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Forscher identifizieren Netzwerk Wie Stottern im Gehirn entsteht

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Stottern geht auf ein bestimmtes Netzwerk im Gehirn zurück.

Stottern geht auf ein bestimmtes Netzwerk im Gehirn zurück.

(Foto: IMAGO/VectorFusionArt)

Menschen, die stottern, haben es oftmals schwer. Die Ursachen für die Sprechstörungen sind vielfältig. Forschende finden nun im Gehirn ein bestimmtes Netzwerk, das damit im Zusammenhang steht. Die aktuellen Erkenntnisse könnten zu neuen, wirkungsvollen Therapieformen führen.

Stottern kann verschiedene Ursachen haben - unabhängig davon geht es einer Studie zufolge aber auf ein bestimmtes Netzwerk im Gehirn zurück. Die Lokalisierung eröffne neue Möglichkeiten für die medizinische Behandlung, hofft das Forschungsteam. Womöglich könne zum Beispiel eine Hirnstimulation speziell auf das Netzwerk ausgerichtet werden.

Stotterer sind nicht schlechter darin, beim Sprechen die passenden Wörter zu finden. Beeinträchtigt ist die Fähigkeit, die beabsichtigten Worte adäquat auszusprechen. Die Störung des Sprachrhythmus ist durch unwillkürliche Laut- und Silbenwiederholungen, Verlängerungen und Sprechblockaden gekennzeichnet, wie es in der im Fachjournal "Brain" vorgestellten Studie heißt.

Ungefähr fünf bis zehn Prozent der Kleinkinder stottern demnach, geschätzt ein Prozent - überwiegend Männer - stottert bis ins Erwachsenenalter weiter, fast immer lebenslang. Stottern tritt über alle Kulturen hinweg ähnlich oft und familiär gehäuft auf. In Deutschland stottern nach Schätzungen etwa 800.000 Menschen dauerhaft.

Reaktionen von Mitmenschen kränken

Schweres Stottern kann sich negativ auf das Leben des betroffenen Menschen auswirken, vor allem wegen kränkender oder gar aggressiver Reaktionen von Mitmenschen. Helfen können Therapien zum Erlernen einer Sprechtechnik und zur Stressreduktion. Wirksame pharmakologische oder neuromodulatorische Behandlungsmöglichkeiten gibt es dem Forschungsteam um Juho Joutsa von der Universität Turku (Finnland) zufolge bisher nicht.

"Stottern wurde früher als psychische Störung angesehen", erklärte Joutsa. Inzwischen sei die gängige Annahme, dass es sich um eine Störung des Gehirns handelt, die mit der Regulierung der Sprachproduktion zusammenhängt. Auch bestimmte neurologische Erkrankungen wie die Parkinson-Krankheit oder ein Schlaganfall könnten Stottern zur Folge haben.

Stottern nach Schlaganfall

In die Studie bezog das Team Menschen ein, die einen Schlaganfall erlitten und unmittelbar danach zu stottern begannen hatten. Die Schlaganfälle traten demnach zwar in verschiedenen Teilen des Gehirns auf, betrafen aber alle das gleiche Gehirnnetzwerk - im Gegensatz zu Schlaganfällen, die kein Stottern verursachten.

Zusätzlich untersuchten die Forschenden mittels sogenannter Magnetresonanztomographie, kurz MRT, die Gehirne von 20 Menschen, bei denen sich das Stottern in der Kindheit entwickelt hatte. Auch sie zeigten strukturelle Veränderungen in Knotenpunkten dieses Gehirnnetzwerks.

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Das Team schließt daraus, dass Stottern stets in diesem Netzwerk entsteht, unabhängig davon, ob es entwicklungsbedingt oder neurologisch verursacht ist. Das Zentrum des Gehirnnetzwerks bildet demnach ein Bereich des Putamens, eines Kerngebiets im Großhirn. Das Putamen sei etwa an internem Timing und der Programmierung motorischer Bewegungen beteiligt, auch im Gesichtsbereich einschließlich der Lippenbewegungen. Beteiligt seien zudem Regionen der Amygdala und des Claustrums, die ebenfalls tief im Gehirn liegen, sowie Verbindungen zwischen ihnen.

"Diese Erkenntnisse erklären bekannte Merkmale des Stotterns wie die motorischen Schwierigkeiten bei der Sprachproduktion und die signifikante Variabilität des Schweregrads des Stotterns in verschiedenen emotionalen Zuständen", erklärte Joutsa. "Als wichtige Areale im Gehirn regulieren das Putamen die motorischen Funktionen und die Amygdala die Emotionen." Das Claustrum wiederum fungiere als Knotenpunkt für mehrere Gehirnnetzwerke und leite Informationen zwischen ihnen weiter.

Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa

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