Von Modelleisenbahner*innen, Feministen und dem Gendersternch*in
Ich bitte um Leserpost - ich bekomme Leserpost. So weit, so gut. Das Spektrum der Mails, die man oder frau dann so bekommt, erstreckt sich ins Unendliche: Von freundlich-konstruktiv bis anmaßend-beschimpfend ist alles dabei. Ab und zu ist auch Leser*innen-Post dabei, aber eher selten. Und wenn, dann meist freundlich. Höchstens a little bit "passive-aggressive", aber es verhagelt mir nicht sofort die Stimmung.
Es geht ums Gendern. Oh mein Gott! Und auch meine Göttin: Da wird losgeschimpft, von Männern. Dass das lächerlich sei, dieses Gendern, dass man (!) das nicht bräuchte. Dass ich da jetzt "einen Fehler gemacht" habe. Wobei das eigentlich gar nicht sein kann, also "DER Fehler", müsste es nicht heißen "DIE FehlerIn", auch und vor allem im Singular? Kann ein Fehler denn männlich sein? Wohl kaum! Äh, wo waren wir stehen geblieben, Korrekturen, genau - Fehler in der Rechtschreibung werden natürlich angemahnt (dies allerdings auch bei den männlichen Kollegen, in dem Fall sind wir - die Journalisten - einfach alle (Zitat) "der letzte Abschaum". Aber auch inhaltlich wird gern korrigiert, ermahnt, selten gelobt, jedoch auch ab und zu konstruktiv geholfen - danke dafür von Herzen! Echte Fehler verbessere ich nämlich sofort und gerne. Aber manche feixen auch: "Da haben Sie wohl nicht ausführlich und korrekt recherchiert." Das kommt oft vor, wenn es um die Themen "Modelleisenbahn", "Bundeswehr" oder "Technik/ Weltraum/ Wissen" geht, Themen also, in denen Frauen nun wirklich nichts zu suchen haben. Quasi die letzten Bastionen, in denen ein Mann noch ein Mann sein kann, vor allem bei der Modelleisenbahn. Aber auch in diesen Bereichen gilt: Wenn der Fehler wirklich ein Fehler war, wird er korrigiert, denn wer könnte schon behaupten, Zwerg Allwissend zu sein. Am meisten mag ich jedoch die Korrekturen, die etwas - inhaltlich oder grammatikalisch - verschlimmbessern würden (Ironie Ende).
Und dann gibt es noch die Menschen, die meinen, einen (den Autor, die Autorin) komplett deuten zu können aufgrund von ein paar Sätzen. Es hieß heute, dass ich "eine dieser 'fortschrittlichen' linkslibertären Feministen" sei, "denen die klassische deutsche Sprache "Wurst" (oder "wurst"?) ist." Nur weil ich, als ich die Nachmittagsschicht übernahm, ein paar Sätze mit Gendersternch*in versah. Huihuihui, war da was los.
Ich verbleibe hochachtungsvoll mit den besten Wünschen für ein gelungenes Wochenende,
Ihr Feminist/ Ihre Feministin Sabine Oelmann
Und das war heute wirklich wichtig:
- Die Politik verjüngt sich, wird weiblicher: Ungeduldige Feministinnen drängen ins Parlament
- Ursula von der Leyen bestätigt Kontakt mit Taliban, besteht aber darauf, dass das noch lange keine Anerkennung bedeutet. Derweil warnt die Deutsche Botschaft vor der Fahrt zum Flughafen in Kabul – wie lange sitzen die Menschen noch fest?
- Die CDU hat heute ihren offiziellen Wahlkampfauftakt zelebriert – Merkel und Söder stehen voll hinter Laschet, auch wenn er sich hier und da verhaspelt
- Die zweite Streikwelle der Bahn hat begonnen
- Klimarebellion in der Hauptstadt