankenhaushemd. Dies könnte Patienten helfen, die ihre Arme nicht mehr bewegen können. Der Roboter kann nicht nur das Krankenhaushemd, das auf einem Bügel hängt, in geeigneter Weise ergreifen, sondern auch die Ärmel über die bewegungsunfähigen Arme streifen. An einer menschengroßen Puppe gelang dem Roboter das Ankleiden in mehr als 90 Prozent der Versuche.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 07. April 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa

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