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Untersuchung auf Laufbändern Wie Vampirfledermäuse Blut zur Fortbewegung nutzen

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Eine der getesteten Vampirfledermäuse, die auf einem kleinen Laufband aktiv ist.

Eine der getesteten Vampirfledermäuse, die auf einem kleinen Laufband aktiv ist.

(Foto: Price Sewell / dpa)

Fledermäuse stellen als fliegende Spezies eine Besonderheit innerhalb der Gruppe der Säugetiere dar. Doch auch beim Stoffwechsel scheint eine blutsaugende Unterart anders zu sein. Das stellen Forschende fest, nachdem sie die Tiere eingefangen, gefüttert, auf ein Laufband gestellt und untersucht haben.

Die meisten Säugetiere verlassen sich für Energie zur Fortbewegung auf Kohlenhydrate und Fette. Aminosäuren hingegen, die Bausteine von Proteinen, können sie oft kaum als Brennstoff nutzen. Doch bei einer bestimmten Gruppe von Säugetieren ist das anders: Vampirfledermäusen. Sie ernähren sich ausschließlich von Blut. Eine Studie im Fachblatt "Biology Letters" zeigt, dass diese Fledermäuse vor allem Aminosäuren aus ihren proteinreichen Blutmahlzeiten nutzen, um vorwärtszukommen.

Die Forschenden von der University of Toronto in Kanada vergleichen diese Art der Treibstoffnutzung mit der blutsaugender Insekten. Tsetsefliegen etwa nutzten die Aminosäure Prolin, um zu fliegen. "Die optional blutsaugenden weiblichen Ägyptischen Tigermücken, nicht aber die ausschließlich Nektar oder Früchte fressenden männlichen Tigermücken, weisen eine ähnliche Fähigkeit auf", schreiben sie.

Forschungsarbeit im Regenwald

Für die Untersuchung fingen Giulia Rossi und Kenneth Welch insgesamt 24 Vampirfledermäuse (Desmodus rotundus) im tropischen Regenwald im mittelamerikanischen Belize ein. Diese Tiere fliegen normalerweise Herdentiere oder Wildtiere wie Tapire und Rehe an, um eine winzige Wunde in deren Haut zu ritzen und das austretende Blut aufzulecken. Die etwa 15 bis 45 Gramm schweren Tiere können dabei bis zu 40 Prozent ihres Körpergewichts aufnehmen.

Die Fledermäuse landen meist nicht auf ihren Opfern, sondern in deren Nähe. Um sich anzuschleichen, können sie mit zusammengefalteten Flughäuten auf dem Boden laufen sowie springen. Diese Fähigkeit machten sich die Forschenden zunutze: Sie untersuchten die gefangenen Tiere auf einem Laufband, das sonst für Ratten verwendet wird, statt in einem Windkanal.

Einatmung und Ausatmung analysiert

Vor den Versuchen erhielten die Tiere eine Mahlzeit aus Kuhblut, das mit isotopisch markierten Aminosäuren angereichert war, entweder Leucin oder Glycin. Dann wurden die Fledermäuse auf das Laufband gesetzt, dessen Geschwindigkeit mehrfach erhöht wurde. Dabei wurde die durchströmende Luft untersucht, um zu ermitteln, wie viel Sauerstoff von den Tieren verbraucht und wie viel Kohlendioxid ausgestoßen wurde. Das Kohlendioxid wurde weiter auf die Isotope hin analysiert.

"Das CO2, das bei der Oxidation der aufgenommenen Aminosäuren entsteht, war fast sofort in der Atemluft der sich bewegenden Fledermäuse vorhanden, was darauf hindeutet, dass die jüngste Eiweißmahlzeit bei dieser Tierart sofort als Brennstoff für die aerobe Aktivität genutzt wird", heißt es in der Studie. Dabei hätten die Fledermäuse beide Aminosäuren gleich gut verwertet.

Anfällig für Hungertod

Den größten Teil ihrer Laufleistung hätten die Fledermäuse aus ihrer jüngsten Blutmahlzeit bestritten, schließen die Forschenden. Die Versuche bestätigten, dass Vampirfledermäuse nicht gut darin seien, Kohlenhydrate oder Fette zu speichern und zu nutzen, betonte Welch. "Sie sind extrem anfällig für den Hungertod." Nehme eine Vampirfledermaus 24 bis 48 Stunden kein Blut zu sich, könne sie sterben.

Wahrscheinlich nutzten die Tiere während ihrer täglichen Fastenzeit während der Sonnenstunden ihre Aminosäurevorräte als Brennstoff, zum Beispiel durch den Abbau von Proteinen aus bestimmtem Gewebe, führte er weiter aus.

"Aber sie haben noch einen anderen Trick, um das Ausbleiben einer Mahlzeit zu überleben. Vampirfledermäuse sind äußerst gesellige Tiere, die in einem Netzwerk von Freunden nächtigen. Wenn eine Fledermaus einen Tag lang nicht auf Nahrungssuche geht oder nicht in der Lage ist, eine Blutmahlzeit zu finden, kann ein Freund, der erfolgreich war, seine Blutmahlzeit mit seinem hungrigen Freund teilen." Dabei erinnerten sich die Tiere daran, wer schon einmal freundlich zu ihnen war - und erwiderten solche Gesten.

Windkanal-Forschung steht noch aus

Da die Forschung in einem ländlichen Teil von Belize durchgeführt wurde, nutzten die Forschenden das einfach zu transportierende Laufband. "Windkanäle, wie sie für die Untersuchung des Flugstoffwechsels von Vögeln oder Fledermäusen benötigt werden, sind große, gebäudeartige Geräte", erklärte Welch. Der Transport wäre logistisch unmöglich gewesen.

Es sei aber durchaus interessant, den Stoffwechsel der Fledermäuse auch im Flug zu untersuchen, heißt es in der Studie: Er stelle normalerweise eine energetisch weitaus kostspieligere Fortbewegungsart als das Laufen dar. So ein Experiment wurde laut Rossi und Welch bisher noch nicht durchgeführt.

Quelle: ntv.de, Doreen Garud, dpa

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