Panorama

Hunderte Reisende gestrandet Deutschland versinkt im Schnee

Auf der A71 durchbrach ein Lastwagenanhänger die Leitplanke, die Autobahn wurde zeitweise gesperrt.

Auf der A71 durchbrach ein Lastwagenanhänger die Leitplanke, die Autobahn wurde zeitweise gesperrt.

(Foto: dpa)

Der massive Kälteeinbruch und starke Schneefälle sorgen in Teilen Deutschlands für erhebliche Behinderungen - Züge und Flüge fallen aus, auf vielen Straßen kommt es zu Staus und Unfällen, bei denen drei Menschen sterben. An der Ostseeküste droht eine Sturmflut und in der sächsischen Schweiz wird die höchste Alarmstufe ausgerufen. In Frankfurt müssen hunderte Reisende am Bahnhof übernachten.

Klar, das Wetter hat auch schöne Seiten.

Klar, das Wetter hat auch schöne Seiten.

(Foto: dpa)

Heftige Schneefälle haben vor allem im Süden und Osten Deutschlands für ein Verkehrschaos gesorgt. Im thüringischen Gera und im bayerischen Hof lagen laut Deutschem Wetterdienst (DWD) bis zu 38 Zentimeter Schnee. Selbst im norddeutschen Schleswig waren es 19 Zentimeter. Der öffentliche Nahverkehr wurde erheblich gestört und kam teilweise zum Erliegen. In Leipzig fuhren zum Beispiel Busse und Bahnen nur unregelmäßig, so dass viele Menschen zu spät zur Arbeit kamen. Auch der S-Bahn-Verkehr in Berlin war beeinträchtigt.  Ein Polizeisprecher aus Stuttgart fasste die Lage zusammen: "Hier liegt so viel Schnee. Da dreht sich kein Rädle."

Auf zahlreichen Autobahnen vor allem in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gab es seit Mittwochnachmittag unzählige Unfälle. Einzelne Autobahnabschnitte etwa in Oberfranken und die A 72 zwischen dem sächsischen Zwickau und der Landesgrenze nach Bayern mussten zeitweise komplett gesperrt werden. Autofahrer wurden zum Teil vom DRK mit heißen Getränken versorgt. Oftmals kamen die Räumfahrzeuge und Rettungskräfte nach Polizeiangaben auf den betroffenen Autobahnen nicht durch, weil andere Fahrzeuge die Fahrspuren blockierten. Laut der Unwetterzentrale Meteomedia war in der Sächsischen Schweiz Alarmstufe violett angesagt - die höchste Stufe überhaupt. Teilweise fiel dort 30 Zentimeter Neuschnee, frische und starke Winde sorgten für Schneeverwehungen. Dort blieben in der Nacht zum Donnerstag mehrere Lastwagen und Autos stecken.

Auf den Autobahnen A 4 und A 9 in Thüringen brachten Fahrzeuge, die immer noch mit Sommerreifen unterwegs waren, den Verkehr teilweise zum Erliegen. Erst am Vormittag entspannte sich die Lage etwas. In Oberfranken registrierte die Polizei seit Mittwochnachmittag mehr als 69 Unfälle, die meist glimpflich ausgingen. Zahlreiche Autofahrer blieben zudem in Schneewehen stecken.

Drei Tote bei Unfällen

Zugeschneit: Die A7 in der Nähe von Flensburg.

Zugeschneit: Die A7 in der Nähe von Flensburg.

(Foto: dapd)

Allerdings kamen auch drei Menschen bei Unfällen wegen des überraschend starken Winterwetters ums Leben. Am Abend starb ein LKW-Fahrer beim Zusammenprall mit einem Zug auf einem Bahnübergang in Ostholstein. Der Lokführer wurde leicht verletzt. Auch in Bayern kam es aufgrund schneebedeckter Straßen zu einem ähnlichen Unfall. Ein Lastwagen wurde ebenfalls auf einem Bahnübergang bei Nürnberg erfasst, weil das Fahrzeug steckenblieb. Der Fahrer starb. Im Zug wurden vier Passagiere verletzt - die Strecke von Bayreuth nach Nürnberg wird deshalb bis in die Morgenstunden gesperrt sein. Zudem starb eine 30-jährige Frau, nachdem sie sich mit ihrem Auto bei Aschaffenburg auf glatter Straße überschlagen hatte.

An der deutschen Ostseeküste fegen derzeit heftige Böen entlang. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erwartet deshalb Sturmfluten an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins mit Wasserständen von 1,2 Metern über dem Normalstand.

Besonders die Bahn betroffen

Die Schneefälle und die eisigen Temperaturen führen auch zu zahlreichen Störungen im Bahnverkehr. Auf allen Fernverkehrsstrecken muss laut Deutscher Bahn mit größeren Verspätungen gerechnet werden. Einige Züge fielen ganz aus. Der Großraum Leipzig war besonders stark von Weichenstörungen betroffen. Ein Teil der ICE- und IC-Züge konnte daher nicht wie geplant in Leipzig halten, sondern wurden ersatzweise auf anderen Bahnhöfen der Region gestoppt.

Hunderte von Bahnreisenden haben deshalb die Nacht auf dem Frankfurter Hauptbahnhof verbracht. Sie wollten nach Angaben eines Bahn-Sprechers nach Ostdeutschland reisen, ihre ICE-Züge endeten aber vorzeitig in Frankfurt. Da wegen einer Messe in der Stadt kaum Hotelzimmer zur Verfügung standen, schliefen die Passagiere in den stehengebliebenen ICE-Zügen. Am Morgen konnten sie ihre Reise aber fortsetzen.

Flugchaos bleibt aus

Auf dem Münchner Flughafen fielen ebenso wie in Frankfurt viele Flüge aus.

Auf dem Münchner Flughafen fielen ebenso wie in Frankfurt viele Flüge aus.

(Foto: dapd)

Das befürchtete Schneechaos an den deutschen Flughäfen ist dagegen weitgehend ausgeblieben. An den größten Flughäfen in Frankfurt und München hielten sich die Flugstreichungen im Vergleich zu den Vortagen in Grenzen. In Frankfurt gab es knapp 60 Streichungen, sagte ein Sprecher. Grund dafür sei die Schließung einiger anderer europäischer Flughäfen - etwa in Großbritannien. Der Münchener Flughafen erwartet für den gesamten Tag etwa 50 Flugstreichungen. Auch hier machen sich vor allem die Probleme an anderen europäischen Flughäfen bemerkbar. In den vergangenen Tagen waren in Deutschland hunderte Flüge ausgefallen. Die Start- und Landebahnen mussten an den Flughäfen zwischenzeitlich immer wieder gesperrt werden, um Schnee und Eis zu räumen. Die Winterdienste waren im Dauereinsatz.

Das Winterchaos hat auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen einen Strich durch seine Pläne gemacht. Eigentlich wollte er per Hubschrauber ins niedersächsische Wendland fliegen, um erstmals das mögliche Atommüll-Endlager Gorleben zu besuchen. Doch Schnee und Eis verhinderten den Flug. Röttgen disponierte um. Der CDU-Spitzenpolitiker stieg zusammen mit Mitarbeitern und Journalisten am Berliner Hauptbahnhof in den Regionalexpress RE38260 nach Wittenberge (Brandenburg). Von dort sollte er dann mit einem Auto abgeholt werden.

Ganz Europa unter Schnee

Auch im Rest Europas sorgt das Winterwetter für Verkehrsprobleme und massive Behinderungen, in Polen sind wegen der Kälte sogar einige Menschen ums Leben gekommen. Allein am Mittwoch seien zehn Obdachlose erfroren, teilte ein Polizeisprecher in Warschau mit. Am Vortag wurden acht Kältetote gefunden. In der Nacht zum Mittwoch fielen im Osten des Landes die Temperaturen auf minus 26 Grad. In jedem Winter sterben in Polen hunderte Menschen an Unterkühlung. Die meisten Opfer sind Obdachlose und allein stehende ältere Menschen. Oft ist dabei Alkohol im Spiel.

In ganz Belgien hat das Wetter zu 500 Kilometern Stau auf den Autobahnen und Hauptstraßen des Landes geführt. Nach Angaben des Touring-Automobilclubs waren vor allem im Großraum Brüssel viele wichtige Straßen nicht vollständig geräumt, andere überhaupt nicht. Bereits am Mittwochabend waren in der Hauptstadt Straßenbahnen und Busse auf den innerstädtischen Straßen im Schnee stecken geblieben. Der Betrieb auf dem Flughafen Zaventem, der über drei Start- und Landebahnen verfügt, lief noch, doch rechnete die Flughafengesellschaft mit Verspätungen im Laufe des Tages.

Es wird etwas milder

Manch einer ging mit schwerem Gerät zur Sache.

Manch einer ging mit schwerem Gerät zur Sache.

(Foto: dapd)

In Frankreich hat das Winterwetter ebenfalls erhebliche Behinderungen verursacht und auch den Bahnverkehr zwischen England und dem Festland durcheinandergewirbelt. Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Eurostar-Züge zwischen London und Paris beziehungsweise Brüssel fallen nach französischen Rundfunkangaben aus. Auch andere Bahnstrecken in Frankreich sind von Ausfällen betroffen. An den Pariser Großflughäfen Orly und Charles de Gaulle werden zwischen 10 und 25 Prozent aller Flüge gestrichen. Vor allem im Südwesten des Landes saßen am Morgen Hunderte Autofahrer im dichten Schneetreiben fest. Betroffen war außerdem der Großraum Paris, wo Tausende Pendler auf vereisten Straßen nur langsam vorankamen. In der Normandie waren Hunderte Lastwagen blockiert. Viele Schulbusse verkehrten nicht.

Ein Ende der frostigen Temperaturen ist aber in Sicht. "Nach dieser Eiseskälte gilt: kälter geht sowieso kaum noch. Den negativen Höhepunkt der Kälte haben wir mit dem Beginn des Wochenendes hinter uns gelassen", sagte n-tv Meteorologe Björn Alexander. Von Südwesten her sei mildere Luft zu erwarten, die sich in der kommenden Woche ausdehnen werde. Allerdings bedeute das auch neues Ungemach. Denn der Schnee könne in Regen übergehen. "Und wenn der auf gefrorenen Boden fällt, dann droht akute Glätte durch gefrierenden Regen – das sogenannte Blitzeis."

Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts

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