Fleischkonsum und Evolution Unsere frühen Vorfahren waren wohl Vegetarier
17.01.2025, 18:34 Uhr Artikel anhören
Modell eines Australopithecus-Weibchens im Neanderthal-Museum bei Düsseldorf - vor allem Pflanzen standen bei diesen Homininen wohl auf dem Speiseplan.
(Foto: IMAGO/Depositphotos)
Fleischkonsum war vermutlich ein entscheidender Schritt in der menschlichen Evolution. Doch wie Forscher nun herausfinden, ernährten sich sehr frühe menschliche Vorfahren fast ausschließlich vegetarisch. Wann wurden die Homininen zu Fleischfressern?
Ein durchschnittlicher Mensch in den Industrieländern verzehrt jedes Jahr 50 Kilogramm Fleisch. Nur geschätzte fünf Prozent der Bevölkerung weltweit leben ausschließlich vegetarisch. Fleischkonsum war vermutlich ein entscheidender Schritt in der menschlichen Evolution, insbesondere für die Entwicklung unseres Gehirns und der Fähigkeit, Werkzeuge zu entwickeln. Doch wie Forscher nun herausfinden, ernährten sich sehr frühe menschliche Vorfahren fast ausschließlich vegetarisch.
Dabei handelt es sich um Vormenschen der Gattung Australopithecus, die im südlichen Afrika vor ungefähr 3,7 bis 3,3 Millionen Jahren lebten. Laut neuen Untersuchungen haben diese sich hauptsächlich von Pflanzen ernährt, wie ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Witwatersrand-Universität in Südafrika herausfand. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.
Proben aus der Wiege der Menschheit
Hinweise darauf gaben die Zähne der frühen Homininen. So wird die Gruppe, welche den modernen Mensch und seine nächsten ausgestorbenen Verwandten wie auch den Australopithecus umfasst, genannt. Der Australopithecus hatte schon menschliche Eigenschaften wie den aufrechten Gang, ähnelte in anderer Hinsicht jedoch noch Affen. Das Forscherteam analysierte Zahnschmelzproben von sieben Vormenschen aus einer Höhle in Südafrika, in einer Region nahe Johannesburg, die als Wiege der Menschheit gilt.
Die Forschenden verglichen die Ergebnisse mit Proben von am selben Ort lebenden Tieren, darunter Affen, Antilopen und Fleischfresser wie Hyänen, Schakale und Säbelzahnkatze. "Zahnschmelz ist die härteste Substanz im Körper. Er konserviert oft einen isotopischen Fingerabdruck der Nahrung eines Tieres", sagte Erstautorin Tina Lüdecke vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie laut einer Mitteilung.
Anhand des isotopischen Fingerabdrucks konnten die Forscher ablesen, wie hoch der Anteil pflanzlicher Nahrung bei Australopithecus war. Es zeigte sich, dass der isotopische Fingerabdruck dem von anderen Pflanzenfressern ähnelte - sich aber von fleischfressenden Raubtieren deutlich unterschied.
Termiten im Speiseplan?
Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die Ernährung dieser Vormenschen zwar vielseitig, jedoch größtenteils – oder sogar ausschließlich – pflanzlich war. Australopithecus jagte demnach keine großen Säugetiere, wie es etwa der Neandertaler einige Millionen Jahre später regelmäßig tat. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass der Vormensch gelegentlich eiweißreiche Nahrung wie Termiten oder Eier verspeiste, so die Forscher.
Aber wann wurden die Homininen zu Fleischfressern? Das zu beantworten, wollen die Forschenden in Zukunft mit der Untersuchung jüngerer und älterer Menschenarten aus der Wiege der Menschheit sowie von wichtigen Hominini-Fundstellen im östlichen Afrika oder Südostasien klären. "Unsere neue Methodik hat das Potenzial, weitere zentrale Fragen der menschlichen Evolution zu beantworten," ist Alfredo Martínez-García zuversichtlich.
Quelle: ntv.de, kst