Panorama

Hunderte Tote jährlich Wie sicher sind Flugzeuge?

Bei der Flugzeugkatastrophe 1977 auf dem Flughafen von Teneriffa kamen 574 Menschen ums Leben.

Bei der Flugzeugkatastrophe 1977 auf dem Flughafen von Teneriffa kamen 574 Menschen ums Leben.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Im vergangenen Jahr kamen weltweit 990 Menschen bei Flugzeugkatastrophen ums Leben. Trotzdem war das vergangene Jahr eines der sichersten in der internationalen Luftfahrt.

Jeder hat schon einmal den Spruch gehört, dass Flugzeuge die sichersten Verkehrsmittel seien. Eine Katastrophe, bei der von einem Moment auf den nächsten 150 Menschen sterben wie jetzt beim Absturz des Airbus A320 der deutschen Fluggesellschaft Germanwings in Frankreich, scheint die Sicherheit von Flugzeugen zu widerlegen.

Für 2015 hatte das Aviation Safety Network, das eine entsprechende Statistik führt, in diesem Jahr bislang zwei Unfälle mit insgesamt 47 Toten gezählt. Dies waren der Absturz einer ATR-72-600 am 4. Februar kurz nach dem Start in Taipeh mit 43 Toten sowie der Absturz einer Beechcraft 1900C am 11. Februar ebenfalls nach dem Start in Miami im US-Bundesstaat Florida mit vier Toten.

Mit den 150 Toten des Fluges 4U9525 von Barcelona nach Düsseldorf kamen in diesem Jahr damit bereits 197 Menschen bei größeren Flugzeugabstürzen ums Leben. Bezogen auf die Zahl der Toten ist das viel, bezogen auf die Zahl der Unfälle ist es wenig: Im Mittel der vergangenen zehn Jahre starben bis zum 24. März eines Jahres bei sechs Unfällen 105 Menschen.

Den 197 Toten dieses Jahres zum Trotz: Zumindest bezogen auf zurückgelegte Reisekilometer sind Flugzeuge tatsächlich die sichersten Verkehrsmittel. Eine Studie des Statistischen Bundesamts kam vor ein paar Jahren zu folgendem Ergebnis: Je eine Milliarde Kilometer verunglückten im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2009

  • in Straßenbahnen 2255 Passagiere,
  • in Bussen 1427 Passagiere,
  • in Eisenbahnen 274 Passagiere,
  • in Personenkraftwagen 406 Insassen und
  • bei der Luftfahrt 32 Menschen.

Die Verfasserin der Studie räumt ein, dass die Zahlen "nicht voll vergleichbar" seien. So sei das Risiko, bei einem Verkehrsunfall tödlich zu verunglücken, mit Personenkraftwagen größer als mit öffentlichen Verkehrsmitteln, auch wenn die Zahlen ein anderes Bild suggerieren. Sie bilanzierte: "Die Angst vor dem Fliegen ist mit dem Unfallrisiko nicht zu begründen."

2014 gab es zwar spektakuläre Flugzeugunglücke wie den Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine oder das noch immer nicht aufgeklärte Verschwinden der ebenfalls malaysischen Boeing 777, die als Flug MH370 verschollen ist. Dennoch war 2014 für die internationale Luftfahrt kein Katastrophenjahr. 990 Menschen kamen bei 21 Unglücken ums Leben; damit war 2014 bezogen auf die Zahl der Unfälle das sicherste Jahr in der Geschichte der Luftfahrt.

Bezogen auf die Zahl der Toten steht 2014 in dieser Statistik allerdings nur auf Platz 24. Dennoch schreibt das Aviation Safety Network in ihrer Jahresbilanz, angesichts von vermutlich 33 Millionen Flügen pro Jahr liege die Unfallrate lediglich bei einem getöteten Passagier auf 4,124 Millionen Flüge.

Vor allem der europäische Luftraum gilt als sehr sicher. Abgesehen vom Abschuss der Boeing über der Ukraine liegen die letzten großen Flugzeugunglücke in Europa lange zurück. Eine Auswahl:

  • Am 20. August 2008 verunglückte eine McDonnell Douglas MD-82 der spanischen Fluggesellschaft Spanair beim Start auf dem Flughafen Madrid-Barajas. 154 Menschen kamen ums Leben.
  • Am 1. Juli 2002 kollidierte eine russische Tupolew Tu-154 mit einer DHL-Frachtmaschine vom Typ Boeing 757 über dem Bodensee. 71 Menschen starben.
  • Am 25. Juli 2000 verunglückte eine Concorde F-BTSC beim Start in Paris. Damals kamen 109 Menschen um Leben.
  • Am 14. September 1993 verunglückte ein Airbus A320 der Lufthansa bei der Landung in Warschau. Zwei Menschen kamen ums Leben.
  • Am 17. Juni 1989 verunglückte eine Iljuschin-62MK der DDR-Fluggesellschaft Interflug auf dem Ostberliner Flughafen Schönefeld. 20 Menschen starben.
  • Am 21. Dezember 1988 stürzte nach einem Anschlag eine Boeing 747-121 der US-Fluggesellschaft Pan Am über dem schottischen Lockerbie ab. 270 Menschen kamen dabei ums Leben.
  • Am 23. Juni 1985 brach eine Boeing 747 der Air India auf dem Flug von Montreal nach London nach einer Sprengstoffexplosion in 10.000 Meter Höhe auseinander und stürzte südwestlich der irischen Küste ins Meer. Dabei starben 329 Insassen.
  • Am 27. März 1977 wurden 574 Menschen getötet, als auf dem Flughafen von Teneriffa eine startende Boeing 747 der niederländischen Fluggesellschaft KLM mit einer parkenden Pan-Am-Maschine kollidierte.

Trotz der vergleichsweise kleinen Zahl an Unfällen in Europa gibt es Luftsicherheitsexperten, die sagen, dass Airlines zu große Risiken eingehen. Wenn ein Flug weniger als 100 Euro koste, könne sich jeder ausrechnen, dass solche Dumping-Preise nicht mal die Spritkosten decken, sagte der Pilot und Journalist Tim van Beveren im vergangenen Sommer im Interview mit Zeit online. "Bei vielen Airlines wird heute ein subtiler Druck auf die Piloten ausgeübt, der den Blick für eine sicherheitsorientierte Entscheidung vernebelt", so van Beveren.

Quelle: ntv.de

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