Brexit wird zum Problem Muss Ryanair Verbindungen streichen?
06.04.2017, 15:50 Uhr
Ryanair senkt angesichts des Brexits die Wachstumsprognose.
(Foto: REUTERS)
In Kürze sollen die Verhandlungen zum Brexit beginnen. Der Ausgang kann gravierende Folgen für Ryanair haben: Das Unternehmen fürchtet, die EU aus Großbritannien zumindest zeitweise nicht mehr anfliegen zu können.
Der britische EU-Austritt kann Ryanair ernsthaft treffen: Es sei eindeutig möglich, dass Verbindungen von London Stansted und anderen Flughäfen vorübergehend aufgegeben werden, sagte Finanzchef Neil Sorahan dem "Guardian".
Die britische Regierung hatte Ende März den Antrag gestellt, die EU zu verlassen. Nun hat sie zwei Jahre Zeit, um über die Details des Brexit zu verhandeln - sollte es zu keiner Einigung kommen, droht der so genannte harte Brexit, also der ungeregelte Austritt aus der EU.
Ryanairs Problem: Durch den Brexit kann Großbritannien den Zugang zum gemeinsamen europäischen Luftraum (ECAA) verlieren. Er erlaubt allen EU-Airlines, jede beliebige Verbindung in der EU anzubieten. Wegen des Brexits müssen EU und Großbritannien den gegenseitigen Marktzugang allerdings neu regeln. Damit ist es für Ryanair völlig unklar, ob die Airline die bisherigen Flüge von und zu britischen Flughäfen auch in Zukunft durchführen kann.
Das betrifft zwar auch andere Fluggesellschaften. Doch Ryanair hat ein ganz besonders starkes Interesse an einer schnellen Lösung: Großbritannien ist für die Iren der wichtigste Einzelmarkt mit 19 angeflogenen Flughäfen, 3000 Beschäftigten und 44 Millionen Kunden. Ryanair erzielt mehr als ein Drittel des Geschäfts im Vereinigten Königreich.
Schnelle Lösung unwahrscheinlich
Ryanair schlägt deshalb gewohnt lautstark die Alarmglocke und verlangt von der britischen Regierung schnellstmögliche Verhandlungen über ein neues Luftverkehrsabkommen mit der EU. Die Zeit dränge, warnte Marketing-Vorstand Kenny Jacobs. Denn schließlich erstelle Ryanair Flugpläne zwölf Monate im Voraus. Die Planungen für den Sommerflugplan 2019 müssten in einem Jahr abgeschlossen sein. Langwierige Verhandlungen kommen der Airline deshalb äußerst ungelegen.
Doch Ryanair muss sich aller Voraussicht nach auf eben solche langwierigen Verhandlungen einstellen. Denn es gilt als unwahrscheinlich, dass die Briten Teil des gemeinsamen Luftraums bleiben. Das liegt schon allein an zwei Voraussetzungen für die Teilnahme: Mitglieder müssen die Regulierung und Aufsicht durch die EU sowie die Arbeitnehmerfreizügigkeit akzeptieren. Für die britische Regierung ist beides derzeit nicht akzeptabel.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr glaubt nicht an einen britischen Sonderstatus bei den Luftverkehrsrechten. Nach seiner Einschätzung werden die Regierungen in Berlin und Paris in dieser Frage eine harte Haltung einnehmen.
Derweil stellt sich Ryanair wegen des Ausscheidens Großbritanniens aus der Europäischen Union auf ein geringeres Wachstum ein. Schon im vergangenen Jahr sei das Plus in Großbritannien mit sechs Prozent deutlich geringer ausgefallen als ursprünglich mit 15 Prozent angepeilt, sagte Finanzchef Sorahan. "Das einzig Positive für die Kunden ist, dass das zu niedrigeren Preisen führen wird, weil wir den Markt ankurbeln müssen."
Quelle: ntv.de, jga/dpa